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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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langweilige Arbeit«, erläuterte er mir liebenswürdig. Mit einer formvollendeten Handbewegung lud
er mich ein, Platz zu nehmen, und klingelte nach einem Diener.
    Nunmehr konnte ich nicht umhin, seine schlanke Gestalt einer raschen, doch gründlichen Musterung zu unterziehen: Sehr blass, sehr müde sah er aus; das rotbraune Haar, in dem bereits etliche graue Strähnen blitzten, trug er wie eh und je eine Spur zu lang. Eine dünne, bleiche Narbe schlängelte sich von seinem linken Ohr den Hals hinunter – wer auch immer versucht hatte, ihm die Kehle durchzuschneiden, es musste ihm beinahe gelungen sein.
    »Nun?«, hakte ich nach, kaum dass der Diener sein Silbertablett abgestellt und den Raum mit devot gebeugtem Kopf verlassen hatte.
    Trubic lehnte sich in dem Fauteuil zurück, lässig schlug er die Beine übereinander. »Du hast etwas falsch verstanden.« Er schien gelangweilt. »Oder, meinethalben, hat deine kleine Freundin etwas falsch verstanden. Nichts stand mir ferner, als mich auf eine derart lächerliche Weise mit dir in Kontakt zu setzen. Ich war nur an einigen Details interessiert, über die mir das Mädchen – wie war noch ihr Name? – unglücklicherweise wenig Aufschlussreiches berichten konnte.«
    Mit zwei Fingern hob er sein Sherry-Glas und trank mir mit einem Kopfnicken zu. »Doch nachdem ich dich nun schon einmal zu Gast habe, kann ich meine Fragen auch gleich persönlich an dich richten. Ich gehe davon aus, plumpe Ehrlichkeit wird in diesem Fall weit mehr dein Wohlwollen erregen denn subtile Konversationskunst.«
    »Ich kann mich nicht entsinnen, dass du jemals für deine Ehrlichkeit – oder Plumpheit – bekannt warst«, gab ich etwas schärfer als intendiert zurück. »Aber frag nur, ich bitte dich.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde fixierten mich seine blassgrauen Augen. »Es ist eine hochgradig peinliche Affäre«, begann
er im Plauderton. »Ich nehme an, du erinnerst dich noch an den Major von Waldhausen, unter dem du damals in Mostar stationiert warst. 1895 müsste das gewesen sein?«
    »1896«, korrigierte ich ihn mechanisch. Das Jahr meiner unehrenhaften Entlassung aus dem Regiment, an der Waldhausen nicht völlig unbeteiligt gewesen war. Eine schändliche Angelegenheit hatte dazu geführt, gewiss. Allein, eine Angelegenheit, die, mit ein wenig Gutwillen des betreffenden Kommandanten, sich leicht hätte vertuschen lassen – wie Hunderte derartige Zwischenfälle davor bereits vertuscht worden waren.
    Trubic nickte. »Ich sehe, du erinnerst dich.«
    Unruhig nippte ich an meinem Sherry, betete, er möge fortfahren und die Erinnerungsfetzen an eine regnerische Sommernacht, an heillose Verwirrung und haltlose Anschuldigungen und diesen einen Pistolenschuss vertreiben.
    Trubic hustete; ich sah, wie sich sein Gesicht für einen Moment schmerzlich verzog.
    »Vor einiger Zeit hatte ich geschäftlich mit Waldhausen, der übrigens mittlerweile ein hochdekorierter Oberst ist, zu tun. Es ergab sich, dass ich ihn für einige Tage nach Prag einlud. Eines Abends waren Christian – mein Wiener Cousin, du erinnerst dich bestimmt nicht mehr an ihn, er ist der langweiligste Mensch, den ich kenne – und Waldhausen in geselliger Runde unterwegs, und da kam es, dass sie die Nacht im Etablissement deiner bewussten Freundin beschlossen.« Trubic verschränkte die Arme vor seiner etwas zu schmalen Brust. »Um es kurz zu machen: Den nächsten Abend hat Waldhausen nicht mehr erlebt. Der hinzugezogene Arzt konnte weder eine Gewalteinwirkung noch eine Vergiftung feststellen. Ein ausgesprochen geschickt eingefädeltes Verbrechen: Dass Waldhausen auf der Rückfahrt in der Droschke lallend über starken Schwindel und Unwohlsein klagte, schrieb man dem übermäßigen
Champagnergenuss zu. Etwas später brach er dann bei der Anstrengung, in sein Bett zu steigen, zusammen.«
    Ich massierte meine Nasenwurzel. Ich wusste auch so, worauf er hinauswollte. »Das heißt, du schließt einen natürlichen Tod aus«, stellte ich in neutralem Tonfall fest. »Wie bist du weiter verfahren?«
    Trubic verzog die dünnen, blutleeren Lippen zur bösen Parodie eines Lächelns. »Oh, wir haben vertuscht, was es zu vertuschen gab. In seinem Totenschein ist von plötzlichem Herzversagen zu lesen, und einem alten Bekannten beim Tagblatt ist es zu verdanken, dass auch die Journaille Waldhausens Tod vorerst nicht an die große Glocke gehängt hat.« Gedankenverloren spielte er mit seinem Glas. »Aber ich … ich bin neugierig.«
    Ich

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