Des Teufels Novize
doch er wachte nicht auf. Als er vorsichtig besänftigt war, sank er noch tiefer in Schlaf und wurde aus seiner Verzweiflung erlöst. Ich bezweifle, daß er sich, falls er geträumt hat, an seinen Traum erinnern kann. Ich bin sicher, daß er weder wußte, was geschah, noch die von ihm verursachte Aufregung bemerkte; erst heute morgen wurde es ihm gesagt.«
»Das ist wahr, Vater«, sagte Meriet und blickte kurz und ängstlich auf. »Man hat mir gesagt, was ich tat, und ich muß es glauben, und Gott weiß, daß es mir leidtut. Aber ich schwöre, daß mir mein Vergehen nicht bewußt ist. Wenn ich Träume hatte, böse Träume, so erinnere ich mich nicht an sie. Ich weiß keinen Grund, warum ich das Dormitorium so stören sollte. Es ist mir ebenso ein Rätsel wie jedem anderen. Ich kann nur hoffen, daß es nicht wieder geschieht.«
Der Abt dachte stirnrunzelnd nach. »Es ist kaum anzunehmen, daß sich eine so tiefe Aufregung ohne Grund in deinem Geist erhebt. Ich glaube vielmehr, daß der Anblick von Bruder Wolstan, der in seinem Blut lag, die Ursache einer solchen Verzweiflung sein kann. Aber daß du so wenig Kraft hast, es zu akzeptieren und deinen Geist zu beherrschen – spricht das, mein Sohn, für eine wahre Berufung?«
Es war die einzige Drohung, die Meriet erschüttern konnte. Er sank abrupt und erregt, doch in einer Anmut, die sein weites Gewand fliegen ließ wie einen Mantel, vor dem Abt auf die Knie und hob sein angespanntes Gesicht und die bittenden Hände dem Abt entgegen.
»Vater, helft mir, glaubt mir! Es ist mein, aufrichtiger Wunsch, ins Kloster einzutreten und in Frieden zu leben und alles zu tun, was die Regel von mir verlangt. Und ich will alle Bande abschneiden, die mich an meine Vergangenheit fesseln. Wenn ich gesündigt habe, wenn ich mich vergangen habe, willentlich oder nicht, bewußt oder nicht, dann heilt mich, bestraft mich, erlegt mir jede Buße auf, die Ihr für geeignet haltet, aber werft mich nicht hinaus!«
»So leicht verzweifeln wir nicht an einem Bewerber«, sagte Radulfus, »und wir wenden uns auch von keinem ab, der unsere Geduld und Hilfe braucht. Es gibt Arzneien, die einen allzu feurigen Geist beruhigen können. Bruder Cadfael verwahrt sie. Doch sind dies Hilfsmittel, die nur in wirklicher Not benutzt werden sollten, bis du im Gebet und in der Übung der Selbstbeherrschung eine bessere Heilung findest.«
»Ich könnte mich besser zurechtfinden«, sagte Meriet heftig, »wenn Ihr meine Probezeit verkürzen und mich Euer Leben in seiner Ganzheit erfahren lassen könntet. Dann gäbe es keinen Zweifel mehr und keine Angst…«
Und keine Hoffnung? grübelte Cadfael, der ihn beobachtet hatte; und er grübelte weiter, ob der Abt nicht denselben Gedanken gehabt hatte.
»Die Ganzheit dieses Lebens«, sagte Radulfus scharf, »muß verdient werden. Du bist noch nicht bereit, die Gelübde abzulegen. Du mußt wie wir noch etwas Geduld üben, ehe du dich uns anschließen kannst. Je heißblütiger du drängst, desto weiter wirst du zurückfallen.
Vergiß das nicht und zügle deine Ungeduld. Für den Augenblick werden wir nur abwarten. Ich glaube dir, daß du nicht willentlich gehandelt hast, und ich vertraue darauf, daß du nie wieder an einer solchen Plage leiden und nie wieder solche Unruhe verursachen wirst. Geh nun; Bruder Paul wird dir unsere Entscheidung für dich mitteilen.«
Meriet warf einen unsteten Blick in die Runde der nachdenklichen Gesichter und ging hinaus, während die Brüder diskutierten, was mit ihm geschehen sollte. Prior Robert kam in Fahrt; er sah eine Demut, in der mehr als nur ein wenig Hochmut verborgen war, und er glaubte, daß die Geißelung des Fleisches, sei es nun durch harte Arbeit, Beschränkung auf Wasser und Brot oder Kasteiung, einem Geist in Nöten wohl helfen könnte, sich zu sammeln und zu läutern. Einige schlugen das Naheliegendste vor: Da der Junge nichts Falsches beabsichtigt hatte, jedoch eine Bedrohung für die anderen war, verdiente er keine Strafe; doch man mußte überlegen, ob im Interesse des allgemeinen Friedens eine Absonderung von seinen Gefährten geraten war. Doch auch dies könnte ihm wie eine Strafe erscheinen, hielt Bruder Paul dagegen.
»Es ist gut möglich«, sagte der Abt schließlich, »daß wir uns unnötige Sorgen machen. Wie viele von uns hatten schon eine schlimme Nacht, in der sie von Alpträumen gequält wurden?
Einmal ist keinmal. Niemand ist zu Schaden gekommen, nicht einmal die Kinder. Warum sollen wir nicht darauf
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