Deshalb liebe ich mein Singleleben (German Edition)
in den Freien Künsten für Kreatives Schreiben zu machen. Und als ich einen Roman als meine Abschlussarbeit geschrieben hatte, der veröffentlicht sehr positive Kritiken bekam, stieg mein Wert um das Zehnfache.
Ich saß an einem ovalen Tisch in wieder einem anderen Konferenzraum einer Englischen Fakultät, gegenüber eines anderen Einstellungsgremiums, für eine andere unbefristete Stelle, mein Roman und Kopien meines Lebenslaufs waren ausgebreitet wie die Beweisstücke bei einer Polizeibefragung. Worte wie
beeindruckend
und
vielversprechend
tanzten durch die Luft.
Und plötzlich roch ich es: Brot.
Ein nahe gelegener Sandwichladen im Studentencenter der Uni hatte gerade mehrere Laibe Brot fertig gebacken und der Wind trug das himmlische Aroma in diesem Augenblick durch das offene Fenster des Konferenzraumes. Wie ein Telegramm, das nur für mich ausgeliefert wurde. Mein akademisches Leben blitzte vor meinen Augen auf – aber anstatt mich selbst Vorträge bei Konferenzen halten zu sehen und Gastlesungen zu besuchen oder Signierstunden, Hausarbeiten zu korrigieren oder Studenten zu beraten, sah ich Bilder, wie ich Studentengruppen Schokoladenkekse brachte oder Geburtstagstorten für Kommilitonen machte. Als studentische Hilfskraft lud man mich oft ein, in Fakultätsgremien mitzuarbeiten, darauf hoffend, dass ich bei Meetings mit Kannen voller Smoothies oder Platten voller Zitronenriegel erschien. Der andere Kram – Korrekturen, Lesungen, Veröffentlichungen und all das – erschien plötzlich wie ein endloses Strafmaß an Handarbeit.
»Eva?«, hatte der Leiter des Programms für Kreatives Schreiben gepfiffen. »Stimmt irgendwas nicht?«
Ich hatte nicht ein Wort von dem, was er gesagt hatte, mitgekriegt.
Ich verließ dieses Bewerbungsgespräch und gelobte, nie wieder zu irgendeinem anderen zu gehen. Am nächsten Tag beantragte ich einen Geschäftskredit, um meinen eigenen Coffeeshop zu eröffnen. Im folgenden Jahr lehnte ich Jobangebote ab und blieb als Lehrbeauftragte an der North Carolina Universität der Freien Künste, bis das Grounds aufmachte und anlief. Natürlich hätte mir eine unbefristete Stelle als Professorin viel Prestige eingebracht, mein eigenes Büro, meinen Namen an der Tür und eine gewisse Jobsicherheit. Aber an einem Ort zu sein, wo ich sowohl backen als auch mit den Unileuten zusammen sein konnte, weniger als eine Meile vom Campus entfernt, schien für mich eine natürliche Konsequenz zu sein.
Olivia in New York zurückzulassen war wahrscheinlich das Härteste, was ich jemals getan hatte – schlimmer als das Haus zu verkaufen und die ganzen Sachen unserer Eltern auszuräumen. In den ersten zwei Wochen rief ich jeden Abend an (und manchmal auch am nächsten Morgen) und flehte sie weinend an, entweder zu kommen und mich nach Hause zu holen oder ihre Sachen zu packen und zu mir in den Süden zu ziehen.
»Es wird einfacher werden«, versprach sie mir. »Du wirst sehen.«
»Vermisst du mich denn überhaupt nicht?«, weinte ich einmal.
Nach einer langen Pause kam ein leiser Schluchzer, bevor sie antwortete:
»Du wirst mir später dankbar sein.«
Sie hatte recht. In jeder Hinsicht.
Nachdem ich die Creme von diesem Jahr in die Form gegossen hatte, verteilte ich den Himbeerguss mit schnellen Strichen obenauf, wobei der Löffel die Hand lenkte.
Als ich Olivias Nummer wählte und ihr Anrufbeantworter dran war, hängte ich auf, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, froh, dass ich wenigstens ihre Stimme gehört hatte. Ich schnitt die Torte inStücke und arrangierte sie auf einer Platte für meine Gäste, damit sie sich selbst bedienen konnten.
»Gibt es einen Anlass?«, fragte Scott, während er sich ein Stück nahm. Ich zuckte die Achseln ohne ein Wort. »Was auch immer es ist, wir sollten das öfter feiern. Das ist der Hammer.«
Ich war schon den ganzen Tag nicht sehr gesprächig gewesen, nicht mal als Shaun hereinspazierte und einen Mokkaccino bestellte und die Platte sah, auf der immer noch ein paar Stücke lagen.
»Ich dachte es mir«, sagte Shaun.
»Entschuldige?«, fragte ich, während ich ihm sein Getränk hinstellte und sein Geld einsammelte.
»Es ist Zitronentorten-Tag.«
Er hatte es sich gemerkt.
Ich schaute Shaun in die Augen und die Zeit blieb stehen. Ich sah in ihnen Mitgefühl und den warmen Blick eines Geliebten, der mich an den Todestagen meiner Eltern im Arm hielt, wenn Olivia nicht da war, um mir den Rücken zu streicheln, während ich weinte. Der Mann, der
Weitere Kostenlose Bücher