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Desperado der Liebe

Titel: Desperado der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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Tusche entschieden, und so konnte sie sich Zeit lassen beim Malen und Fehler ausbessern. Für gewöhnlich zog sie Tusche vor, weil die Farben leichter und zarter waren, fast ätherisch, doch das Bild, das ihr vorschwebte, schien die Dichte und Kraft der Ölfarben zu erfordern.
    Da Judd soviel von ihrer Zeit in Beschlag nahm, hatte Araminta daran festgehalten, bereits frühmorgens auszureiten, um ein wenig Zeit für sich allein zu haben. Zwar hatte ihr Großvater zunächst darauf beharrt, sie solle sich von einem der Arbeiter begleiten lassen, aber auf die eine oder andere Weise war es ihr bisher stets gelungen, sich heimlich und allein davonzustehlen, und schließlich hatte Noble aufgegeben, wenn auch murrend. Um ihn zu beruhigen, hinterließ Araminta stets eine Nachricht, in welche Richtung sie ausritt, damit ihr Großvater, falls sie einmal nicht zum erwarteten Zeitpunkt zurück sein sollte, wußte, wohin er seine Suchtruppe aussenden mußte. Dennoch sorgte er sich weiterhin so sehr um ihre Sicherheit, daß sie es schon übertrieben fand. Allerdings wußte sie nicht, ob seine Besorgnis daher rührte, weil er ihre Selbständigkeit nicht mochte oder sich tatsächlich etwas aus ihr machte. Sie zog es vor, letzteres anzunehmen. Und doch minderte dies nicht ihr zeitweiliges Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen und zu ersticken, wenn sie nicht einige Stunden ganz allein für sich hatte, um malen, nachdenken und träumen zu können.
    Sie war es gewohnt, allein zu sein, und brauchte es wie die Blumen den Regen. Auf der Ranch war sie so gut wie nie ungestört. Selbst wenn ihr Großvater und Judd nicht da waren, war sie ständig von Bediensteten, allesamt Mexikaner, umgeben, die darauf bedacht waren, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Mit den wenigen Brocken Spanisch, die sie sprach, konnte sie ihnen nicht klarmachen, daß es nicht nötig war, sie wie eine Königin zu behandeln. In ihren Augen war sie jedoch eine Königin, und vielen von ihnen, wie etwa Teresa, war sie noch aus Kindertagen ans Herz gewachsen, als sie mit ihren Eltern auf der High Sierra gelebt hatte. Von ihnen zu verlangen, sie mögen sie in Ruhe lassen, hätte sie nur verletzt und verwirrt, das war Araminta klar. Und so nahm sie es hin, im Wissen, daß die Beflissenheit der Bediensteten aus Liebe herrührte, aus reiner Freundlichkeit und dem Wunsch, es ihr recht zu machen,- und weil sie wußte, wie ungehobelt und undankbar sie erscheinen würde, wenn sie sie zurückwies.
    An diesem Morgen genoß sie ihre Einsamkeit, vergaß die Zeit und sogar die Welt um sich herum, bis auf das, was sie malte. Kritisch betrachtete sie ihr Bild auf der Staffelei aus jedem Blickwinkel. Es war ein gelungenes Gemälde, vielleicht das beste, das sie je gemalt hatte. Es zeigte den Sonnenaufgang am östlichen Horizont, die rosa und goldenen Streifen im Blau des Himmels hinter den Büschen und Mesquitebäumen, die das Bachufer säumten, an dem sie stand. Die Sonnenstrahlen drangen durch das Geäst der Bäume und glitzerten auf dem Wasser, als wäre die Oberfläche mit vielen kostbaren Edelsteinen übersät. Dahinter erstreckte sich die Ebene, das hohe, verdorrte Gras wurde von der Sonne berührt, als stünde es in Flammen. Als erstes hatte sie den Sonnenaufgang gemalt, um ihn so getreu wie nur möglich einzufangen; der Rest des Bildes war noch unvollendet. Doch da sie das Wesentliche des Anblicks bereits auf die Leinwand gebannt hatte, konnte sie sich nun Zeit lassen. Und so beschloß sie, eine Pause einzulegen und sich das Frühstück zu gönnen, das sie in einen Korb gepackt hatte, bevor sie von der Hacienda aufgebrochen war. Leise vor sich hin summend, legte sie Palette und Pinsel beiseite und beugte sich über den Bach, um sich Gesicht und Hände zu waschen. Das Wasser fühlte sich kühl und gut an auf ihrer Haut, als sie sich die Farbe vom linken Unterarm wusch. Als sie sich wieder aufrichtete, erblickte sie am unteren Bachufer Rigo del Castillo auf einem schwarzen Hengst - ein Anblick, als würde ihr der Leibhaftige gegenüberstehen. Erschrocken fuhr sie zusammen, denn sie hatte ihn nicht kommen hören. Sie fragte sich, ob er ihr etwas antun würde. Schließlich war er der verhaßte Feind ihres Großvaters und Judds. Ihr erster Impuls war zu fliehen, aber sie wußte, daß er sie spielend leicht einholen würde. Flüchten war zwecklos - zumindest für den Augenblick. Dennoch wich Araminta ängstlich vor ihm zurück und versuchte, zu ihrem Pferd zu gelangen.
    »Was tun Sie hier?«

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