Des Teufels Novize
treu, so daß die Wunden geleckt und die Streitigkeiten außer Hörweite der Öffentlichkeit beigelegt werden konnten. Weniger gut befreundete Gäste gingen mit sich zu Rate, und einige entfernten sich diskret, da sie es vorzogen, nach Hause zu gehen. Die Einwohner der Klostersiedlung, die erfreut und angeregt wenig verläßliche Neuigkeiten austauschten und im Weitergeben fantasievoll ergänzten, blieben aufmerksam um das Torhaus versammelt.
Hugh hatte seine Männer aufgeboten und den Fuß schon im Steigbügel, als das wilde Trommeln galoppierender Hufe, sonst nur selten in der Klostersiedlung zu hören, zwischen den Mauern der Enklave und im Torbogen widerhallte. Ein erschöpfter Reiter, dessen Pferd Schaum vor dem Maul hatte, zügelte sein Reittier schwitzend und stürzte eher in Hughs Arme, als daß er abstieg, denn seine Knie wurden weich, ehe er richtig stand. Alle, die noch im Hof versammelt waren, unter ihnen Abt Radulfus und Prior Robert, eilten zu dem Ankömmling, denn sie ahnten schlimme Neuigkeiten.
»Sheriff Prestcote«, keuchte der taumelnde Bote, »oder wer immer ihn hier vertritt – eine eilige Nachricht vom Bischof von Lincoln, er bittet um Eile…«
»Ich vertrete den Sheriff«, sagte Hugh. »Sprich! Was will der Bischof uns so dringend mitteilen?«
»Ihr sollt alle Ritter des Königs in dieser Grafschaft in Dienst nehmen«, sagte der Bote, während er sich mühsam aufrichtete, »denn im Nordosten droht trotz der Reise Seiner Gnaden schwärzester Verrat. Zwei Tage, nachdem Seine Majestät Lincoln verließ, drangen Ranulf von Chester und William von Roumare unter einem Vorwand ins königliche Schloß ein und nahmen es mit Gewalt. Die Bürger von Lincoln flehen Seine Gnaden an, sie von der schrecklichen Tyrannei zu erretten, und der Herr Bischof hat es trotz der Belagerung vermocht, eine Warnung auszusenden, um Seine Gnaden zu unterrichten. Wir sind viele, die jetzt in alle Richtungen reiten, um die Nachricht zu verbreiten. Bei Einbruch der Nacht wird sie London erreichen.«
»König Stephen war vor kaum einer Woche dort«, rief Eluard, »und sie schworen ihm Treue. Wie ist das möglich? Sie versprachen ihm, den Norden mit ihren Festungen zu sichern.«
»Und das haben sie«, sagte der Bote schwer atmend, »doch nicht im Dienste König Stephens und auch nicht im Dienst der Kaiserin, sondern um im Norden ein eigenes Königreich auszurufen. Es war schon lange geplant. Im September riefen sie ihre Burgvögte nach Chester, und ihre Verbindungen reichen bis hierher in den Süden; Garnisonen und Truppen stehen für jede Burg bereit. Sie haben von überall her junge Männer für ihre Zwecke zusammengezogen…«
So war das also! Vor langer Zeit, schon im September, in Chester geplant, wohin Peter Clemence im Auftrage Henry von Blois’ unterwegs war – ein ungelegener Besucher, der nur störte, wenn sich eine solche Gesellschaft unter Waffen versammelte und einen solchen Plan ausheckte. Kein Wunder, daß Clemence nicht unbelästigt weiterreiten und seinen Auftrag erledigen konnte. Und die Verbindungen reichten bis hierher in den Süden!
Cadfael zupfte Hugh am Ärmel. »Sie waren beide beteiligt, Hugh. Morgen wollten die Frischvermählten nach Norden zur Grenze von Lincolnshire ziehen – und dort hat Aspley ein Gut, nicht Linde. Schnappt Euch Nigel, solange Ihr ihn noch greifen könnt! Wenn es nicht schon zu spät ist!«
Hugh starrte ihn nur einen Augenblick an, begriff die Bedeutung, ließ sein Zaumzeug los und rannte, seine Unterführer hinter sich herwinkend, zum Gästehaus. Cadfael war ihm dicht auf den Fersen, als sie über eine niedergeschlagene Hochzeitsgesellschaft hereinbrachen, der die Freude, der Appetit und die Munterkeit geraubt waren. Die Gäste saßen um die unberührte Tafel in ernste Gespräche vertieft, die eher zu einer Totenfeier als zu einer Hochzeit paßten. Die Braut weinte verzweifelt in den Armen einer stämmigen Matrone, und drei oder vier andere Frauen huschten wie Glucken um sie herum. Der Bräutigam war nirgends zu sehen.
»Er ist fort!« sagte Cadfael. »Als wir im Stall waren, ergriff er die Gelegenheit. Und ohne sie! Der Bischof von Lincoln hat seine Botschaft mindestens einen Tag zu früh aus der abgeriegelten Stadt herausbekommen.«
Als sie sich an die Möglichkeit erinnerten und hinausrannten, um sich zu vergewissern, fanden sie vor dem Torhaus kein Pferd mehr angebunden. Nigel hatte die erste Chance ergriffen, seinem Mitverschwörer zu den Ländereien, Ämtern
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