Desire - Die Zeit Der Rache Ist Gekommen
Shotgun-Hauses in ein bläuliches Licht tauchten, und ging durch Küche und Wohnzimmer zur Eingangstür.
Die Nacht war schwül. Drückend. Der Geruch des träge dahinfließenden Mississippi hing schwer in der Luft. Es regnete stark, und das Wasser strömte die Straße hinunter. Montoya lief durch den aufgeweichten Vorgarten zur Auffahrt und ließ sich auf den Ledersitz seines Mustang fallen. Er schlug die Tür zu und steckte den Schlüssel in die Zündung. Dröhnend erwachte der Motor zum Leben.
Montoya stellte die Scheibenwischer an, drückte aufs Gas und fragte sich, was zum Teufel in diesem so konservativen Kloster wohl vorgefallen sein mochte. Er verzichtete auf Sirene und Blinklichter, machte das Radio an und lauschte der Stimme von Dr. Sam, Psychologin und Moderatorin der Spätabendsendung
Midnight Confessions –
Mitternachtsbeichte. Stirnrunzelnd fuhr er durch die vertrauten Straßen und dachte an einen früheren Fall, bei dem ebenjene Moderatorin, Samantha Leeds Wheeler, im Visier eines mordenden Psychopathen gestanden hatte. Zum Glück war Dr. Sam noch am Leben und konnte den Leuten, die sie in ihrer Show anriefen, mit Ratschlägen zur Seite stehen.
Auf den Straßen herrschte kaum Verkehr. Doch als Montoya an der St.-Marguerite-Kathedrale ankam, wimmelte es bereits von Streifenwagen mit zuckenden Lichtern, die die Straße absperrten. Ein Fahrzeug der Feuerwehr blockierte die halbkreisförmige Zufahrt, ein Rettungswagen parkte mit laufendem Motor unter einer der riesigen Lebenseichen, die rund um den Gebäudekomplex standen.
Montoya stellte den Mustang in zweiter Reihe ab und schritt auf die Kathedrale zu, ein hoch in den Himmel ragendes Bauwerk mit Türmen, einem Glockenturm und Maßwerkfenstern, die die blinkenden roten und blauen Lichter der parkenden Einsatzfahrzeuge reflektierten. Wasserspeier befanden sich hoch oben an den Dachrinnen, finstere, drachenähnliche Skulpturen, die mit verschlagenem Blick auf den heiligen Boden spähten – das Böse, das sie repräsentierten, war ein starker Kontrast zu dem Kreuz, das hoch über der höchsten Kirchturmspitze aufragte.
Vor der breiten, zweiflügeligen Eingangstür blieb Montoya stehen, gerade lange genug, um sich einen Überblick über den Ort des Verbrechens zu verschaffen und sich von einem der uniformierten Beamten, die den Tatort bewachten, ins Bild setzen und sich den Weg beschreiben zu lassen. Anschließend betrat er die große Kathedrale, ging bis zu einer Seitentür und durch einen Bogengang zu der kleineren Kapelle, die, angeschlossen an den Konvent mit dem Wohnbereich der Nonnen, dem Büro der Mutter Oberin und den etwas abseits gelegenen Priesterwohnungen, von Gartenanlagen umgeben war.
Als er eintrat, wurde er von einer Welle der Nostalgie überwältigt und in seine Jugend zurückgeworfen, als seine Mutter jeden Sonntag mit ihm und seinen Geschwistern zur Messe gegangen war – der Geruch nach Weihrauch und brennenden Kerzen, deren winzige Flammen ein flackerndes Licht und Schatten an die Wände warfen, die gedämpften Stimmen, das hohe Gewölbe mit den schmalen, langgezogenen Buntglasfenstern darunter.
Sein Blick fiel auf das riesige Kruzifix, das von der Decke hing, und er bekreuzigte sich, mehr aus Gewohnheit denn aus echter Überzeugung.
Die Beamten sprachen im Flüsterton mit verschiedenen Leuten, die an der Rückseite der Kapelle standen, doch Montoya ignorierte sie, da er soeben Rick Bentz, seinen langjährigen Partner beim NOPD , entdeckt hatte.
Bentz stand neben dem Altar. Er war gut fünfzehn Jahre älter als Montoya, gehörte fast schon einer anderen Generation an. Zusammen mit seiner zweiten Frau hatte er vor knapp einem Jahr ein Kind bekommen, und der Schlafmangel zeigte sich deutlich an den Falten auf seinem markanten Gesicht und den immer stärker ergrauenden Schläfen. Er humpelte leicht, was von einer früheren Verletzung herrührte, doch ansonsten war sein Körper so durchtrainiert und muskulös wie der eines Schwergewichtsboxers. Heute Nacht trug Bentz Jeans und ein T-Shirt, über das er eine Jacke gezogen hatte. Mit finsterem Blick starrte er auf den Fußboden neben dem Altar.
Montoya eilte den breiten Mittelgang entlang. Das Opfer lag vor der ersten Bankreihe. Sein Gesicht war mit einem Altartuch bedeckt, unter dem dunkle Haarsträhnen hervorlugten. Der Körper der Frau schien zurechtgelegt worden zu sein: Die Arme waren vor der Brust gefaltet, die Finger um einen hölzernen Rosenkranz geschlungen. Sie trug
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