Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege
Schließlich kurbelte ich das Fenster auf der Beifahrerseite herunter und machte ihr ein Zeichen, näher zu kommen.
»Alles in Ordnung ?« fragte ich.
Althea nickte und sagte dann scheu: »Wenn ich groß bin, möchte ich werden wie du .«
»Gute Idee«, lobte ich. » Paß mal auf. Heute in zwanzig Jahren kommst du zu mir ins Büro. Dann machen wir einen Partnerschaftsvertrag .«
»In Ordnung«, sagte sie ernst, und wir besiegelten die Abmachung mit einem Handschlag.
Die Parker-Flinte
Die Weihnachtsfeiertage kamen und gingen vorüber, und das neue Jahr hielt Einzug. Es war Januar in Kalifornien und so schön, wie es in diesem Monat nur sein konnte: kühl, klar und grün, mit einem Himmel in der Farbe von Glyzinien und einer Meeresbrandung, die donnernd an die Küste rollte.
An jenem Montagmorgen saß ich in meinem Büro, hatte die Beine hochgelegt, und sann gerade darüber nach, was das Leben wohl noch zu bieten hatte, als eine Frau aufgeregt hereinstürmte und eine Fotografie auf meinen Schreibtisch schleuderte. Meine Bekanntschaft mit einem Schrotgewehr der Marke >Parker< begann also mit der fotografischen Darstellung seiner Wirkung. Im vorhegenden Fall war die Flinte offenbar aus nächster Nähe auf einen vormals recht gut aussehenden Mann abgefeuert worden. Das Gesicht des Opfers war fast unversehrt geblieben, doch für einen Kamm hatte er nun keine Verwendung mehr. Es fiel mir schwer, Gleichmut zu heucheln, als ich zu meiner Besucherin aufsah.
»Man hat meinen Mann umgebracht !«
»Das ist nicht zu übersehen«, erwiderte ich.
Die junge Witwe riß das Foto wieder an sich und starrte darauf, als wolle sie sich alle Einzelheiten genau einprägen. Ihr Gesicht war gerötet, und sie blinzelte vehement, um die Tränen zurückzuhalten. »Mein Gott, Rudd ist fünf Monate tot, und die Polizei produziert nur Scheiße. Ich habe es so satt, mit Floskeln abgespeist zu werden, daß ich schreien könnte .«
Sie sank abrupt auf einen Stuhl und preßte die Hand vor den Mund, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Sie mochte etwa Ende Zwanzig sein und war auffallend hübsch. Ihr Haar hatte die Farbe von Coca-Cola mit Kirschgeschmack und fiel glatt bis auf die Schultern. Mit ihren großen rehbraunen Augen und vollen Lippen sah sie aus wie Schneewittchen auf einem Vierfarbendruck, obwohl sie ganz offensichtlich nicht geschminkt war. Nach ihrer Figur zu schließen war sie im siebten Monat schwanger, also noch nicht unförmig, aber rundlich. Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, stellte sie sich als Lisa Osterling vor.
»Das ist ein Polizeifoto«, stellte ich fest. »Wie sind Sie dazu gekommen ?«
Lisa kramte ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und putzte die Nase. »Ich habe da so meine Methoden«, murmelte sie düster. »Ich kenne den Fotografen und habe das Bild geklaut. Ich lasse es vergrößern und häng’s mir an die Wand, damit ich nichts vergesse. Die Polizei hofft noch immer, daß ich die Sache auf sich beruhen lasse, aber da haben sie sich getäuscht .« Ihre Lippen begannen erneut zu zucken, und Tränen tropften auf ihren Rock, als wäre die Decke in meinem Büro leck.
»Was ist denn eigentlich passiert ?« wollte ich wissen. »Normalerweise arbeitet die Polizei in dieser Stadt doch sehr effizient .« Ich stand auf, füllte einen Pappbecher an meinem Wasserspender und reichte ihn ihr. Sie murmelte einen Dank, trank aus und starrte auf den Boden des Bechers, während sie antwortete: » Rudd hat bis einen Monat vor seinem Tod mit Kokain gedealt. Die Polizei hat’s zwar nicht deutlich gesagt, aber ich weiß, daß sie ihn als kleinen Ganoven, der einem Betriebsunfall zum Opfer gefallen ist, abgeschrieben haben. So was kümmert die doch nicht. Sie hätten’s gern so hingedreht, als wäre er bei einem betrügerischen Deal ums Leben gekommen. Aber das stimmt nicht. Rudd hatte das alles aufgegeben... wegen dem hier.«
Lisa sah auf ihren gewölbten Leib hinunter. Sie trug ein hellgrünes T-Shirt mit einem Pfeil auf der Vorderseite. Über der Brust prangte in maschinengestickten Buchstaben das Wort >Hoppla !<
»Was haben Sie denn für eine Theorie ?« fragte ich. Insgeheim neigte ich bereits zur offiziellen Polizeiversion. Im Drogengeschäft ist nämlich noch niemand alt geworden. Dafür geht’s um zu viel Geld, und dafür haben zu viele Amateure ihre Finger im Spiel. Wir lebten in Santa Teresa... gut hundert Kilometer nördlich von Los Angeles, aber es gibt Regeln, die gelten überall. Und mit einer
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