Des Todes Liebste Beute
vom Grundstück der Worths.«
»Aber es war zu spät«, fuhr Mia fort. »Leah beging Selbstmord.«
»Das Trauma, nach dem wir gesucht haben«, murmelte Spinelli.
»Wie geht es dem kleinen Mädchen?«, fragte Kristen. »Kaplans Tochter? Ich habe den ganzen Tag an sie denken müssen.«
Spinelli presste die Lippen zusammen. »Aus dem, was man aus ihr herausbekommen hat, kann man schließen, dass sie den Mord an ihrem Vater nicht gesehen hat. Und wahrscheinlich auch die Leiche nicht. Sie sah nur Madden, den blutbeschmierten, irren Madden. Das sagt sie ständig – blutig und irre.«
»Sie ist für immer traumatisiert«, sagte Kristen leise.
»Aber du bist nicht daran schuld«, erwiderte Abe fest.
»Wie hat er von seinem Onkel, Paul Worth, erfahren?«
Kristen zuckte die Achseln. »So weit ist er nicht gekommen. Er hat aufgehört zu schreiben, nachdem er von dem Schlafmittel und meiner Datenbank erzählt hat. Der Anruf muss übrigens von Zoe Richardson gekommen sein, denn nach ihr hat er gerufen, als er das Lagerhaus betrat.«
Spinellis Miene wurde noch finsterer. Sein buschiger Schnurrbart bog sich herab. »Er kann nur einen Anruf von einer Frau bekommen haben, die sich als Richardson ausgab. Sie selbst war es nicht.«
Kristen schloss die Augen. »Sie ist tot.«
Spinelli zögerte. »Ja.«
»Wie?«, fragte sie leise.
Spinelli tauschte mit Abe einen Blick, der Bände sprach. Das war nichts, was Kristen wissen musste. Als das Schweigen sich ausdehnte, schlug Kristen die Augen auf. »Sagen Sie schon.«
»Conti hat sie umgebracht. Mehr brauchen Sie nicht zu erfahren.«
Kristens Augen schleuderten Blitze. »Wie ist sie gestorben? Verdammt, Marc, ich habe ein Recht darauf, das zu wissen.«
Spinelli seufzte. »Sie ist erstickt.«
Mia runzelte die Stirn. »Erstickt? Aber …«
»Jack, sind Sie hier fertig?«, unterbrach Spinelli. »Ich muss nämlich eine Pressekonferenz ansetzen und brauche eine schriftliche Zusammenfassung von allem, was Sie hier gefunden haben. Kristen, auf Maddens Nachttisch lag ein Stapel Bücher. Er hat eine Haftnotiz mit Ihrem Namen darauf geklebt. Gedichte, glaube ich. Keats und Browning. Mia, schauen Sie die Bücher mit Kristen durch?«
Kristen hatte ihn unverwandt angesehen. »Ob Sie es mir nun erzählen oder nicht, Marc, spielt eigentlich keine Rolle. Früher oder später findet ein Reporter es heraus, und ich muss nur noch Nachrichten sehen.« Sie verließ den Raum, Mia im Schlepptau. Als sie fort waren, seufzte Spinelli wieder.
»Als durchsickerte, dass Edwards und Conti tot sind, bekamen wir einen anonymen Anruf. Wir sollten das Begräbnis von Angelo Conti aufhalten und würden eine vermisste Person finden. Zum Glück ist der Boden so matschig und aufgeweicht durch das Tauwetter, dass die Friedhofsgräber ihren Job noch nicht erledigt hatten.«
Abe verzog das Gesicht, als ihm klar wurde, was Spinelli angedeutet hatte. »Gott. Nein.«
Spinelli nickte. »Doch. Kristen hat Recht. Über kurz oder lang werden wir das in den Nachrichten hören. Ich überlasse es Ihnen, es ihr zu sagen. Und jetzt verschwinden Sie und gehen Sie zu Ihrer Familie. Wie geht’s Ihrem Bruder?«
Abe sah auf die Uhr. »Er sollte jeden Moment entlassen werden. Ich bringe Kristen nach Hause.«
»Nicht zu ihr nach Hause«, warnte Spinelli. »Wir müssen erst jemanden schicken, der ihr Wohnzimmer reinigt. Die ganze Tapete ist voller Blut.«
Blaue Streifen. Abe musste sich beherrschen, um sich nicht zu schütteln, als er sich vorstellte, was Mia und Spinelli vorgefunden hatten. Die Leiche in Kristens Wohnzimmer, das Blut, das die blau gestreifte Tapete herunterrann. Er stellte sich vor, wie Kristen den Mann erschoss, der in ihr Zuhause eingedrungen war und sie angefasst hatte, und sogar durch das Entsetzen, das er empfand, war er ungemein stolz, dass sie mit solch einer Ruhe und Bestimmtheit reagiert hatte. Vor zehn Jahren hatte sie nichts gegen die Gewalt tun können. Heute machte sie das alles wieder wett.
»Nein«, sagte Abe mit belegter Stimme. »Ich bringe sie nicht zu sich nach Hause. Ich bringe sie zu meinen Eltern. Die anderen werden auch da sein.« Er wandte sich zum Gehen, als sich Spinellis Hand um seine Schulter schloss.
»Ich war vorhin stolz auf Sie, Abe. Sie haben auf uns am Lager gewartet, anstatt in einer Kamikazeaktion die Sache allein anzugehen. Es war das einzig Richtige.«
Aber wie schwer es ihm gefallen war, dort zu sitzen, die Sekunden verstreichen zu sehen und zu wissen, dass Conti
Weitere Kostenlose Bücher