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Des Todes Dunkler Bruder

Des Todes Dunkler Bruder

Titel: Des Todes Dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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LaGuerta.
    Doakes starrte sie wütend an. »Warum zum Teufel?«
    »Ich möchte niemandem Ungelegenheiten bereiten«, sagte ich, wobei ich mich ohne echte Überzeugung in Richtung Tür bewegte.
    »Es ist vollkommen in Ordnung«, beruhigte mich LaGuerta mit einem Lächeln. Sie wandte sich Doakes zu.
    »Er kann bleiben«, wiederholte sie.
    »Bei ihm überkommt mich eine verdammte Gänsehaut«, knurrte Doakes. Ich begann, die tieferen Qualitäten des Mannes zu schätzen. Selbstverständlich überlief ihn eine verdammte Gänsehaut. Die einzig berechtigte Frage lautete, warum es ihm in einem Zimmer voller Cops, die genug Wissen besaßen, um in meiner Gegenwart eine verdammte Gänsehaut zu kriegen, als Einzigem so ging.
    »Lasst uns anfangen«, forderte LaGuerta sanft mit der Peitsche knallend und ließ keinerlei Zweifel daran, wer hier das Kommando hatte. Doakes ließ sich mit einem letzten scheelen Blick zu mir auf seinen Stuhl sinken.
    Der erste Teil des Treffens war reiner Routine gewidmet: Berichten, taktischen Manövern, all den kleinen Dingen, die uns so menschlich machen. Zumindest diejenigen von uns, die Menschen sind. LaGuerta setzte die Beamten für Öffentlichkeitsarbeit darüber in Kenntnis, was an die Presse weitergegeben werden durfte und was nicht. Zu den Dingen, die sie weitergeben durften, gehörte auch ein Hochglanzfoto von LaGuerta, das sie eigens für diesen Anlass hatte aufnehmen lassen. Es zeigte sie ernst und doch glamourös, eindringlich, aber zurückhaltend. Man konnte förmlich sehen, dass sie die Beförderung zum Lieutenant verdiente. Wenn Deborah doch nur über solche Presseagenten verfügen würde.
    Es dauerte mehr als eine Stunde, bis wir zu den eigentlichen Morden kamen. Aber schließlich erkundigte sich LaGuerta nach Berichten über die Fortschritte, die die Jagd auf ihren geheimnisvollen Zeugen machte. Niemand hatte etwas gefunden. Ich bemühte mich redlich, überrascht zu wirken.
    LaGuerta bedachte die Gruppe mit einem auffordernden Stirnrunzeln. »Kommt schon, Leute«, sagte sie. »Jemand muss doch etwas entdeckt haben.« Aber dem war nicht so, und eine Pause entstand, in der die Mannschaft ihre Fingernägel, den Fußboden, die Schalldämmung an der Decke betrachtete.
    Deborah räusperte sich. »Ich, äh«, sagte sie und räusperte sich noch einmal. »Ich hätte eine, äh, eine Idee.
    Eine andere Idee. Vielleicht könnten wir es in einer etwas anderen Richtung versuchen.« Bei ihr hörte es sich wie ein Zitat an, und das war es ja auch. Trotz meiner ganzen Bemühungen klang sie nicht sonderlich natürlich, aber immerhin hatte sie sich an meine sorgfältig komponierte, politisch korrekte Wortwahl gehalten.
    LaGuerta zog eine künstlich perfektionierte Augenbraue hoch. »Wahrhaftig? Eine Idee?« Sie verzog das Gesicht, um anzudeuten, wie überrascht und entzückt sie war. »Bitte, Sie müssen uns unbedingt daran teilhaben lassen, Officer Ein … ich meine, Officer Morgan.«
    Doakes kicherte. Ein reizender Mann.
    Deborah errötete, steckte aber nicht zurück. »Die, äh, Zellkristallisation. Bei dem letzten Opfer. Ich möchte gern überprüfen, ob irgendwelche Kühltransporter innerhalb der letzten Woche als gestohlen gemeldet worden sind.«
    Stille. Einhelliges, wortloses Schweigen. Das Schweigen der Kühe. Sie kapierten es nicht, die Betonköpfe, und Deborah konnte es ihnen nicht klar machen. Das Schweigen dehnte sich, ein Schweigen, das LaGuerta mit einem hübschen Stirnrunzeln noch steigerte. Ein verwirrter Blick durch den Raum, ob jemand anderes ihr folgen konnte, dann ein höflicher Blick zu Deborah.
    »Kühltransporter …?«, fragte LaGuerta. Deborah wirkte total durcheinander, das arme Kind.
    Dieses Mädchen fand keinen Gefallen an öffentlichen Auftritten. »Das ist richtig«, sagte sie.
    LaGuerta ließ die Antwort in der Luft schweben, sie genoss es. »Mhmm«, meinte sie.
    Deborahs Gesicht verfärbte sich, kein gutes Zeichen. Ich räusperte mich, und als das nicht half, hustete ich, laut genug, um sie daran zu erinnern, dass sie sich beherrschen musste. Sie schaute zu mir herüber. Ebenso wie LaGuerta. »Entschuldigung«, sagte ich. »Ich glaube, ich bekomme eine Erkältung.«
    Kann man sich wirklich einen besseren Bruder wünschen?
    »Die, äh, Kälte « , platzte Deborah heraus, die an meiner Rettungsleine hing. »Ein Kühltransporter könnte eventuell die Ursache für diese Art von Gewebeschaden gewesen sein. Und er ist beweglich und deshalb schwerer zu fassen. Und die

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