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Désirée

Désirée

Titel: Désirée Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemaire Selinko
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legte sie Rouge auf. Die Scheidung musste verhindert werden, Napoleon sollte zuerst mit ihr allein sprechen, bevor ihn Joseph beeinflussen konnte. Kaum war Josephines Wagen außer Sehweite, so fuhr Napoleons Extrapost in der Rue de la Victoire vor. Die beiden Wagen waren dichtaneinander vorübergefahren. Napoleon sprang heraus, die beiden Brüder liefen ihm entgegen, gegenseitiges Schulterklopfen folgte. Dann schlossen sich die drei in einem der kleinen Salons ein.
    Um die Mittagsstunde kehrte eine erschöpfte Josephine zurück und öffnete die Tür des Salons. Napoleon musterte sie von oben bis unten. »Madame, wir haben einander nichts mehr zu sagen, ich leite morgen die Scheidung ein und wäre ihnen dankbar, wenn Sie inzwischen Wohnsitz in Malmaison nehmen würden. Ich werde mich inzwischen um ein neues Haus für mich umsehen.« Josephine schluchzte auf. Napoleon wandte ihr den Rücken zu, und Lucien geleitete sie in ihr Schlafzimmer hinauf. Die drei Brüder Bonaparte setzten ihre stundenlange Beratung fort, später nahm auch Exminister Talleyrand daran teil. Inzwischen hatte sich in Paris wie ein Lauffeuer die Nachricht verbreitet, General Bonaparte sei siegreich aus Ägypten heimgekehrt. Neugierige scharten sich um sein Haus, eifrige Rekruten tauchten auf und schrien »Vive Bonaparte!«, und Napoleon zeigte sich am Fenster und winkte hinunter. Josephine saß unterdessen auf ihrem Bett und schüttelte sich in Weinkrämpfen, während ihre Tochter Hortense versuchte, ihr beruhigenden Kamillentee einzuflößen. Erst um die Abendstunden blieben Bourrienne und Napoleon allein. Napoleon begann Briefe an zahllose Abgeordnete und Generäle zu diktieren, um ihnen seine glückliche Heimkehr persönlich mitzuteilen. Dann erschien Hortense bei ihm – noch immer eckig und mager, noch immer farblos und schüchtern, aber bereits wie eine junge Dame gekleidet. Die lange, etwas hängende Nase gab ihrem Gesicht etwas Altkluges. »Könnten Sie nicht mit Mama sprechen, Papa Bonaparte?«, flüsterte sie. Aber Napoleon verscheuchte sie nur wie eine lästige Fliege. Erst um Mitternacht entließ er Bourrienne. Während er nochnachdachte, auf welchem der gebrechlichen Goldsofas er sein Nachtlager aufschlagen sollte, da sich Josephine noch immer im Schlafzimmer aufhielt, unterbrach lautes Schluchzen vor der Tür seine Überlegungen. Er ging rasch zur Tür und versperrte sie. Josephine stand volle zwei Stunden vor dieser Tür und weinte. Dann öffnete er. Am nächsten Morgen erwachte er in Josephines Schlafzimmer. Diese Ereignisse hat Julie, die sie von Joseph und Bourrienne hörte, brühwarm berichtet. »Und weißt du, was Napoleon zu mir gesagt hat?«, setzte sie noch hinzu. »Er hat gesagt: ›Julie, wenn ich mich von Josephine scheiden lasse, weiß ganz Paris, dass sie mich betrogen hat und lacht mich aus. Bleibe ich jedoch bei ihr, dann wird man einsehen, dass ich meiner Frau nicht das Geringste vorzuwerfen habe und dass es sich nur um böswilliges Gerede gehandelt hat. Ich darf mich jetzt unter keinen Umständen lächerlich machen.‹ – Eine merkwürdige Einstellung, findest du nicht, Désirée?« Dann plapperte sie weiter. »Junot ist auch aus Ägypten zurückgekommen. Und Eugène de Beauharnais. Überhaupt, beinahe täglich landen jetzt heimlich Offiziere der ägyptischen Armee in Frankreich. Junot hat uns erzählt, dass Napoleon in Ägypten eine blonde Geliebte zurückgelassen hat. Eine gewisse Madame Pauline Fourès, die er ›Bellilote‹ genannt hat. Sie ist die Frau eines jungen Offiziers und hat ihren Mann heimlich nach Ägypten begleitet. In eine Uniform verkleidet, stell dir das vor! Als Napoleon seinerzeit Josephs Brief über Josephine erhielt, ist er zuerst zwei Stunden wie ein Wahnsinniger vor seinem Zelt auf und ab gelaufen, dann hat er sich diese Bellilote kommen lassen und mit ihr soupiert.« – »Was ist jetzt aus ihr geworden?«, fragte ich. Julie begann zu lachen. »Sie sagen – Junot und Murat und die anderen –, dass Napoleon sie gleichzeitig mit dem Oberkommando über die Armee in Ägypten seinemNächstkommandierenden übergeben hat.« – »Und wie sieht er aus?« – »Der Nächstkommandierende?« – »Sei nicht dumm, Napoleon natürlich!« Julie wurde nachdenklich. »Du – er hat sich verändert. Vielleicht hängt es mit seiner Frisur zusammen, er hat sich ja in Ägypten die Haare abschneiden lassen, und sein Gesicht wirkt dadurch voller und weniger unregelmäßig. Aber es ist nicht nur das, nein –

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