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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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doch vergönnt sein, nach dem Missvergnügen, eine Nacht in einer kalten, dunklen Kirche verbringen zu müssen …«

     
    Baron,
    Sie waren fort, als ich kam, um mit Ihnen zu sprechen; ich kann nicht länger warten, also muss dieser Brief genügen, um Sie um Verzeihung zu bitten. Selbst wenn es vielleicht schon zu spät ist. Ich habe Sie belogen, als ich sagte, ich kenne Alvin Buckingham nicht. Aber das wussten Sie bereits, nicht wahr? Zu meiner Entschuldigung kann ich nur hervorbringen, dass ich überzeugt war, Sie hätten mich ebenfalls belogen. Ich war mir sicher gewesen, dass mein Vater Sie beauftragt hatte, meine Beziehung zu dem Vampir vom Vyšehrad offenzulegen. Ich habe gedacht, dass nur wir beide – Sie und ich – diese Partie austragen würden. Dass jedoch immer auch ein Leben auf dem Spiel gestanden hat, wie hätte ich das wissen können?
    Ich schwöre, jetzt will ich ehrlich mit Ihnen sein, Baron. Doch wo beginnen?
    Vielleicht an jenem Tag, an dem Alvin Buckingham mich zum ersten Mal besucht hatte: Das war vor vielen Jahren gewesen, als ich noch ein Kind gewesen bin. Wie Sie vielleicht schon wissen, bin ich bei der Familie eines Onkels aufgewachsen. Dort, in einer Frühlingsnacht, war mir zum ersten Mal der ungeladene Gast erschienen: Er war so schön, so blass und so traurig gewesen, dass ich ihn für einen Engel gehalten hatte. Meinen Engel. Ein Vampir. Er hatte sanft zu mir gesprochen, und am Ende hatte er mich um Verzeihung gebeten. Jede Nacht war er in diesem Frühling zu Besuch gekommen. Mit der Zeit hatte ich auf ihn zu warten begonnen, hatte ich die Geräusche zu erkennen gelernt, wenn er, flink wie eine Katze, über die Laube zu meinem Fenster geklettert war. Wir waren Freunde geworden.
    Nein, Baron, ich kann es Ihnen nicht erklären, weshalb Alvin Buckingham sich eines kleinen Mädchens angenommen hatte – aber er hatte es getan. Er hatte mir viele Geschichten erzählt, von vergangenen Zeiten und fernen Ländern. Und er hatte von sich gesprochen; dass er ein großer Magier gewesen wäre, der größte, den es
jemals gegeben hätte, und der Einzige, dem es je gelungen wäre, sich die Gesetzlichkeiten von Sein und Vergehen untertan zu machen. Ein lange Zeit hätte er im Verborgenen, in den Kellergewölben der Burg zu Prag gehaust, sich von Ratten, Mäusen und anderem Ungeziefer genährt, um Buße zu tun für die Sünden seines sterblichen Lebens, als er noch unwissend gewesen war.
    Ich hatte nächtelang gelauscht, gebannt. Ich hatte ihm geglaubt. Dann war der Herbst gekommen, und er war fortgegangen. Aber der Schnee war noch nicht geschmolzen, da hatte er mich schon wieder besucht. Manchmal war er Wochen in Brünn geblieben und hatte jede Nacht mit mir gesprochen. Er hatte auch Anteil an meinen kleinen Sorgen und Freuden genommen, dann wieder waren Monate zwischen seinen Besuchen gelegen. Aber niemals hatte er mich vergessen, niemals hatte ich seine Freundschaft, seine aufrichtige Zuneigung zu mir in Zweifel gezogen – und niemals hatte ich mein, unser Geheimnis verraten.
    Auch nicht František, obschon er das Messer war, mit dem ich unwissentlich meine Bande zu Alvin Buckingham getrennt hatte.
    Ich will Sie nicht mit den Einzelheiten langweilen, Baron. Das hat František gewiss schon getan. (Er hat mir gestanden, dass er Ihnen sein Seelenleid geklagt hat, und so nahe er mir steht, weiß ich doch, dass es ihm zuweilen Schwierigkeiten bereitet, zwischen Konversation und Indiskretion zu unterscheiden.) Eines Tages war er in mein Leben getreten, eines Tages war er plötzlich mehr als der fremde junge Mann gewesen, der gelegentlich auf Onkel Karels Besitzungen ausgeholfen hat; er war nicht klug gewesen, wie die Studentenfreunde meines Ziehbruders, nicht elegant wie der blonde Leutnant, der auf dem Frühlingsball zweimal mit mir getanzt hatte. Ich hatte es mir damals nicht erklären können, und doch hatte mein Herz so rätselhaft gepocht, wann immer ich ihn gesehen hatte.
    Es war mir nur natürlich erschienen, diese verwirrenden Gefühle mit meinem besten Freund, dem lebensweisen Vampir zu teilen, als dieser mich wieder besucht hatte. Ich habe vergessen, was ich ihm
genau erzählt habe, doch an seine Augen erinnere ich mich sehr genau: Es war gewesen, als hätten sie mit einem Mal alle Menschlichkeit abgelegt, als wäre da ein Raubtier vor mir gesessen.
    »Genügt es dir?«, hatte er mich gefragte. »Genügt es dir, einen sterblichen Simpel zu lieben, bis dir die Stunde schlägt? Und sie wird

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