Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege
Schrotladung pflegt man in der Unterwelt schlechte Geschäftsberichte zu quittieren.
»Ich habe keine Theorie. Mir gefällt nur die von der Polizei nicht. Ich möchte, daß Sie den Fall untersuchen, damit ich Rudds Namen reinwaschen kann, bevor das Baby kommt .«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich werde tun, was ich kann, aber ohne Garantie. Was ist, wenn die Polizei tatsächlich recht hat ?«
Sie stand auf und sah mich unbewegt an. »Ich habe keine Ahnung, warum Rudd sterben mußte, aber mit Drogen hatte das nichts zu tun«, erklärte sie (und wie sich herausstellte, sollte sie im großen und ganzen recht behalten). Sie machte die Handtasche auf und nahm ein Bündel Geldscheine in der Größe eines Sockenknäuels heraus. » Wieviel kriegen Sie ?«
»Dreißig Dollar pro Stunde plus Spesen.«
Lisa Osterling zog einige Hundertdollarscheine aus dem Bündel und legte sie auf den Schreibtisch.
Ich holte ein Vertragsformular aus der Schublade.
Den nächsten Hinweis auf die Parker-Schrotflinte erhielt ich in Form eines Gutachtens von einem Büchsenmacher und Waffenhändler, das ich ungefähr eine Stunde später im Heim der Osterlings entdeckte, als ich Rudds Habseligkeiten durchsuchte. Die Adresse, die Lisa Osterling mir angegeben hatte, lag in den Bluffs, einem Wohnviertel im Westen der Stadt, direkt oberhalb der Pazifikküste. Eigentlich hätte es eine vornehme Gegend sein können, doch dazu produzierte das Meer hier viel zuviel Nebel und korrodierende Salzluft. Die Anwesen waren klein und hatten Durchgangscharakter. Es sah überall so aus, als wollten die Bewohner gegen Monatsende bereits wieder die Koffer packen. Niemand schien hier je Zäune zu streichen, und die Gärten wirkten, als würden die Eigentümer den ganzen Tag am Strand verbringen. Ich war Lisa im Wagen gefolgt und hatte mir den Fall noch einmal durch den Kopf gehen lassen, während ich meinen altersschwachen VW-Käfer den Capilla Hill hinaufquälte und dann rechts in die Pesipio Mall einbog.
Der verstorbene Rudd Osterling hatte seit den sechziger Jahren in Santa Teresa gelebt, als er auf der Suche nach Sonne, guten Surfbedingungen, gutem Stoff und freiem Sex an die Westküste gekommen war. Er hatte in Campingbussen und Kommunen gewohnt, als Dachdecker, Baumpfleger, Bohnenpflücker, Koch und Gabelstaplerfahrer gearbeitet. Das alles jedoch ohne Ehrgeiz oder nachweisbaren Erfolg. Zwei Jahre vor seinem Tod hatte er begonnen, mit Kokain zu dealen. Und offenbar hatte er dabei unerwartet viel Geld verdient. Dann hatte er Lisa kennengelemt und geheiratet. Lisa wiederum war entschlossen gewesen, ihn zum Ausstieg aus dem Drogengeschäft zu bewegen. Und wenn man ihr glauben konnte, hatte Rudd sich tatsächlich gerade aus dem Kokaingeschäft zurückgezogen, als ihn die Schrotflinte ins Jenseits beförderte.
Ich bog hinter Lisas Wagen in die Einfahrt ein und betrachtete den Bungalow aus Holz und Stein, den ungepflegten Rasen und den windschiefen Gartenzaun. Hier sah es aus wie in einem jener Eigenheime, an denen ständig herumgebaut wird; und das vermutlich ohne Genehmigung und unter Mißachtung sämtlicher Bauvorschriften. In diesem Fall war neben der Garage ein neues Fundament angelegt worden, aber durch die Ritzen im Beton wuchs bereits das Gras. Ein hölzerner Schuppen war teilweise abgerissen und das alte Bauholz achtlos auf einen Haufen geworfen worden. Neben dem Haus lagen stapelweise billige Nut- und Federbretter, die von der Sonne gebleicht und stellenweise aufgeworfen waren. Es sah alles ziemlich trist und deprimierend aus, doch Lisa hatte keinen Blick dafür.
Ich folgte ihr ins Haus.
»Wir waren gerade dabei, den Bungalow zu renovieren, als er starb«, sagte sie.
»Wann haben Sie das Haus gekauft ?« Ich redete einfach drauflos, um meinen Widerwillen beim Anblick des alten Linoleumbelags zu verbergen, über den eine Ameisenstraße an Toastkrümeln und Marmeladenresten entlang bis zur Hintertür führte.
»Eigentlich gar nicht«, klärte Lisa mich auf.
»Es hat meiner Mutter gehört. Sie und mein Stiefvater sind vergangenes Jahr wieder in den Mittleren Westen zurück .«
»Und Rudd ? Hatte er hier Familie ?«
»Nein. Ich glaube, die leben alle in Connecticut. Ein eingebildeter Haufen. Seine Eltern sind tot, und seine Schwestern sind nicht mal zur Beerdigung erschienen .«
»Hatte er viele Freunde ?«
»Alle Kokain-Dealer haben Freunde .«
»Feinde?«
»Nicht daß ich wüßte .«
»Wer war sein Lieferant ?«
»Keine Ahnung.«
»Und
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