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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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bissig angemerkt hatte, nur bedeutete, dass sie Wagen fuhren, die ihnen nicht mehr selbst gehörten). Amateure verachteten die bezahlten Werksfahrer für ihre Söldnermentalität, Letztere blickten auf das sich selten auf dem letzten technischen Stand befindliche Material der vornehmen Privatiers herab.
    Als ich zu meinem Benz zurückkehrte, eilte der Marchese zu mir und grüßte mich mit etwas übertriebener Herzlichkeit; gleich darauf entdeckte er unter den Ehrengästen einen seiner Freunde, einen Triester Finanzmagnaten, den er umgehend mit Mr Stapleton und mir bekanntmachte. Uns beiden oblag es nun, ihn zu unterhalten, während sich der Marchese auf der Suche nach interessanterer Beute durch das Gewühl schlängelte.
    Doch die technischen Spezifikationen, über die Stapleton, ein fröhlicher junger Waliser in seinem unkonventionellen Deutsch plauderte, schienen den Bekannten unseres Gönners weit weniger zu interessieren als meine Vergangenheit.
    »Ich habe von Ihrem Missgeschick letztes Jahr in Frankreich gehört«, verkündete er wenig taktvoll, musterte mich dabei durch seine Lorgnette. »Eine mutige Entscheidung, Sie nach so einem Zwischenfall noch zu unterstützen.«
    Dass Lili und Lysander in jenem Moment an meiner Seite auftauchten, hinderte mich daran, ihn darauf hinweisen, dass das Risiko für den Marchese darin bestand, mir Betreuung durch seine Mechaniker und Zugang zu dem einen oder anderen erforderlichen Ersatzteil zu gewähren – wofür ihm, so das Wunder geschehe, im Fall eines Siegs die Hälfte des keineswegs unbeträchtlichen Preisgelds sowie eine Menge Aufmerksamkeit durch die Presse zuteilwerden sollte.
    »Es ist alles so aufregend hier!«, teilte mir Lili begeistert mit.
Lysander, der wieder mit gottergebener Miene auf ihrem Arm saß, schnaubte.
    Ich beobachtete, wie meine Startnummer auf dem Benz angebracht wurde: Unter allen verfügbaren Zahlen musste ausgerechnet die verdammte Sechzehn für mich ausgelost werden! Offensichtlich war mir mein Missfallen anzusehen, denn nun fasste mich Stapleton am Arm, schüttelte mich sogar ein wenig. »Was ist denn, Baron? Ist Ihnen nicht wohl?«
    Ich machte mich los. »Eine kurze Unpässlichkeit«, log ich. Ich fühlte, wie Lysanders Blick auf mir ruhte; natürlich erinnerte er sich, dass es jene Nummer gewesen war, mit der ich in Dieppe an einer Mauer geendet war. Nun, wenigstens wurde der Kurs durch die Prateralleen nicht von Mauern begrenzt – doch die Möglichkeiten zu verunglücken blieben vielfältig.
    »Sehen Sie nur!« Stapleton klang bestürzt. Ich wandte den Kopf: Da saß sie, die kleine Krähe, auf dem Lenkrad meines Benz.
    Totenvogel, Totenvogel.
    Krächzend schwang sich die Krähe in den strahlend blauen Himmel empor.
    Stapleton musterte mich lange. »Viel Glück, Baron«, sagte er zuletzt.
     
     
    In den letzten Minuten vor dem Beginn des Rennens tropfte die Zeit dahin wie zäher Honig. Die Wagen wurden in Stellung gebracht, die Kapelle spielte immer schnellere, aufpeitschende Weisen, Augenblicke dehnten sich zu Stunden.
    Der Hitze zum Trotz hatte ich meinen schweren Ledermantel angezogen, er würde mir wenigstens etwas Schutz gegen mögliches Feuer bieten. Ich legte Kappe und Schutzbrille an und zog meine Handschuhe zurecht.
    Ein Stadtoffizieller sprach Begrüßungsworte, ich hörte ihm
nicht zu: Alle Aufmerksamkeit war auf die Piste, die Fahrzeuge um mich gerichtet, auf diesen einen, entscheidenden Augenblick, wenn sich die Startflagge hob.
    Motoren wurden angeworfen, die Betreuungsmannschaften zogen sich hinter die Streckenbegrenzungen zurück; jetzt, gleich, Sekunden noch, ich wusste, was ich zu tun hatte, aber für Wissen war hier kein Platz mehr, nur für Instinkt und Intuition.
    Ich sah, wie die Flagge hochgerissen wurde, Gas, Motoren heulten auf, es begann.
    Vom fahrerischen Anspruch war die Strecke simpel, um nicht zu sagen, trivial: Die geradlinige Eintönigkeit der Allee, zwei halbwegs interessante Kurven, eine schier endlose Krümmung, eine weitere Gerade, ein paar kleinere Kurven, Rückkehr in die Allee – eine Runde überstanden.
    Der Benz und ich, wir hielten uns gut. Gleich zu Beginn war es mir gelungen, einige Kontrahenten zu überholen, ich musste nun auf dem vierten, vielleicht fünften Rang liegen.
    Die lange Gerade, das blau lackierte Heck eines Peugeots vor mir; beschleunigen, beschleunigen, der Benz hatte einen starken Motor, die Allee war sehr breit, weshalb nicht versuchen, doch dann …
    Ich habe niemals

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