Desperado der Liebe
vorbereitet worden war, sagte er, daß er sie in einer Stunde zum Lunch im Restaurant des Hotels abholen werde, und ließ sie dann allein.
Als Mr. Gideon gegangen war, schlüpfte Araminta rasch aus ihren Kleidern, die von der Fahrt über die staubigen Straßen von Texas stark verschmutzt waren, und ließ sich dankbar in die Wanne sinken, die bis zum Rand mit wohlig heißem Wasser gefüllt war. Sie seifte sich großzügig ein und genoß das wohltuende Gefühl. Ihr letztes heißes Bad lag schon eine Ewigkeit zurück, denn in ihrer dürftigen Unterkunft in New York war sie gezwungen gewesen, sich im Waschbecken zu waschen. Doch vielleicht war eben dies der Grund, weshalb sie sich ein wenig dafür schämte, daß ihr Großvater Mr. Gideon angewiesen hatte, eine ganze Hotelsuite für diesen Nachmittag zu mieten, nur damit sie sich frisch machen und ein wenig ausruhen konnte nach der langen Zugfahrt. Es erschien ihr sowohl verschwenderisch wie extravagant, ein Luxus, den sich nur sehr reiche Leute leisten konnten. Doch andererseits war ihr Großvater vermögend, einer der wohlhabendsten Männer in Texas, vielleicht sogar des ganzen Landes; seine Macht und sein Einfluß reichten weit und verliehen ihm eine bedrohliche Aura. Verbunden mit seinem energischen Auftreten und seiner beherrschenden Persönlichkeit machte ihn das zu einem Mann, dem sich selbst seinesgleichen nicht in den Weg zu stellen wagten.
Doch Rigo del Castillo, der aufgrund ihres Namens und der Begleitung durch Mr. Gideon um ihr verwandtschaftliches Verhältnis zu Noble Winthrop gewußt haben mußte, schien nicht im mindesten entmutigt davon, daß er sich mit seinem Verhalten den Zorn ihres Großvaters zuzog. Araminta schloß die Augen und ließ sich tiefer in das heiße Wasser sinken, und als sie sich an den müßigen, musternden Blick des Generals erinnerte, überkamen sie wohlige, prickelnde Schauer. Er war gewiß alles andere als ein Gentleman, dachte sie bei sich. Mr. Gideon hatte ganz recht daran getan, ihn ihr nicht vorzustellen; er war kein Mann, dessen Bekanntschaft eine anständige Frau suchen sollte. Doch als sein großes dunkles und attraktives Bild ungebeten vor ihrem geistigen Auge aufstieg, erzitterte sie erneut wie vorhin, als sie seine Hand berührt hatte, und das verstörte sie zutiefst. Sie begriff nicht, wieso ein Mann von solch zweifelhaftem Ruf und Manieren eine derartig sonderbare und beunruhigende Wirkung auf sie hatte. Die Reise mußte sie doch mehr mitgenommen haben, als sie bisher geglaubt hatte. Vielleicht hatte ihr Großvater dies vorhergesehen und deshalb für eine erholsame Reisepause gesorgt, ehe sie zur High Sierra weiterfuhr. Wenn dem so war, dann dachte er doch mehr an sie und war ihr doch mehr gewogen als angenommen. Vielleicht hatte er sich ja in all den Jahren geändert und war milder gestimmt. Doch wenn das der Fall gewesen wäre, dann hätte Mr. Gideon ihr doch nicht anraten müssen, ihrem Großvater die Begegnung mit Rigo del Castillo zu verschweigen.
Araminta hätte gerne den Grund für die Feindschaft der beiden Männer gewußt, und als sie an das Auftreten des Generals dachte, begann sie zu zittern. Nein, Rigo del Castillo war nicht der Mann, der feige vor ihrem Großvater zurückweichen würde; viel wahrscheinlicher war ihrer Einschätzung nach das genaue Gegenteil - er war ein Mann, dem es große Befriedigung verschaffte, seinen Gegner anzugreifen und zu besiegen. Vielleicht, dachte Araminta, hatte er genau gewußt, wer sie war, ehe er sie angesprochen hatte. Und wenn, dann hatte er sich ihr möglicherweise sogar in einer ganz bestimmten Absicht genähert und ihre Handschuhe waren nichts weiter als ein willkommener Vorwand gewesen. Durchaus denkbar, daß er mit dem unverschämten Blick eine Konfrontation mit ihrem Großvater hatte heraufbeschwören wollen.
Sie beschloß, ihr Versprechen gegenüber Mr. Gideon zu halten und nichts zu sagen. Es machte keinen Sinn, mit ihrem Großvater auf dem falschen Fuß neu zu beginnen; und zudem wollte sie von Rigo del Castillo nicht als Schachfigur benutzt werden, welches Spiel er auch immer spielen mochte. Mit diesem Entschluß beendete Araminta ihr Bad und trocknete sich ab. Sie fühlte sich schon viel munterer. Nachdem sie sich umgezogen hatte, bürstete sie ihr langes blondes Haar so lange, bis es golden glänzte, und band es dann zu einem schlichten Knoten. Etwas Puder und ein paar Tupfer Gardenien-Parfüm hinter die Ohrläppchen und auf die Handgelenke
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