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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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tritt.«
    Entgeistert starrte ich ihn an; ich hoffte, dass er zu scherzen beliebte. Seiner beleidigten Miene nach war dem nicht so. Hatte er erwartet, ich würde seiner Findigkeit Beifall zollen?
    »Mirko«, sagte ich so ruhig ich konnte, »haben wir dir in drei Jahren denn gar nichts beigebracht?«
    Er kräuselte die Lippen.
    »Drei Jahre!«, wiederholte ich. Lysander regte sich, eine Pfote zuckte, dann schlief er weiter. »Drei Jahre Erfahrung in Detektivarbeit, und du denkst noch immer, dass Verschwörer, die vermutlich seit Jahrhunderten unentdeckt geblieben sind, auf solch einen plumpen Kunstgriff hereinfallen und sich dir zu erkennen geben?« Ich wurde lauter. »Das Einzige, was du getan hast, ist, ein paar Ahnungslose neugierig zu machen! Bisher konnten wir davon ausgehen, dass jene, die sich nach dem Fuchs erkundigten oder den Fuchs erwähnten, uns vielleicht zu des Rätsels Lösung führen könnten! Jetzt müssen wir davon ausgehen, dass es sich ebenso gut um ein paar wissbegierige Müßiggänger, denen zu viel Zeit zur Verfügung steht, handeln könnte!« Ich schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte. »Und, schlimmer noch, vielleicht hast du die Verschwörer sogar gewarnt!«
    Mirko war wie ein zurechtgewiesener Schuljunge errötet. Er wollte mir widersprechen, doch Engstirnigkeit gehörte nicht zu seinen Charakterfehlern und er begriff, dass er eine Dummheit begangen hatte. »Ich habe unbedacht gehandelt. Bitte verzeihen Sie, Herr Baron!«
    »Zum Teufel! Wenn du mich einmal noch mit ›Herr Baron‹ anredest, dann drehe ich dir eigenhändig den Kragen um!« Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, griff ich nach
dem erstbesten Gegenstand in meiner Reichweite – einem versilberten Federhalter – und schleuderte ihn schwungvoll gegen die Wand.
    Lysander schrak hoch. »Dejan, bitte«, murmelte er schlaftrunken. »Wenn du schon schreien musst wie ein betrunkener Droschkenkutscher, kannst du dann nicht wenigstens in dein Zimmer gehen und die Tür hinter dir zumachen?«
    Ja, ich war trunken: vor Ohnmacht, vor Zorn. Wortlos sprang ich auf, stürzte an Mirko vorbei aus dem Salon, die Stufen hinunter und hinaus auf die Straße.
     
     
    Es regnete. Minutenlang stand ich auf dem Bürgersteig, atmete die frische Nachtluft und lauschte dem fernen Donnergrollen. Ich vermochte nicht zu sagen, was mich eigentlich genau aus der Wohnung hinaus in die nächtlichen Straßen getrieben hatte, doch allmählich, während ich ziellos einherwanderte, beruhigten sich meine Nerven, und ich nahm zweierlei Tatsachen wahr: zum einen spazierte ich in Hemdsärmeln durch den Gewitterregen; zum anderen hatte ich meine Route weniger willkürlich gewählt, als ich dachte – denn wie könnte ich mir sonst erklären, dass ich nun an der Schwelle von Esthers Salon stand?
    Rosa, die Empfangsdame, begrüßte mich mit ihrem strahlendsten Lächeln. »Madame ist oben«, kam sie meiner Frage zuvor und bedachte mich mit einem hinreißenden Augenaufschlag. »Aber vielleicht hat der Herr Baron ja ein ganz ein anderes Anliegen?«
    Höflich, aber entschieden lehnte ich ab – wie stets. Der Dialog war uns längst zum Ritual geworden, auf das weder sie noch ich den geringsten Gedanken verschwendeten. Darin ähnelte unsere beschränkte Interaktion dem Hofzeremoniell.

     
     
    Esther empfing mich in ihrem Boudoir, wo sie vor dem großen Spiegel am Frisiertisch saß und eifrig in ein Büchlein schrieb.
    »Sag nicht, du hast den Marchese zum Anlass genommen, doch noch ein Tagebuch zu führen«, sagte ich, als ich lächelnd auf sie zutrat.
    Sie hob den Kopf, legte den Bleistift zur Seite. »Jesusmaria, wie schaust denn du aus! Wie ein Ratz, der grad’ aus der Moldau kommt!«
    Ich nahm die wenig schmeichelhafte Schilderung meines Erscheinungsbilds mit einem Achselzucken hin. Esther klappte ihr Buch zu. »Aber, um dich zu beruhigen, nein. Ein Gedicht ist mir nur grad’ wieder einmal eingefallen. Na, schau nicht so verschreckt, ich les’ dir’s eh nicht vor. Geh, sei lieb und hol den Portwein aus dem Schlafzimmer, der steht hinten am Nachtkastl.«
    Ich kehrte mit der Karaffe wieder. Esther entnahm einer Schublade ihres Schminktischs zwei Gläser, was mich unwillkürlich an Dr. Rosensteins truhenorientierte Haushaltsführung erinnerte. Ich würde ihm noch einmal telegrafieren, nein, besser, ich würde ihn anrufen – so es mir gelang, an die Nummer der Centrale zu kommen –, und ihn bitten, seine Bemühungen um Milenas Kooperation zu

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