Des Teufels Novize
hatte er es oben im Dachboden aufgestellt, um mit seinen schlimmen Träumen nicht die Gefährten zu stören; und dort stand es auch, als er stürzte. Wie Mark erzählte, wollte er schlafend zu Hugh Beringar gehen und gestehen, damit der Gefangene freikam. Wollt Ihr hier auf ihn warten? Ich werde ihn suchen und zu Euch bringen.«
Meriet saß an Bruder Marks kleinem Schreibtisch im Vorraum der Halle und flickte mit einem Streifen Leder den Einband eines Liturgiebuches. Er war ernst auf seine Aufgabe konzentriert, und seine Finger bewegten sich geduldig und gewandt. Erst als Cadfael ihm sagte, daß in der Scheune ein Besucher auf ihn wartete, schien er plötzlich aufgeregt. Er war an Cadfael gewöhnt, und der Bruder störte ihn nicht; doch er wollte sich nicht gern anderen zeigen, als ob er eine ansteckende Krankheit hätte.
»Es wäre mir lieber, niemand würde kommen«, sagte er, hin-und hergerissen zwischen Dankbarkeit für die erwiesene Freundlichkeit und widerwillig beim Gedanken an die Schmerzen, die der Besuch nach sich ziehen mochte. »Was soll das jetzt noch nützen? Was könnte noch gesagt werden?
Ich war froh, hier meine Ruhe zu finden.« Er nagte zweifelnd an der Unterlippe und fragte schließlich resigniert: »Wer ist es?«
»Niemand, vor dem du dich fürchten mußt«, sagte Cadfael, der an Nigel dachte, dessen brüderliche Zuneigung, wäre sie angeboten worden, nicht zu ertragen gewesen wäre. Doch das war nicht der Fall. Brautleute haben gewiß eine gute Entschuldigung, alles andere beiseite zu schieben, doch er hätte wenigstens nach seinem Bruder fragen können. »Es ist nur Isouda.«
Nur Isouda! Meriet atmete erleichtert ein. »Isouda hat an mich gedacht? Das ist freundlich. Aber – weiß sie es? Daß ich ein geständiger Missetäter bin? Ich möchte nicht, daß sie in falschem Glauben…«
»Sie weiß es. Es ist nicht nötig, auch nur ein Wort darüber zu verlieren, und auch sie wird schweigen. Sie ließ sich von mir herführen, weil sie aufrichtige Zuneigung zu dir empfindet. Es kostet dich nicht viel, einige Minuten mit ihr zu verbringen, und ich bezweifle, daß du viel zu sagen hast, denn das wird sie schon tun.«
Meriet ging immer noch etwas widerstrebend mit ihm, doch er war nicht sonderlich verstört darüber, daß er die Aufmerksamkeit, das Mitgefühl und die beständige Kameradschaft einer Spielgefährtin aus seiner Kinderzeit ertragen mußte. Die Kinder unter seinen Bettlern hatten ihm gutgetan; sie hatten ihn einfach ohne Fragen und ohne Ansprüche akzeptiert. Isoudas schwesterliche Zuneigung konnte er auf die gleiche Weise nehmen; jedenfalls glaubte er das.
Sie hatte den Feuerstein und den Zunder neben dem Lager genommen, Funken geschlagen, den Docht der kleinen Lampe entzündet und die Leuchte vorsichtig auf den bereitstehenden breiten Stein gesetzt, wo sie nicht mit fliegendem Stroh in Berührung kommen und ihr mildes, weiches Licht über das Fußende des Bettes, auf das sie sich gesetzt hatte, werfen konnte. Sie hatte den Mantel lose über die Schultern gelegt, so daß er die nüchterne Pracht ihres Gewandes, ihren gestickten Gürtel und die im Schoß gefalteten Hände umrahmte. Sie begrüßte Meriet, als er eintrat, mit dem leisen, allwissenden Lächeln, das die Jungfrau Maria auf den weltlichen Gemälden im Augenblick der Verkündigung zeigt – ein Lächeln, das die Botschaft des Engels überflüssig macht, weil die Jungfrau es schon lange weiß.
Meriet hielt den Atem an und blieb stehen, als er diese erwachsene Dame ruhig und erwartungsvoll auf dem Bett sitzen sah. Wie konnten wenige Monate einen Menschen so verändern? »Du hättest nicht kommen dürfen«, hatte er sanft aber unverblümt sagen wollen, doch die Worte wurden nie gesprochen. Da saß sie selbstbewußt und strahlend, und er bekam fast Angst vor ihr und vor den traurigen Veränderungen, die sie an ihm finden mochte – mager, humpelnd, ausgestoßen, in keiner Weise mehr der Junge, der vor gar nicht langer Zeit mit ihr noch Streiche ausgeheckt hatte. Doch Isouda erhob sich, ging mit erhobenen Händen zu ihm, zog seinen Kopf zu sich herunter und küßte ihn herzhaft.
»Weißt du, daß du beinahe hübsch geworden bist? Es tut mir leid, daß du dir den Kopf angeschlagen hast«, sagte sie, indem sie eine Hand zur fast verheilten Wunde hob, »doch das wird bald vergessen sein, es wird nichts zurückbleiben. Da hat jemand mit viel Erfahrung den Schnitt geschlossen. Du darfst mich gern küssen, du bist noch kein
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