Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
Vom Netzwerk:
verstärken.
    »Dejan?« Energisch nahm mir Esther die Karaffe aus der Hand. »Ein drittes Mal frag’ ich dich nicht, ob ich deinen Besuch einem bestimmten Grund verdank’.«
    Ich trank ihr zu: Ich war gekommen, um sie lächeln zu sehen, und weil hier, an ihrer Seite, in diesem engen Boudoir mit den hellblauen Vorhängen und der kleinen Erosfigur selbst die Vergangenheit bezwingbar schien … Aber das wären die törichten Worte eines sentimentalen Träumers – sie würde mich nur auslachen, und das mit Recht.
    »Ich glaube nicht«, entschied ich zuletzt.
    Esthers Miene erhellte sich sogleich. »Na, dem Herrn des
Himmels sei gedankt. Dir wär’ auch zuzutrauen, dass du dich hättest für heute … gestern … Nachmittag entschuldigen wollen.«
    »Das eigentlich auch«, gestand ich amüsiert, was mir einen Schlag mit ihrem Fächer eintrug.
    »Dabei müsst’ ich dich eigentlich um Verzeihung bitten«, verkündete sie. »Eine Dame sollt’ halt vor einem Herrn nicht so sehr ihr Herz ausschütten.« Sie leckte ihre rot bemalte Oberlippe. »Andererseits könnt’ man meinen, dass ein wirklicher Herr es besser weiß, als so eine tragische Ausnahmesituation auszunützen. Nicht auszudenken, was er sich da für Scherereien einhandeln könnt’, wenn er einmal an eine Tugendhafte gerät!«
    Ein paar dumme Augenblicke verbrachten wir damit, einander zuzulächeln; dann begann Esther, ihr Haar zu lösen. »Weißt du, dass wir trotzdem noch Freunde bleiben, das haben wir ja einmal schon zusammengebracht«, sagte sie sanft.
     
     
    Vielleicht hätte ein Dichter sie als Heimkehr beschrieben, diese trägen Augenblicke, als wir, später, sehr viel später, beisammenlagen, während die Strahlen der Morgensonne allmählich das Zimmer fluteten.
    Behutsam bettete Esther ihren Kopf auf meine Schulter.
    »Ein bisserl schaust du schon aus wie einer, der aus dem Krieg kommt«, stellte sie gedankenverloren fest, zupfte den Verband um meinen Brustkorb zurecht und begann sodann ihre altbekannte Schmährede gegen den motorisierten Fortschritt im Allgemeinen und sportliche Wettkämpfe im Besonderen. Einem freundlichen, vertrauten Bach gleich plätscherten die Worte an mir vorbei. Ausgerechnet jetzt, ausgerechnet hier, kam mir Felix Trubic in den Sinn, der voll Bitterkeit von einem Krieg sprach, von dem die Journaille niemals berichten, kein Normalsterblicher je erfahren würde.

    Was mich zu einem meiner drängendsten Probleme führte: Nur zwei Tage blieben mir, einen Weg zu finden, um Lili Trubic vor Willkür, Blutdurst und Einsamkeit des Vampirs zu retten. Erst als Esther müde fragte: »Ganz nüchtern betrachtet, aber wie könnt’ man sich denn eines Vampirs langfristig entledigen?« , bemerkte ich, dass ich meine Überlegungen laut ausgesprochen hatte.
    Ja, wie tötete man einen wandelnden Toten? Große Geister und große Phantasten hatten sich gleichermaßen mit der Frage auseinandergesetzt. Und alsbald hatten sie einige farbenfrohe Methoden ersonnen: den Pflock durch das Herz, das Silberkreuz, Flamme und geweihtes Wasser. Grausame Imaginationen fürwahr, und doch leichter zu verwinden als die Wahrheit.
    »Feuer? Sonnenlicht?«, schlug Esther interessiert vor.
    »Nein.« Umständlich befreite ich mich aus dem Wirrwarr der Laken, blieb an der Bettkante sitzen. »Du kannst sie zu Staub und Asche verbrennen, aber nicht töten«, sagte ich still.
    Esther fragte nicht weiter, und ich war dankbar dafür. Vielleicht hätte ich ihr sonst geschildert, wie es war, ein Häuflein Asche, ein paar geschwärzte, verschmorte Knochenstücke, Schädelreste zurückzulassen; in dem Wissen, dass hier eine Existenz doch nicht zur Gänze ausgelöscht worden war. Manchmal verfolgte mich der Anblick noch bis in meine Träume.
    »Und ein Vampir, der sterben will, was macht der?«, erkundigte sich Esther nach einer Weile.
    Ich schloss den letzten Knopf meines noch immer ein wenig feuchten Hemds. »Um Buckinghams Antwort zu strapazieren: ›Sie schlafen und geben sich Mühe, nicht wieder aufzuwachen. ‹«

     
     
    Rosa war gegangen. An ihrer Stelle wachte ein schlaksiger Jüngling, der sich mir unaufgefordert sogleich als Hausdiener zu erkennen gab, über den Salon. Keines der Mädchen war mehr zugegen, nur an einem Tisch in der Ecke lehnte eine martialische, wenn auch leicht verfettete Gestalt, die mir vage bekannt schien, neben einer halbvollen Weinflasche. »Die Mäderln sind alle fort«, teilte mir der betrübte Zecher mit. »Und den Wein werden wir

Weitere Kostenlose Bücher