Deserteure (Orion 04)
»Manchmal.«
Fünf Minuten später waren Helga und er allein in der Kommandokanzel. Das Schiff wurde vom Autopiloten gesteuert; die Anwesenheit zweier Personen diente lediglich der Sicherheit. Cliff wußte, wie hoch die nervliche Belastung der letzten Stunden gewesen war. Seine Crew sollte geschont werden.
Von seinem Kontrollpunkt aus löschte Cliff einen Teil der Raumbeleuchtung, drehte seinen Sessel halb herum und legte die Beine auf die Ecke des Steuerpultes.
»Das war hart, wie?« fragte Helga und justierte ihre Empfangsgeräte wieder auf die Frequenz der Flotte.
»Ziemlich hart«, sagte Cliff. »Fast härter als die Sache mit dem brennenden Planeten. Immer entwickeln sich aus harmlosen Aufträgen die gefährlichsten Dinge.«
Helga lachte leise.
»Tamara hat gestern ihre große Stunde gesehen. Es war fast schade, sie enttäuschen zu müssen.«
»Du könntest uns beiden zwei Portionen Kaffee machen, Helgamädchen«, sagte Cliff und grinste. »Immerhin hast du Hasso verteidigt wie eine Tigerin.«
»Sie hat mich gereizt. Ausgerechnet auf unserem braven Hasso mußte sie herumhacken.«
Helga stand auf und kam wenige Minuten später mit den Tassen und dem übrigen Zubehör zurück.
Immer näher kam das schlanke, diskusförmige Schiff der kritischen Geschwindigkeit, mit der es in den Hyperraum springen konnte. Cliff und Helga hatten nichts zu tun. Auf dem zentralen Schirm sah Cliff die vertrauten Konstellationen der Sterne, und das Funkgerät schwieg.
Später fielen sie in den leichten Raumfahrer-Halbschlaf.
*
Dreieinviertel Minuten vor dem Hyperraumsprung geschah es. Die Signale waren so intensiv, daß Cliff und Helga kerzengerade aus ihren Sitzen fuhren.
Sie hörten eine Unterhaltung mit, die in Klartext über die Wellenlänge der taktischen Flotte ging.
Helga und Cliff sahen sich nach den ersten Sätzen schweigend an und erschraken. Was sie hörten, klang sehr bedrohlich.
»Sie meinen, Commander, daß McLanes ORION hier zu finden ist?«
Die Antwort eines anderen Kapitäns, vermutlich des kommandierenden Flottenführers:
»Ja. Wir haben eindeutige Befehle, ihn hier abzufangen.«
»Was schlagen Sie vor?«
Antwort:
»Kurz anrufen und beim geringsten Verdacht schießen. Er ist im Begriff, zu den Extraterrestriern überzulaufen. Mit einem der modernsten und schnellsten Schiffe und mit der letzten Entwicklung der Waffentechnik. Mit Overkill!«
Eine kurze Pause entstand, dann hörten sie eine andere Stimme:
»Mir ist es geradezu widerwärtig, mit dem Gedanken zu spielen!«
»Welcher Gedanke?«
»Einen unserer Kameraden einfach abzuschießen. Dazu noch mit einer ganzen Mannschaft.«
Cliff ging langsam auf das Funkpult zu und ergriff das Mikrophon.
»Stelle die Verbindung ein!« bat er. Helga tat es mit einigen Griffen.
Dann sagte er laut und scharf betont:
»Hier spricht Commander Cliff Allistair McLane der ORION VIII.«
Die fremden Stimmen schwiegen überrascht, dann fragte eine befehlsgewohnte Stimme atemlos:
»Was? Sind Sie wahnsinnig, Mann?«
Schlagfertig gab Cliff zurück:
»Nein. Aber ich kann mich nicht erinnern, daß meine Kameraden aus der Flotte in der letzten Zeit allzu leichtfertig mit ihren Geschützen umgegangen sind, auch wenn sie eindeutige Befehle erhalten haben.«
»Commander«, war die Antwort, »wir haben Exekutionsbefehl.«
Cliff lachte hart und freudlos.
»Gerade das ist es, was mich etwas beunruhigt. Ich darf Sie darauf hinweisen, daß Sie nicht einen Desertierenden auf Ihren Schirmen haben, sondern einen Commander, der den Grund der Desertion aus der Welt geschafft hat. Sogar mit Overkill.«
Der andere war und blieb skeptisch.
»Können Sie eine Bildverbindung herstellen?«
»Selbstverständlich«, sagte Helga rasch. »Welcher Kanal?«
»Siebzehn.«
Langsam erhellte sich vor Helga und Cliff ein mittelgroßer Schirm. Auf ihm war das Innere eines anderen schnellen Kreuzers zu sehen, das sich nur in wenigen Einzelheiten von der Kommandokanzel der ORION unterschied. Die Oberkörper und die starren, ungläubigen Gesichter eines Kommandanten im Majorsrang und des Funkers blickten McLane an.
»Sie verstehen, daß wir Ihnen nicht glauben«, sagte der Major. Cliff kannte ihn flüchtig vom Sehen.
»Sie haben mich auf den Ortungsschirmen?« fragte Cliff zurück.
»Richtig. Klar und deutlich. In zehn Minuten sind wir bei Ihnen.«
»Vielleicht macht sich einer der Astrogatoren die Mühe, meinen Kurs nachzurechnen. Er dürfte, wenn mein Digitalrechner und der
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