Desperado der Liebe
fragte sie. »Wo kommen Sie her? «
Er lachte. »Werte Señorita Winthrop, Sie sehen mich ja an, als hätte ich Hörner und einen Klumpfuß. Ich bin mir ja bewußt, daß mich so mancher für den Teufel persönlich hält, aber glauben Sie denn wirklich, ich könnte aus dem Nichts auf tauchen?«
»Nein, das glaube ich natürlich nicht«, entgegnete sie wütend, weil er sich über sie lustig machte, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Sie haben mich nur erschreckt, das ist alles. Ich habe Sie nicht bemerkt.«
»Bestimmt nur, weil Sie sich gerade gewaschen haben.« Er trieb sein Pferd durch den Bach. Als er dann zwischen ihr und ihrem Pferd stand - und ihr damit wirkungsvoll die einzige Fluchtmöglichkeit vereitelte -, stieg er lässig ab, und ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Ich bitte vielmals um Vergebung, daß ich Sie erschreckt habe, Señorita. Es lag ganz gewiß nicht in meiner Absicht. So wie Sie auch, liebe ich einen Ausritt zu morgendlicher Stunde. Ich habe Sie zufällig hier gesehen und nahm mir die Freiheit, mich zu Ihnen zu gesellen.«
»Ungebeten und zudem auf dem Gebiet der High Sierra? Sie sind unerlaubt hier eingedrungen, das wissen Sie. Sind Sie immer so unverschämt, General?«
»Genaugenommen war ich nicht auf dem Gebiet der High Sierra, bis ich den Bach überquert habe, der die Grenze zwischen dem Land Ihres Großvaters und... meinem bildet. Meine Ranch, die Casa Bianca, ist natürlich nicht so groß wie die High Sierra, doch wenn ich in Texas weile, nenne ich sie mein Zuhause. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Ja, wenn es mir beliebt, bin ich einer Unverschämtheit keineswegs abgeneigt, wie Ihnen gewiß schon zu Ohren gekommen sein dürfte.«
Mit einer derartigen Unverblümtheit hatte Araminta nicht gerechnet. Von jemandem wie Rigo del Castillo, einem Mann mit äußerst zweifelhaftem Ruf, hätte sie erwartet, daß er, wenn er auch nicht log, so doch zumindest heuchelte oder sich verstellte. Seine Aufrichtigkeit überraschte sie ebenso wie die Tatsache, daß das Land ihres Großvaters direkt an das des Generals anschloß, was ihr bis jetzt niemand gesagt hatte. Aber trotz der Offenheit und scheinbaren Freundlichkeit des Generals blieb sie weiterhin auf der Hut.
»Und woher wissen Sie, daß ich morgens hier ausreite?« fragte sie unwirsch.
»Ich habe es mir zur Gepflogenheit gemacht, alles über meine Feinde zu wissen.«
Bei dieser Antwort erschrak sie. Zum erstenmal verfluchte sie, daß sie nicht in Begleitung ausgeritten war. Nun sah sie ihre Torheit ein. Sie war hier draußen ganz allein mit Rigo del Castillo. Sollte der General handgreiflich werden, wäre sie ihm vollkommen ausgeliefert. Ihr Gewehr steckte im Sattelhalfter und ihre Pistole im Gurt, den sie vorhin abgelegt und über den Sattelknauf gehängt hatte. Da del Castillo ihr weiterhin den Weg zu ihrem Pferd versperrte, war es ihr unmöglich, dieses zu erreichen. Und so blieb ihr zur Selbstverteidigung nur das kleine, stumpfe Spachtelmesser, das sie benutzte, wenn sie mit Ölfarben malte - wohl kaum eine tödliche Waffe. Bis zu seiner Bemerkung über seine »Feinde« hatte sie nicht wirklich angenommen, daß er ihr etwas antun wollte. Trotz allem, was sie über ihn gehört hatte, konnte sie einfach nicht glauben, daß er sie tatsächlich angreifen oder gar töten würde. Doch nun verspürte sie einen Anflug von Furcht.
»Demnach zählen Sie mich zu Ihren Feinden?« fragte sie zaghaft.
»Nein, noch nicht. Aber kommen Sie, Señorita, Sie haben doch gewiß die letzten Monate nicht auf der High Sierra gelebt, ohne mitbekommen zu haben, wie übel mir Ihr Großvater und besonders Judd Hobart gesinnt sind. Die beiden würden mich nur zu gern am Galgen baumeln sehen.«
»Was haben Sie denn anderes erwartet?« Bereits als ihr diese Entgegnung herausrutschte, verdammte sich Araminta im stillen für ihre tödliche Unverfrorenheit. Es war alles andere als ratsam, einen Mann wie ihn auch noch zu reizen, besonders da sie ihm vollkommen schutzlos ausgeliefert war. »Sie stehlen ihre Pferde und Rinder, plündern und brennen ihre Stallungen nieder...«
»Und das sind Ihrer Meinung nach schändliche Verbrechen, nicht wahr?« fiel ihr der General barsch ins Wort, ohne ihre Anschuldigungen zu bestätigen oder abzustreiten. »Aber was ist mit Ihrem Großvater und seinesgleichen, Männern wie Frank und Judd Hobart, die fett und reich werden, indem sie Mexiko das Blut aussaugen? Oder verschließen Sie vor diesem Verbrechen lieber die
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