Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)

Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)

Titel: Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheel , Hella von Sinnen
Vom Netzwerk:
so. Ich konnte relativ früh lesen, und man hat mir erzählt, dass ich als Sechsjähriger unter dem Klavier saß und dort Hitler-Reden rezitierte. Durch den Resonanzboden des Klaviers hatte das ein ähnliches Echo wie im Radio. Das fand ich todschick. Das Zerwürfnis mit meinem Vater ist erst gekommen, als er dann zurückkam, da war ich schon zehn. Da war er mir ein Fremder. In der Oberschule begann dann politische Entwicklung und Distanzierung. Ich muss aber im Nachhinein sagen, dass er recht oft versucht hat, auf mich einzugehen und mit mir zu reden. Ich habe das total verweigert. Das tut mir heute leid. Ich wüsste heute gerne sehr viel mehr, was passiert ist, aber ich weiß gar nichts. Ich bin dann als 20-Jähriger in die USA und kam erst wieder zurück, als er tot war.
     
    Hast du in Amerika Musik studiert?
     
Nein, das war in Salzburg. Vorher.
     
    Warst du musikalisch, künstlerisch «vorbelastet» in der Familie?
     
Nicht von der Familie her. Ich hatte eine alte, pensionierte Schuldirektorin, die einen Narren an mir gefressen hatte. Die hat mich gerettet. Sie hat mich als Sechsjähriger angenommen und mir alles beigebracht, über Mozart, die ganze Klassik, aber auch Literatur. Die hat mich bestärkt, sonst wäre ich wahrscheinlich in dieser Isolierung stecken geblieben.
     
    Was würdest du denn sagen, was der große Herbert Feuerstein noch vom kleinen Herbert Feuerstein hat?
     
Die Neugierde. Auf Impulse reagieren. Mein Leben ist nie linear verlaufen. Alle sieben bis zehn Jahre habe ich alles gewechselt.
     
    Ist das vielleicht so eine Art Macke, dass du dich alle sieben Jahre häuten musst?
     
Könnte sein. Aber es ist kein Zwang. Es passiert einfach. Irgendwann denke ich mir, man müsste völlig neu anfangen. Ich habe meine verschiedenen Zeiten. Erst die Tageszeitung, dann Verlagsleiter, dann Macher von MAD. Ich war über 50, als ich mit dem Fernsehen angefangen habe. Und dann waren es nochmal sieben, acht Jahre, bis zu meinen letzten vier Büchern. Die sind alle in einem kurzen Zeitraum entstanden, nachdem ich mich vom Fernsehen langsam verabschiedet habe. Es war einfach nicht spannend genug. Und jetzt die Musik.
     
    Bist du ein rastloser Mensch?
     
Ja, ziemlich neurotisch. Der enorme Druck, der in mir drin ist, die sofortige Bereitschaft, krank zu werden, wenn ich brachliege. «Der Körper muss leiden» als Grundhaltung. Ich komme ja auch aus dem Katholizismus, wollte Priester werden. Ganz früh. Als Acht-, Neunjähriger habe ich mir ein buntes Tischtuch umgehängt und danach sehr viel über Sex erfahren, weil ich Erwachsenen die Beichte abgenommen habe. Ich habe nicht verstanden, was sie mir erzählten, aber ich habe sie trotzdem von ihren Sünden freigesprochen und ihnen die Absolution erteilt. Ich habe meinen kleinen Bruder, der auch wieder neun Jahre jünger war als ich, öfter aufgebahrt, Blumen um ihn drapiert und die Totenmesse gehalten, was ziemlich makaber war und meine Mutter schwer irritiert hat. Er musste ganz still liegen, und wenn er nicht still gelegen hat, hat er eine gescheuert bekommen.
     
    Zwischen dir und deinem kleinen Bruder lagen auch wieder neun Jahre? Ob dieser Rhythmus der neun Jahre auseinanderliegenden Geschwister eventuell etwas mit deinem Lebensrhythmus zu tun haben könnte?
     
Weiß ich nicht.
     
    Okay. Überlassen wir das Psychologisieren Lucy van Pelt. Was mich aber noch interessiert: Der kleine Herbert wollte ja gerne berühmt sein … ist es für dich als Erwachsener ein Erfolgserlebnis, dass dein Name aus der deutschsprachigen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken ist?
     
Nicht wirklich. Das liegt an meiner Negation von Erfolg. Ich kann mit Erfolg überhaupt nicht umgehen. Es ist eigentlich ein Widerspruch: Auf der einen Seite ist der Prahlhans da, und der möchte ihn gern genießen. Auf der anderen Seite steht das Bewusstsein, ein Nichts in einem Universum von Nichtsen zu sein. Diese Demut, die habe ich absolut. Ich habe mit meinen inzwischen 74 Jahren gelernt, dass es sinnlos ist, sich irgendwo «finden» zu wollen. Man muss das annehmen, was man hat.
     
    Wieso bist du eigentlich in deinem Alter so topfit?
     
Sport habe ich eigentlich immer abgelehnt. Ich bewege mich viel und heftig, ich trinke kaum Alkohol, und mit Süßigkeiten kann man mich jagen. Das kommt noch aus meiner Kindheit.
     
    Weil es damals nichts gab?
     
Stimmt. Und ohne Süßigkeiten keine Karies. Vom Zahnarzt kriege ich immer einen Pokal. Ich habe zwei kleine Plomben und sonst

Weitere Kostenlose Bücher