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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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in Sarajevo geboren«, antwortete ich ihr wahrheitsgemäß, auch wenn ich stark bezweifelte, dass ich ohne einen steifen Cognac in der Lage sein würde, einen Vortrag über mich ergehen zu lassen, wie langweilig meine Heimatstadt im Juli sei. Ungeachtet meiner langen Lehr- und Wanderjahre oder meines unrühmlichen Abschieds aus Sarajevo dachte ich doch immer noch mit einiger Nostalgie an die Stadt meiner Jugendzeit.
    »Der Graf hat ein paar Monate in Ragusa gelebt«, zog die Comtesse Mahler eine recht großzügige geografische Schlussfolgerung. »Es hat ihm dort überhaupt nicht gefallen.«

    »Zu viel Fisch und Nationalismus«, warf Mirko ein, der Lysander verstohlen mit ein paar Marzipanstückchen fütterte und unter strafenden Blicken übergangen wurde.
    »Der Graf scheint sich außerordentlich viel auf Reisen zu befinden«, bemerkte ich scheinbar absichtslos, während ich mir gestattete, die Comtesse für einen Augenblick eingehend zu mustern. Hübsch war sie gewiss nicht, eine knochige Gestalt mit reizlos glattem, dunkelblondem Haar und plumper Gestik.
    »Oh, dazu hat man ja Freunde, dass einem nicht zu einsam wird, nicht wahr, Elli?«, wandte das rundliche Geschöpf in Gelb sich an ihre peinvoll harmlose Freundin, die diese Äußerung auch noch mit einem netten, gedankenlosen Lächeln quittierte.
     
     
    »So geht es nicht weiter«, setzte ich Lysander und Mirko auseinander, als wir eine Stunde später den Rückweg antraten. »Es ist ein Skandal, dass wir uns das noch antun müssen! Langweilige Damen der Gesellschaft bezirzen und Briefen nachjagen! Ebenso gut könnte ich als Gigolo mein täglich Brot verdienen und Lysander an ein Kuriositätenkabinett verkaufen.«
    »Den Teufel wirst du«, zischte Lysander, der gegen den Regen in der weiten Kapuze meines Überwurfs Schutz gesucht hatte und nun wie ein feuchter Pelzkragen um meinen Hals lag.
    »Oder ich könnte dich einfach an Allister Crowley zurückgeben; gewiss hat er seinen Unterricht in magischen Belangen noch nicht für abgeschlossen erachtet, als du deinen Abschied nahmst«, spann ich den Gedanken weiter. »Damit wäre mir zwar finanziell nicht sonderlich gedient, aber ich habe den Eindruck, ich würde mich persönlich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder richtig wohlfühlen.«
    »Ich glaube«, wagte Mirko nun einzuwerfen, »wenn zu deinem
täglich Brot nicht unbedingt eine Belle-Etage-Wohnung gleich um die Ecke vom Hyberner-Haus und ein Benz zählten, wäre es deutlich einfacher bestreitbar.«
    Lächelnd wandte ich mich zu dem Jungen um. Beinahe drei Jahre waren vergangen, seit ich jenen gewitzten kleinen Taschendieb und Gassenjungen in den Straßen von Brünn aufgelesen und ihm in weiterer Folge angeboten hatte, bei mir und Lysander in die Lehre zu gehen. Vieles hatte er bisher begriffen und gelernt, nur seine ausnehmend kleinbürgerliche Einstellung zu Luxus und Geld konnte oder wollte er nicht ablegen.
    »Erinnere ihn bloß nicht an den Wagen, Mirko«, mischte sich Lysander, ungefragt wie stets, ein. »Sonst ärgert er sich gleich wieder darüber, dass er sich neulich die Startgebühren für die anstehende Grand-Prix-Fahrt in Wien hat leihen müssen.«
    »Mit dem Preisgeld allerdings können wir uns in Anstand und Stil eine Zeit lang in einen pittoresken Fleck Provinz zurückziehen und jedweder extravaganter Freizeitgestaltung huldigen, die uns in den Sinn kommt«, führte ich zur Verteidigung meiner Passion an.
    Mirko posierte in perfekt gespielter Nachdenklichkeit, die Augen halb geschlossen, den linken Zeigefinger an sein Kinn gelegt. »Oder«, verkündete er nach einer Weile, »wir können dich wie vergangenes Jahr aus einem Trümmerhaufen hervorwühlen. Ich darf erinnern, Esther hat beinahe der Schlag getroffen, als wir dich über und über bandagiert auf einer Bahre heimgebracht haben.«
    In dem Gesicht des Jungen spiegelte sich eine kuriose Mischung aus Spott und Sorge wider.
    Ich wandte den Blick ab. Vermutlich hätte ich seine Bedenken mit einem Lächeln oder einem Scherzwort zerstreuen können, doch ich fühlte, dass ich ihm ein wenig mehr Ehrlichkeit schuldete. In der verhältnismäßig kurzen Zeit, die seit unserer
ersten Begegnung vergangen war, hatte Mirko es tatsächlich zuwege gebracht, mich und Lysander als eine Art Familie zu akzeptieren. Vielleicht musste man in einem Waisenhaus einer Provinzstadt aufgewachsen sein, um emotionale Bande zu einem derangierten Abenteurer und einem vor Jahrhunderten verschiedenen Earl, dessen

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