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Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)

Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition)

Titel: Des Wahnsinns fette Beute: Macken und Marotten auf der Spur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheel , Hella von Sinnen
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ich aus dem sozialen österreichischen Netz gekommen war. Jetzt war ich irgendwo allein und konnte nicht mehr zurück. Daraus habe ich gelernt, dass die existenzielle Grundsicherung für mich wichtig ist, um nicht durchzudrehen oder um die Ängste nicht ins Übermächtige, in die Krankheit umschlagen zu lassen. Ich hatte damals auch große Angst vor Krankheiten, vermutlich die Narbe aus meiner Jugend, als mitten in der Pubertät meine linke Niere entfernt werden musste, in einer Zeit also, wo das noch ein großes medizinisches Spektakel war. Damals hatte ich eine sehr sympathische Berührung mit dem Tod. Denn damals, am Tag vor der Operation, war meine Mutter zum ersten Mal nett zu mir – übrigens auch zum letzten Mal. Sie hat sich verabschiedet und mich angefasst, was sonst nie vorgekommen war. Da freut man sich auf den Tod – als Zustand, in dem Mütter nett werden …
     
    (Wir werden bedrückt.)
     
Ihr dürft jetzt nicht betroffen gucken.
     
    Wenn du so wenig Zärtlichkeit von deiner Mutter bekommen hast, hast du ja Nähe auch gar nicht gelernt?
     
Na und? So war es eben, und man muss damit umgehen. Mich da jetzt verrückt zu therapieren, das würde nie in Frage kommen.
     
    Hast du denn mal ’ne Therapie gemacht?
     
Habe ich tatsächlich, damals in den Sechzigern in New York, als die Psychiater an jeder Straßenecke rumschwirrten wie die Mücken. Aber ich habe es nie ernst genommen. Ich weiß noch, wie mir der Psychoonkel sagte, die Mutter wäre der Grund für alles. Ich habe naiv zurückgefragt: «Ah, Ihre Mutter, die kenne ich doch gar nicht!» Ich habe das gemacht, weil man das erwartet hatte – es war ein Spiel. Ich glaube, in mir gibt es ein paar Ähnlichkeiten mit der ständigen Erwartung von Katastrophen, wie Woody Allen sie hat. Der hat sich ja lebenslang in Therapien begeben und immer an sich «gearbeitet». Daran glaube ich überhaupt nicht. Ich gehe davon aus, dass man nun mal in seiner Persönlichkeit gefangen ist. Sie ist das einzige, was ich habe, damit muss ich umgehen, und das tue ich auch. Zu erwarten, dass sich da was ändert, daran glaube ich nicht.
     
    Du hast dich auch ein Leben lang nicht an ein Haustier gebunden?
     
Das hätte ich sehr gerne. Aber dazu sind wir zu umtriebig und mobil. Irgendwann, wenn die große Ruhe kommt, kommt auch der Hund.
     
    Ist das so?
     
Das möchte ich gerne. Ich hatte Hunde, ich hatte mal ein Haus in Kenia mit vielen Hunden, das war eine schöne Zeit. Endlich richtige, loyale Freunde …
     
    Leidest du unter Lampenfieber?
     
Habe ich bisher kaum, doch nimmt es blöderweise im Alter zu. Der Druck wird größer, weil man an sich mehr zweifelt. Eigentlich habe ich einen ganz einfachen Mechanismus gegen Lampenfieber, denn ich schlage mich nie selber für irgendwas vor, sondern warte geduldig auf Angebote. Und wenn ich dann was annehme, weiß ich, die anderen sind verantwortlich. Wenn ich Scheiße baue, kann ich nichts dafür. Man hätte mich ja nicht nehmen müssen.
     
    Wie praktisch!
     
    Bist du abergläubisch?
     
Nein.
     
    Gar nicht?
     
Gar nicht. Mein Transzendenzbild ist nicht existent. Ich bin ein absoluter Atheist, ein sehr gläubiger Anhänger von Stephen Hawking und seinen Theorien. Ich fange gerade an, die ersten Begriffe der Relativitätstheorie zu verstehen. Versuche, mich in die M-Theorie reinzutasten, in der Hoffnung, mich darin endgültig aufzulösen. Den Anstoß dazu gab mal ein Blick im Keck-Observatorium auf Hawaii, in Entfernungen von mehr als zehn Milliarden Lichtjahren. Wo man angesichts eines Universumalters von 14 Milliarden Jahren und dem Vorher und Nachher, aus dem die Unendlichkeit besteht, ganz schnell erkennt, dass man sehr gut ohne Gott auskommt.
     
    Du hast ja Musik studiert und arbeitest derzeit viel mit Musik. Was bedeutet Musik für dich?
     
Musik – und damit meine ich die klassische, ist seit meiner Kindheit eine Herausforderung. Übrigens nicht ungefährlich, weil sie an die Bruchstellen meines Seins führt und jene Teile berührt, die ich nicht mehr kontrollieren kann. Ich bin scheu und misstrauisch gegenüber Emotionen. Mit meiner Angst vor Nähe lasse ich Emotionen nur ungern an mich herankommen. «Meine» Musik löst manchmal Momente aus, die mich sehr berühren. Da findet mich dann plötzlich meine Frau heulend im Bett und hat keine Ahnung, was jetzt passiert ist. Ich habe deshalb auch ein bisschen Angst vor Musik. Oder eigentlich sehr viel Angst.
     
    Herbert, du bist sehr offen. Dafür danken wir

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