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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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als sich unsere kurze Fahrt dem Ende zuneigte. Soeben hatten wir das Palais Schwarzenberg passiert und der Hradschiner Platz kam in Sichtweite.
    »Der Blutschwur war ausgesprochen worden, und seither kann das Haus Trubic nichts tun, um den Fluch abzuwehren …«, überlegte Lysander.
    »Sie könnten den Adelstitel ablegen«, unterbrach ihn Landsberg. »Ich weiß nicht, was Lišek dann tun würde.« Er hob die gefesselten Hände, betastete vorsichtig seine Lippen. »Vermutlich würde seine Welt zusammenstürzen.« Eine gewisse Schärfe lag nun in seiner Stimme, wenn er von Lišek sprach.
    »Warum sendet Lišek dann die Drohbriefe, wenn es nicht
darum geht, zum Handeln zu motivieren? Um den Todgeweihten zu verunsichern? Um ihn in den Freitod zu treiben und sich selbst einen weiteren Mord zu ersparen?«, forschte Lysander weiter.
    »Ach, die Briefe«, lachte von Landsberg leise. »Das war meine Idee.«
    Lysander hob den Kopf. »Sie meinen, die schriftliche Ankündigung des anstehenden Tods gehört nicht seit jeher zu Lišeks Repertoire?«
    »Aber nein. Jindřichs Vater war der erste Graf Trubic, der diesen Brief erhielt. Ich fand die Idee … amüsant.«
    »Es war ein Spiel, nicht wahr?«, fragte ich, den Blick starr auf die letzte Straßenbiegung, die uns noch von unserem Ziel trennte, gerichtet.
    »Ja, Baron. Nur ein Spiel.«
    Mögen wir uns auch gegen die Unterstellung verwehren: Eine Unzahl der Dinge, die Menschen tun, pflegen im Grunde von erfreulicher Sinnlosigkeit zu sein. Abends, in den Salons der großen Gesellschaft etwa, da wird verführt, gelogen und gedemütigt  – aus keinem besseren Grund, als um der allgegenwärtigen Langeweile zu entkommen. Man spinnt Intrigen, weil es unterhält. Abneigungen werden gepflegt wie seltene Orchideen, denn der Herr von Welt glaubt zu wissen, dass er eines Tages am Wert seiner Feinde gemessen wird. Wie banal all dies doch erscheint. Aber kaum pirscht sich das Übersinnliche, das Okkulte in die Lebenswelt, da will man in jeder Geste, jedem Wort eine tiefer gehende Bedeutung verorten. Da fällt es schwer, eine Wahrheit in all ihrer Banalität zu akzeptieren, und wenn sie noch so offenherzig präsentiert wird: Es war ein Spiel.
     
     
    Ausgestorben und menschenleer lag der Platz an jenem Morgen vor uns. Ich stellte den Benz dicht an der Rampe ab, von
der sich an klaren Tagen eine wunderbare Aussicht auf die Dächer, auf die hundert Türme Prags bot; unwillkürlich starrte ich auch jetzt hinab auf die hellgraue Geisterstadt, der mein vertrautes, mein liebgewonnenes Prag gewichen war.
    »Dann verfolgte der Fuchsring auch keinen besonderen Zweck?«, setzte Lysander unterdessen seine Erkundigungen fort.
    »Symbolik«, antwortete Landsberg, als ich zu ihm trat, um ihm aus dem Wagen zu helfen. Als er sich mit dem Ärmel Speichel und Blut aus den Mundwinkeln wischte, reichte ihm Mirko wortlos ein Taschentuch.
    »Er sollte an jenen Ring gemahnen, den Milan Trubic einst einem unschuldigen Mädchen von der Hand schnitt, ehe er sie zum Sterben zurückließ.«
    Lysander gab einen Laut von sich, der größte Ähnlichkeit mit dem Maunzen einer Katze aufwies.
    »Lišek versteht nichts von Symbolen«, fuhr Landsberg fort, als er an meinem Arm über die feuchten Pflastersteine stolperte. »Er versteht auch nicht, wie man Gefährten rekrutiert. Über die Jahrhunderte suchte er sich jene aus, denen er Sympathie entgegenbrachte. Ihnen schwärmte er von seinem Goldenen Böhmen vor, und versprach, wenn auch nicht die Unsterblichkeit, so doch ein sehr, sehr langes Leben. Was glauben Sie? Wie viele unter ihnen hat die Aussicht, ein unsterbliches Leben zu führen, stärker gelockt als seine Vision?« Er lachte überheblich.
    Lysander keckerte böse. »Aber Sie, Herr von Landsberg, seit Sie die Rekrutierung übernommen haben, geschieht sie mit weitaus größerer Effizienz, nicht wahr? Sie sammeln die Unzufriedenen, die Idealisten, die Nationalisten, um sich – in Scharen. Am liebsten solche, die noch jung sind, begeisterungsfähiger. Und dann heißt es, ihre Treue auf die Probe zu stellen.« Abermals miaute er. »Die große Probe. Die Beteiligung an einem Mord. Wer bereit ist, so weit für die Bruderschaft zu gehen, der wird nicht so leicht zum Verräter.«

    »Und wenn dennoch Gefahr besteht«, warf Mirko ein. »Dann gibt es …«
    »… die alten, bösen Wege«, vervollständigte Landsberg seinen Satz.
     
     
    Die Pistole in meiner Tasche wog sehr schwer, als wir, vorbei an Palais und

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