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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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bisher geschwiegen hatte, sah uns fragend an.
    »Vampirblut«, zischte ihm Lysander zu.
    »Vampirblut«, nahm Felix den Faden auf. »Es schenkt Jugend und Gesundheit, auf Zeit. Nicht jedoch das ewige Leben. Oder etwa Unverletzbarkeit.«
    Ich sah den harten, bitteren Zug um Felix’ Mund und schauderte.
    »In meiner Kindheit war von Landsberg gelegentlich im Palais zu Gast«, nahm er seine Erzählung wieder auf. »Bis er schließlich eines Tages, nicht lange vor dem Tod meines Vaters, spurlos verschwand. Seltsamerweise fiel mir gerade, als ich mich mit Landsberg zu unterhalten suchte, eine Begebenheit ein: Während eines kleineren Abendessens mit Bekannten erzählte Vater von der skurrilen Falle, die er in seinen Schreibtisch eingebaut hatte, um seine Dokumente und Tagebücher zu schützen. Woraufhin Landsberg bemerkte, wirklich nützlich wäre eine solche Vorrichtung nur, wenn sie mit vergifteten Pfeilen auf den Eindringling schießen würde. Mir gefiel die Idee ganz gut, aber zu meiner Verteidigung sei angemerkt, ich zählte damals vielleicht zwölf Jahre.«
    »Er wusste, wo die Tagebücher versteckt waren«, sagte ich.
    Felix nickte. »Den Diebstahl allerdings hat auf seine dringenden Bitten hin deine Bekannte, die Vilja durchgeführt.«
    »Wissen wir auch schon, weshalb er die Tagebücher entwendet hat?«, erkundigte sich Lysander arglos. Ich hatte mein Versprechen gehalten: Nicht einmal ihm hatte ich von dem Makel in der Herkunft des gegenwärtigen Grafen Trubic erzählt.
    Felix hielt inne, um in sein Taschentuch zu husten. »Aber ja, Sir Lysander«, antwortete er, als er wieder zu Atem kam. »Nur ist der Grund von so beachtlicher Dummheit, dass er Ihnen diesen lieber selbst darlegen soll.«

    Ich gab Felix ein rasches und, wie ich hoffte, heimliches Zeichen  – »deshalb«? Er deutete ein Kopfschütteln an und zog mit großartiger Geste ein arg mitgenommenes Briefkuvert aus seinem Jackett. »Hier, Dejan, dies heitere Kuriosum fand sich bei der Durchsuchung von Landsbergs Garderobe.«
    Ich faltete den Briefbogen auseinander.

     
    Wien, am 25. Juni 1909
    Marius,
    ich habe nachgedacht, und ich habe mich entschieden. Aber wie schwer fällt es mir nur, zu dieser Entscheidung zu stehen. Schwer genug, dass ich Dir diese Zeilen schreibe, statt das Gespräch mit Dir zu suchen. Du bist so gut mit Worten, Marius, so viel besser als ich. Ich höre Deine Schmeicheleien und Bitten, Deine vernünftigen Argumente. Ich weiß, ich kann ihnen nicht widerstehen. Deshalb dieser Brief.
    Du fragst mich, was mich noch an Lišek bindet? So einfach ist es, so beschämend: die drei Jahrhunderte, die wir geteilt haben. Ich kann ihn nicht aufgeben, nicht jetzt, nicht so nahe vor dem Ziel, vor der Erfüllung seines Traums. Jetzt, wo das alte Kaiserreich, die überkommene Ordnung taumelt und schwankt, naht die Stunde der Offenbarung. Die Nationalisten, die Idealisten und die Revolutionäre, sie alle arbeiten in unsere Hand. Wir werden uns den Tumult zunutze machen!
    Aber Du – hast »Du« jemals daran geglaubt, wahrhaftig geglaubt, dass wir es wagen könnten? War es denn jemals mehr als ein Spiel für Dich, das Dir ein langes Leben in Jugend und Kraft gewährte? Du und ich, wir kennen die Antwort, Marius, und sie lautet Nein. Vorgestern Nacht, als wir die Tagebücher aus dem Palais Trubic entwendeten (weshalb fürchtest Du nach all den Jahren plötzlich die Enthüllung Deines furchtbaren Geheimnisses?), da hast Du es ja selbst gestanden: Ein Spiel soll es gewesen sein, Dich in die Herzen derer zu Trubic zu stehlen, eine Herausforderung an Dich selbst. Wie hast Du dabei nur reüssiert. Zitterst Du, wenn Du an die Folgen denkst, die unmittelbar bevorstehen?
    Nach außen hin trägst Du die Maske der Gleichgültigkeit bemerkenswert zur Schau, das muss ich Dir zugestehen. Aber vielleicht spielt es für Dich wahrhaftig keine Rolle mehr – ich weiß, wie schwer es mit dem Lauf der Jahrhunderte doch wird, zu lieben, zu hassen, zu »fühlen«.

    Erinnerst Du Dich noch, wie viele Menschen Du der Bruderschaft wegen gemordet hast? All die zaudernden, nutzlosen Gefährten, all die Risiken hast Du vernichtet. Lišek hatte das niemals über sich bringen können. Ich mache Dir keinen Vorwurf, Marius. Die Schwachen, die Sanftmütigen können leicht gut sein, weil ihnen der Wille zur Grausamkeit fehlt. Aber Du – Du bist anders. Du wirst niemals aufgeben, wie Lišek es getan hat. Zwei Dinge sind es, die ihn noch am Leben halten: Sein Traum von der

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