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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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Felix (unter Bewachung) zugestanden hatte, sich zu säubern, seine Wunden notdürftig
zu versorgen und ein unbeschädigtes Hemd anzulegen, von Mirko und mir flankiert, durch die Halle. Felix selbst hielt sich abseits. Während der letzten halben Stunde schien ein neuerlicher Fieberschub eingesetzt zu haben: Seine Stirn war wieder schweißbedeckt, er zitterte am ganzen Leib.
    »Dejan?« Leise rief er mich zurück.
    Ich bedeutete Lysander und Mirko, der Landsbergs Handgelenk umso fester umklammert hielt, vor dem Palais auf uns zu warten.
    »Ja?«
    Ich trat zu ihm. Fremder und Freund, Mörder und Held. Wenn alle Masken fielen, was blieb dann noch? Nur das vertraute, schmale Gesicht, gezeichnet von Krankheit und Schwäche.
    »Ihr kommt doch auch ohne mich zurecht, nicht wahr?«, fragte er mit einem müden Lächeln.
    Wie schlimm musste es um ihn stehen, wenn Felix sich freiwillig zurückzog! Ich versuchte, meine Bestürzung mit Selbstironie zu überspielen: »Du meinst, du hast dich endlich entschlossen, nach all der brillanten Arbeit, die wir bisher geleistet haben, uns vollauf zu vertrauen?«
    Denn welche Wendungen dieser Morgen auch immer bringen mochte, eines stand fest – wir hatten versagt. Statt ein Rätsel zu lösen, waren wir bloß zwischen Zufällen einhergestolpert.
    In seinen Augen las ich – unerwartet – eine Spur von Ehrlichkeit, als er meine Spötteleien aufnahm: »Brillante Arbeit, hah! Die größte Stümperei seit Erfindung der Kriminalistik!«
    Ich schnitt ihm eine Grimasse verletzter Eitelkeit. »Stümperei? Ich würde es eher als Katastrophe bezeichnen!«
    »Ja, wirklich«, seiner Schwäche zum Trotz brachte er ein würdevolles Nicken zustande. »Man fragt sich, wie deine Karriere wohl verlaufen wäre, hättest du von Anfang an deine wahren
Talente gezeigt, statt mit ein paar zufälligen Erfolgen über deine Kompetenzlosigkeit hinwegzutäuschen.«
    Dann lachte er.
    Lachte er mich aus? Ich glaube nicht, dass ich die Betroffenheit, die ich so jäh verspürte, aus meinen Zügen bannen konnte; zu deutlich schien mir das Körnchen Wahrheit in seinen Worten. Damals, als meine Offzierslaufbahn zerbrochen und ich Felix’ Einladung nach Prag gefolgt war, als ich mich zum Detektiv in (nicht ausschließlich) Okkulten Belangen auszubilden begann, hatte er mir einen Vorschlag gemacht: Er würde seinen Dienst in der Centrale quittieren, um mit mir zusammenzuarbeiten.
    »Du hast dich getäuscht«, flüsterte ich jetzt, an diese törichten Versprechungen denkend. »Niemals wären wir unbesiegbar gewesen.«
    Felix nickte stumm.
    Und dann, für einen winzigen Augenblick zwischen Nacht und Morgen, hielt er inne, der Maskentanz unseres Daseins. Es war eine kostbare Sekunde, in der ich Felix in enger Umarmung hielt.
    Er machte sich rasch los.
    »Gestern Nachmittag fragte ich mich, ob es nicht leichter wäre, mich dem Schicksal meiner Ahnen zu ergeben als dahinzusiechen«, bekannte er zuletzt. »Ein rascher, sauberer Tod.« Er seufzte. »Aber ich sagte mir, dass das die Wahl des Feiglings zu treffen hieße. Die Entscheidung weiterzureichen – wie es Generationen vor mir getan haben. Ich sagte mir, ich würde kämpfen, um diesen Fluch vom Hause Trubic zu lösen.«
    »Aber du kämpfst nicht mehr«, wandte ich plötzlich sehr müde, sehr mutlos ein.
    Felix hob eine Augenbraue. »Nein. Das Kämpfen überlasse ich dir.«

     
     
    Mirko rutschte auf der regenfeuchten Sitzbank herum – vor seinen Augen hätte der Benz deutlich mehr Gnade gefunden, wäre er mit Verdeck und bequemeren Sitzen ausgestattet gewesen.
    Von Landsberg, den wir auf der viel zu engen Sitzbank in unsere Mitte genommen hatten, ertrug Nässe und Unbequemlichkeit ungleich stoischer. Nur seine gräuliche Gesichtsfarbe erzählte von den Schmerzen, die ihm die Vielzahl seiner Verletzungen bereiteten.
    »Nun, Baron?«, fragte er mit einem Anflug von Häme, während wir hügelaufwärts über das holprige Kopfsteinpflaster fuhren. »Haben Sie sich schon überlegt, wie Sie Lišek aufhalten werden, seinen Schwur zu erfüllen?«
    Ich gestattete mir einen raschen Seitenblick auf meinen überheblichen Passagier. Lišek ist sterblich, meldete sich eine kleine, böse Stimme in meinem Hinterkopf zu Wort. Lišek kann bluten, und fallen – gerade so, wie sein verräterischer Gefährte. Sein Leben für das Leben eines Freundes. Ist das nicht ein gerechter Handel?
    »Lassen Sie mich an einem Teilaspekt unseres Mysteriums teilhaben?«, brach Lysander das Schweigen,

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