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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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nicht, als ich aus dem Hotel hinausspaziert bin. Ich habe nur gewusst, dass ich den Herrn Baron nicht sehen wollte, und dass ich genug Geld für eine Fahrkarte nach Prag (und vielleicht ein paar weitere kleine Auslagen) in der Tasche hatte. Und das war ja das Nächstliegende: zurück nach Hause fahren, meine Sachen packen, dem Pavel Lebwohl sagen und verschwinden. Zur Fremdenlegion, habe ich mir überlegt. Das würde mir gefallen.
    Nur ist dann etwas kolossal Komisches passiert. Ich warte an der Haltestelle an der Kärntnerstraße auf die Elektrische, da steuert eine Dame auf mich zu. Und was für eine Dame! Eine bildhübsche Person, aber ein bisschen unheimlich. Schwarzes Haar bis zur Taille (und nicht erkennbar frisiert), ein weißes Kleid am Leibe, das ausgeschaut hat wie von einer Debütantin am Hofball, und so viel Gold um den Hals wie nicht einmal Esther trägt, wenn einer ihrer »lieben Freunde« sie wieder reich beschenkt hat. Und an der rechten Hand fehlt ihr noch dazu der Ringfinger!
    »Herr von Zdar, Herr von Zdar!«, ruft sie, und meint damit mich. Eine arme Irrsinnige, denke ich bei mir, na fein. Ich bin aber sehr höflich und zuvorkommend; sie kann ja nichts dafür. »Bedaure, gnädige Frau, Sie verwechseln mich«, sage ich zu ihr, und will in die
Straßenbahn einsteigen, die eben mit quietschenden Bremsen vorfährt. Da hält sie mich mit beiden Händen am Ärmel fest.
    »Nein, Herr von Zdar, gehen Sie nicht gleich wieder fort, wo der Zufall uns endlich zusammengeführt hat!«
    Wie lange ich letztlich mit ihr herumgerechtet habe, kann ich gar nicht mehr sagen. Die Straßenbahn ist mir davongefahren, und die nächste auch. Langsam habe ich mir Sorgen gemacht, dass ich den Mittagszug verpassen könnte. Die Fremde hat nicht aufgehört, mich anzuflehen, dass ich mit ihr kommen sollte.
    »Der Fuchs, der Fuchs«, hat sie gesagt. »Der Fuchs will Sie unbedingt sehen«, und lauter solchen Unsinn mehr.
    Und dann, auf einmal, ist sie verschwunden. Ich kann es nicht besser beschreiben: Sie lässt ihren Fächer fallen, ich bück’ mich, um ihn aufzuheben, und wie ich ihn ihr geben will, ist sie fort. Einfach so. Wie ein Gespenst, oder eine Phantasterei.
    Doch das war erst der Auftakt zu weiteren Absonderlichkeiten: Ich hatte mich damit abgefunden, dass die Dame eben wieder weg war, und wollte endlich in die Straßenbahn steigen, da stürzt ein abgehetzter Herr auf mich zu. »Wo ist sie hin?«, schnauzt er mich an. »Schnell, reden Sie doch, Mann.«
    Während ich mich noch vergewissere, dass er die Dame mit dem weißen Kleid meinte, fährt mir die Bahn schon wieder davon. Da ich ihm den Verbleib der sonderbaren Dame nicht verraten konnte, sollte ich ihm wenigstens detailliert unsere Unterhaltung schildern. Dazu hat er mich sogar ins Hotel Sacher zum Essen eingeladen. Was an sich schon ein Erlebnis war, weil wir ganz selbstverständlich von dem Oberkellner zu einem der vier Tische geführt wurden, die normalerweise immer freigehalten werden und niemand genau weiß, weshalb.
    Dort hat er mir die seltsamsten Fragen gestellt. Besonders mein Name hat ihn interessiert, und meine Familie. Ich habe ihm ein bisschen vom Waisenhaus erzählt, und wie die Schwestern sich Namen einfallen ließen für die Kinder, und dass ich nach dem
verstorbenen Lieblingsonkel der Oberschwester getauft worden war.
    Der fremde Herr ist immer aufgeregter geworden. »Ein Waisenhaus! Wie kurios!«, hat er gerufen, und ich wollte ihm die Freude nicht nehmen und ihn aufklären, dass meine Kindheit eigentlich ganz gewöhnlich war.
    Und plötzlich, wir wollten gerade gehen, sagt der Herr noch zu mir: »Es tut mir außerordentlich leid, Ihnen Umstände bereiten zu müssen, aber Sie kommen jetzt besser mit mir.«
    Obwohl ich schon recht neugierig war, wie es jetzt weitergehen sollte, habe ich nicht gleich zugestimmt. Woraufhin der fremde Herr in aller Seelenruhe, mitten auf der Straße vor dem Hotel Sacher, eine kleine Pistole aus der Rocktasche zieht und sagt: »Es wäre mir lieber, wenn Sie es freiwillig täten.«
    Dann sind wir in eine Kutsche gestiegen, und jetzt … Na ja, jetzt kommt der Haken an der ganzen Geschichte! Ich darf nicht mehr erzählen, wo ich bin und was weiter geschehen ist. Aber es geht mir gut, und es ist alles kolossal spannend, und niemand kennt sich so richtig aus.
     
    Mirko
     
    PS: Wenn Du dem gnädigen Herrn Baron den Brief nicht zeigen würdest, wäre ich Dir sehr dankbar.

     
     
    Ich ließ den Brief sinken, gestand mir

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