Des Teufels Maskerade
bringen, das Leben eines Freunds für die Bruderschaft zu fordern?« Er schloss die Augen. »Dann lief die Angelegenheit aus dem Ruder.«
»Haben Sie die Gräfin geliebt?«, fragte ich. Ich konnte und wollte das Zittern aus meiner Stimme nicht bannen.
»Nein.« Er fuhr mit der Zungenspitze über seine aufgesprungenen Lippen. »Aber sie war sehr hübsch, und sie warf sich mir geradezu an den Hals. Es hätte eines stärkeren Mannes bedurft, ihr zu widerstehen.«
Mehr noch als die Ungeheuerlichkeit dieser Worte ließ die Ruhe, mit der er sie sprach, mich schaudern. »Und Sie waren dennoch bereit, Jindřich zu ermorden?«, vergewisserte ich mich.
Er nickte. »Milena tut mir Unrecht, wenn sie an meinem Glauben zweifelt. Alles würde ich für unser goldenes Böhmen tun. Nur muss nicht zwingend Lišek an der Spitze unseres zukünftigen Staats sehen, wenn Sie verstehen.«
Ich verstand; ich verstand nur zu gut. Mit zitternden Fingern tastete ich nach der Pistole in meiner Tasche. »Auch Ihren eigenen Sohn würden Sie töten, für die Idee einer gefälligeren Zukunft?«
Abermals neigte er den Kopf. »Alles würde ich tun!«
Ich hielt den Lauf meiner Pistole umklammert. Ein Finger lag am Abzug. Ich hatte niemals geglaubt, dass es mich eines Tages mit jeder Faser meines Herzens gelüsten würde, ein Leben auszulöschen.
Und dennoch hielt ich an mich. »Was meinen Sie«, wechselte ich das Thema. »Wird Sie Ihr Fuchs vermisst haben, beim mitternächtlichen Treffen im ›Schwarzen Adler‹?«
Für den Bruchteil einer Sekunde spiegelte sich etwas, das echtem Schrecken sehr nahekam, in den Augen meines Kontrahenten.
»Woher …?« Er fing sich rasch. »Ah, Leo, der kleine Dummkopf, hat seine Einladung vermutlich nicht vernichtet. Ich darf davon ausgehen, dass mein Kutscher Sie zu der Lagerhalle geführt hat?«
»Weshalb musste der Knabe sterben?«, fragte ich weiter und dann fügte ich hinzu: »Ctirad.«
»Ah«, murmelte er mit heiserer Stimme. »Sie sind besser informiert, als ich dachte, Baron. Mein Kompliment.« Landsberg atmete tief, verzog schmerzhaft das Gesicht. »Der kleine Vlcek musste aus dem selben Grund sterben, wie so viele andere vor ihm auch. Er war ein Risiko.« Mit dem Zeigefinger malte er ein Kreuz auf den schmutzigen Steinboden. »Doch den Fuchs hätten Sie heute gewiss nicht im ›Schwarzen Adler‹ gefunden, nur ein paar Mitglieder seines engsten Kreises, alles idealistische Träumer, die aber nicht zögern würden, an der Ermordung unseres Grafen Trubic mitzuwirken.«
Ich zog die Pistole aus meinem Jackett, platzierte sie deutlich auf meinem Knie. »Wo kann ich Lišek dann finden?«, fragte ich ruhig. »Ihre Bruderschaft, Ihre Pläne, Ihr Bündnis mit Ihrer Königin kümmern mich vorerst nicht. Felix’ Leben ist es, das ich retten will. Mit Lišeks Tod würde der Fluch doch enden?«
Landsberg faltete die Hände. »Nun, da nur er allein der Fürstin schwor, Rache zu nehmen – ja.«
Ich stand auf, trat zu ihm. Kalt und schwer lag die Pistole in meiner Hand. »Was zögern Sie noch?«, flüsterte ich, als ich in die Knie ging, die Waffe an seine Schläfe legte. »Sie haben Lišek doch schon lange verraten – mit ihren Verbindungen zum Hause Trubic, mit Ihrer Liebe zu Milena. Er würde Ihnen niemals vergeben.«
»Das stimmt! Er liebt Milena sehr und immer sorgt er sich um sie.« Er lachte. »Sie ist ein wenig … nun, man könnte sagen, verrückt«, nahm er den Faden wieder auf. »Glaubt in jedem hübschen Knaben einen Nachfahren ihres verlorenen Sohns zu sehen.«
Nun begriff ich auch, weshalb sie Mirko in Wien, an der Straßenbahnhaltestelle angesprochen hatte! Mirko, das Findelkind aus der Gosse … aber es war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich in müßigen Spekulationen zu verlieren.
Ich schöpfte Atem. »Wenn ich Ihnen bei allem, was mir heilig ist, schwöre, Sie gehen zu lassen, sobald Sie mich zu Lišek geführt haben, werden Sie es dann tun?«
»Bei allem, was Ihnen heilig ist«, wiederholte Landsberg. »Ja, schwören Sie nur – beim Leben meines Sohnes.«
Ich schwieg, lauschte der Stille, dem Ticken meiner Taschenuhr, den mühsamen Atemzügen meines Kontrahenten.
»Wo finde ich den Fuchs?«, fragte ich zuletzt.
Landsberg neigte den Kopf. Es war die Geste eines Todgeweihten, der den Schwerthieb seines Richters erwartete.
»Jeden Tag, bei Morgengrauen findet Lišek sich im Dom zu St. Veit ein.« Eine Pause. »Allein.«
Wenig später taumelte von Landsberg, dem
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