Desperado der Liebe
es nicht Liebe, sondern Stolz und Eitelkeit war, was ihn bewogen hatte, sie auf seine Ranch zurückzuholen. Er war ein Herrscher ohne Erben, abgesehen von ihr. Sie war die Letzte der Winthrops, die Letzte seines Blutes. Als Egomane konnte er die Vorstellung nicht ertragen, nach seinem Tod nicht durch sie und die High Sierra weiterzuleben. Dennoch fand es Araminta verlockend, die Ranch und all das viele Geld zu erben, vor allem nach der Armut, die sie in New York erlebt und selber erlitten hatte. Für jede andere junge Frau wäre dies sicherlich Grund genug, dem Großvater seinen Willen zu lassen und die Zukunft zu akzeptieren, die er für ihr Leben vorherbestimmt hatte; eine Zukunft, die genau dem entsprach, was sich die meisten Frauen wünschten. Was stimmte nicht mit ihr, fragte sich Araminta, daß sie mehr als das erwartete?
Doch sie wußte die Antwort darauf bereits,- sie mußte nur an den Glanz der Liebe denken, der wie Sonnenschein von ihren Eltern ausgestrahlt worden war. Doch ihr Großvater, dessen war sie sich bewußt, würde ihre wehmütige Sehnsucht niemals begreifen und sie wohl als romantischen Unsinn abtun ; und ganz sicher würde er ihr sagen, sie solle sich diese närrischen Flausen aus dem Kopf schlagen.
Mit einem tiefen Seufzer beugte sie sich vor und blies die Lampe neben ihrem Bett aus, schlüpfte in das wunderschöne Bett, das die Mitte des Zimmers einnahm, und zog sich die Bettdecke über. Durch die offenen Flügeltüren, die zum Balkon führten, wehte der Nachtwind herein, kühl und willkommen nach diesem heißen Tag, und blähte sanft die Vorhänge. In ihrem vertrauten Zimmer und dem vertrauten Bett fühlte sich Araminta wieder wie damals als Kind; und als sie an ihre Eltern und die tragischen Wendungen dachte, die ihr Leben genommen hatte, wurde sie von einer großen Woge der Trauer und Einsamkeit verschlungen.
In der Ferne rief eine Eule, ein Habicht krächzte, ein einsamer Wolf oder Hund jaulte den Mond an ; es war ein eindringliches, verzweifeltes Jaulen wie ein Echo ihrer eigenen Einsamkeit und ihres Kummers. Die Tränen traten ihr in die Augen ; sie vergrub das Gesicht im Kissen, um ihr Schluchzen zu dämpfen, und weinte sich in den Schlaf.
4. Kapitel
Schon bald waren Aramintas Tage so ausgefüllt, daß ihr kaum Zeit zum Grübeln blieb. Sie hatte sich den hübschen Rotschimmel Wüstenrose ausgesucht, dessen Mähne und Schweif cremefarben waren; und auch wenn sie nun nicht mehr früh aufstehen mußte, war sie dennoch beim ersten Morgengrauen auf den Beinen und erkundete auf ihren morgendlichen Ausritten das Umland der Ranch. Und je mehr sie von der Gegend sah, desto mehr fühlte sie sich zu ihr hingezogen und empfand eine tiefe Verbundenheit mit dem Land, als sei sie damit geboren worden, als läge es ihr im Blut; und dies gab ihr Kraft und einen tröstenden inneren Frieden, wie sie ihn bislang noch nicht erlebt hatte. Nun begann sie zu verstehen, was ihrem Großvater damals so sehr an diesem Land gefallen hatte, daß er alle Unbill und Not in Kauf genommen und überstanden hatte. Das Land war auf eine rauhe, ungezähmte Weise schön, die etwas Tiefes und Atavistisches in ihr ansprach - ein Land, das es zu erobern und zu bezwingen galt, ohne daß es sich jemals wirklich unterwerfen ließ, wo die Sonne grell und heiß vom türkisblauen Firmament herabbrannte; wo sich der Regen urplötzlich aus dunklen, drohenden Wolken ergoß, die sich aus dem Nichts am Himmel auftürmten und aus denen Blitze und sonderbare blaue Feuer hervorbrachen, die zwischen den Hörnern der Rinder flirrten; wo von Norden her grimmige Winde peitschten und kleine Wirbelstürme tanzen ließen. Araminta fühlte sich davon herausgefordert und in Hochstimmung versetzt. Sie war sicher, daß es nichts auf der Welt gab, was sich mit einem wilden und ungestümen Ritt über die schier endlose Prärie vergleichen ließ, den Wind im Gesicht und Haar. Es war, als würde sie fliegen und doch mit der Erde verbunden sein.
Dennoch vergaß sie niemals die Gefahren, die dieses Land barg, und so hatte sie stets Pistole und Gewehr bei sich, wenn sie ausritt; beides hatte ihr Großvater ihr gegeben und ferner darauf beharrt, daß sie lernte, mit den Waffen umzugehen. Sie verfügte über ein gutes Sehvermögen und eine ruhige Hand, und mit einiger Übung verstand sie sich schon recht bald vortrefflich aufs Schießen.
Lieber jedoch waren ihr ihre Malutensilien - Skizzenblock, Leinwand, Kreide, Wasser- und Ölfarben -, die sie stets
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