Desperado der Liebe
Kindheit, und sie kamen ihr unweigerlich über die Lippen, als sie höflich nickte als Geste des Dankes und des Abschieds. Dennoch verriet die Art, wie sie ihre Handschuhe drehte und drückte, während sie ihm dankte, unbewußt ihren inneren Aufruhr, was dem abschätzenden Blick des Fremden nicht entging.
Er lächelte spöttisch wie über einen privaten Scherz. Beschämt spürte Araminta, wie sie noch tiefer errötete. Sie konnte einfach nicht verstehen, weshalb er sie so sehr aus der Fassung brachte. Es war ganz und gar unerklärlich. Er war ein völlig Fremder und ganz sicher niemand, mit dem sie näher Bekanntschaft schließen wollte. Dieser Gedanke wurde noch bestärkt, als Mr. Gideon leise vor sich hin fluchend erschien und ihre erröteten Wangen sah und den Mann, der der Grund dafür war. Dem Fremden knapp zunickend, wandte er sich an Araminta.
Ich bitte vielmals um Entschuldigung, daß ich Sie habe warten lassen, Miss Winthrop. Unglücklicherweise gab es eine kleine Verzögerung beim Empfang, ein ärgerlicher Irrtum be-züglich Ihrer Suite, was meiner Intervention bedurfte. Ich hoffe doch, Sie haben dadurch keine Unannehmlichkeiten gehabt?«
Nein. Dieser... Gentleman hat mir nur meine Handschuhe nachgebracht, die ich unachtsamerweise liegengelassen hatte.« Es war Araminta nicht entgangen, daß Mr. Gideon den Fremden weder angesprochen noch sich ihm vorgestellt hatte.
Eine eigentümliche Spannung herrschte zwischen den beiden Männern ; gewiß kannten sie sich und waren einander alles andere als wohlgesonnen.
Nochmals vielen Dank, Señor«, murmelte Araminta has tig, weil sie jeden Ärger vermeiden wollte. »Und nun, Mr. Gideon, wenn Sie mir bitte mein Zimmer zeigen würden. Ich hin müde und hungrig. Ich möchte mich gern ein wenig frisch machen und dann das von Ihnen versprochene Essen genießen.«
Aber sicher, Miss Winthrop. Wenn Sie mir bitte hier entlang folgen wollen.« Noch einmal kurz dem Fremden zunickend, nahm er sie sanft beim Arm.
Als Araminta sich für einen Moment zu ihm umwandte, sah sie etwas Hartes und Bedrohliches in den Augen jenes Mannes aufblitzen, ehe er sie erneut mit einem sardonischen Lächeln bedachte, auf gekonnte, militärische Weise die Hacken zusammenschlug und sich höflich verbeugte. Irgendwie wußte Araminta, ohne sich ein weiteres Mal zu ihm umzuschauen, daß er ihr und Mr. Gideon nachsah, als sie die Treppe hinaufstiegen.
»Miss Winthrop«, begann Mr. Gideon, als sie im zweiten Stock angelangt waren und den schmalen Flur zu ihrer Suite hinuntergingen. »Normalerweise würde ich es mir niemals anmaßen, Sie mit einem Rat zu behelligen, in diesem Fall jedoch denke ich, daß es sich nicht vermeiden läßt. Es wäre das beste, wenn Sie... nun ja, wenn Sie Ihrem Großvater gegenüber nicht erwähnen würden, daß Sie General del Castillo begegnet sind.«
»General del Castillo?« unterbrach Araminta ihn erschrocken. Ihrer Meinung nach war der Mann schätzungsweise Anfang Dreißig, eindeutig zu jung für einen derart hohen militärischen Rang. »Demnach ist er ein Offizier der Armee?«
»Nein, er ist ein Guerilla, ein Revoluzzer, und als solcher nicht besser als ein Bandolero, ein Desperado, in Rebellion gegen die offizielle Regierung Mexikos und der Armee, den Federales. Zudem ist er aus Gründen, die ich selber nicht genau kenne und über die ich Sie daher auch nicht aufklären kann, ein erbitterter Feind Ihres Großvaters und der Familie Hobart. Sie erinnern sich vielleicht noch an die Hobarts, die engsten Freunde Ihres Großvaters, die auf der Nachbarranch leben. Und deshalb möchte ich Ihnen auch dringend davon abraten, Ihrem Großvater von Ihrer Begegnung mit dem General zu berichten. Rigo del Castillo ist kein geziemender Umgang für Sie, und Ihr Großvater wäre sicher außer sich, wenn er erführe, daß der General Sie angesprochen hat, wie harmlos und zufällig es auch immer gewesen sein mag.«
»Ich verstehe, und ich weiß Ihren Rat zu schätzen, Mr. Gideon. Ich möchte Großvater nicht verärgern, also werde ich ihm nichts davon sagen, ich verspreche es Ihnen.«
Inzwischen waren sie bei der Suite angelangt, Mr. Gideon schloß die Tür auf und ließ Araminta den Vortritt in den weitläufigen, elegant im mexikanischen Stil eingerichteten Salon. Dann ging Mr. Gideon hinüber zur Doppeltür, die zum ebenso geräumigen Schlafzimmer führte, und öffnete sie ebenfalls. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß Aramintas Gepäck heraufgeschafft und das Bad
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