Deshalb liebe ich mein Singleleben (German Edition)
ihrem Bett sitzend zusammen essen konnten – direkt aus der Kuchenform (es war eben was für Mädchen).
Meine Mutter starb am sechsundzwanzigsten März an Brustkrebs. Ich war vierzehn Jahre alt. Olivia war achtzehn.
Mom leitete meine Mädchen-Pfadfinder-Gruppe und wir übertrumpften immer alle in der Truppe, wenn es ums Kekse-Verkaufen ging. Sie war auch eine großartige Köchin, und Olivia und ich halfen ihr oft, wenn sie das Essen zubereitete, hüpften auf und ab, um in irgendwelchen Töpfen zu rühren oder zwischen Algebra-Aufgaben und Vokabeltests in den Ofen zu schauen. Sie buk fast jeden Abend und hörte nur auf, um unsere Finger aus den Teigschüsseln zu holen, während wir ihr halfen. Schon als Kind war ich im Backen unübertroffen und Mom ermutigte mich,indem sie mir meine eigenen Schüsseln, einen elektrischen Mixer und Messbecher und -löffel gab. Jeden Freitag nach dem Abendessen spielten wir zu viert Scrabble oder Monopoly, und an den Abenden, wenn Mom zu müde war zum Spielen, brachte unser Vater Olivia und mir Poker bei und – noch besser – zählen, mischen und bluffen. Unser Vater war ein Mathematik-Crack und ein großer Filmfan; besonders liebte er Vaudeville-Theater und Slapstick-Komödien. Während meine Mutter und mich Napfkuchen und Buttercreme verbanden, schauten mein Dad und ich regelmäßig
Die drei Stooges
, die
Marx Brothers
und
Abbot and Castello
und spielten einzelne Szenen nach.
Als Kinder waren Olivia und ich die besten Freundinnen. Sie brachte mir Lesen und Schreiben bei und half mir bei meinen Hausaufgaben. Ich zeigte ihr, wie man französische Zöpfe flocht und
Chinese Jacks
spielte. Ich erzählte Olivia alles über meinen ersten Kuss mit Nicky Bates und sie erzählte mir alles über das erste Mal, als sie mit Bobby Ackerman bis zum Letzten ging. Zusammen probierten (und hassten) wir Zigaretten und sie ließ mich immer mit ihren Freunden mitkommen. Sie brachte mir das Autofahren bei und ich ihr, wie man sich vor seiner Jury-Pflicht drückt.
Nachdem Mom gestorben war, ging Olivia von der Uni runter, obwohl mein Vater sie bat, es nicht zu tun. Sie half ihm, sich um mich zu kümmern, während ich noch auf der Highschool war. Ich habe mich immer schuldig gefühlt, aber bis heute weiß ich immer noch nicht, ob es mir wegen ihrer Entscheidung so ging oder weil ich insgeheim dankbar war, dass sie es getan hatte. Denn ich brauchte sie wirklich; sie war jemand, mit dem ich reden konnte, den ich umarmen konnte, mit dem ich mich austauschen konnte, und ich hatte Angst, mit meinem Vater allein zu sein. Nicht, dass er etwa ein Monster war – absolut nicht –, doch der Tod meiner Mutter hatte ihn zutiefst erschüttert. Er zog sich total in sich zurück, bis zu dem Punkt, dass er nur noch ein Schatten seiner selbst war. Einer, der durchs Haus schlich, wenn er nicht gerade Zwölf-Stunden-Schichten schob, um einen Ort zu vermeiden, an dem es wenig Freude, aber viel Trauer gab. Noch dazu habe ichaufgehört zu zählen, wie oft er mir sagte, wie sehr ich meiner Mutter ähnelte.
Mein Vater starb sechzehn Monate nach meiner Mutter, auch an Krebs, obwohl ich immer noch glaube, dass es eigentlich an gebrochenem Herzen war und nicht wegen einer genetischen Veranlagung, wie die Ärzte uns sagten. Emotional hatte er uns lange davor schon verlassen, deshalb war die Trauer um ihn eher eine Sehnsucht nach den vergangenen Zeiten, als wir alle noch jung und sorglos und uns nahe waren, statt einer Übung in Schock und Verlust. Ich hatte gedacht, diese Art von Trauer wäre leichter zu ertragen. Es zeigte sich aber, dass ich damit falschgelegen hatte.
Nachdem ich gerade eben so die Schule geschafft hatte, arbeitete ich tagsüber für fast vier Jahre in einem Buchladen. Das passte perfekt zu mir – ich hätte mich nicht erinnern können, wann ich mich einmal nicht in irgendeine Geschichte geflüchtet hätte. Die Zeit außerhalb der Küche verbrachte ich mit Lesen und damit, mir Geschichten auszudenken. Währenddessen arbeitete Olivia als Sprechstundenhilfe in einer Arztpraxis, wo sie den Mann kennenlernte, den sie eines Tages mal heiraten würde.
Als ich zweiundzwanzig war – das Alter, in dem die wenigen Freunde, die noch übrig geblieben waren, ihr Studium abgeschlossen hatten –, brach Olivia schließlich zusammen.
Am sechsundzwanzgisten März, um genau zu sein.
Wir hatten gerade das letzte Stück der Torte gegessen, als sie ihre Gabel hinlegte und fragte: »Eva, wann wirst du mir
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