Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege
toupiertes Haar hochgesteckt und trug Schnürstiefeletten mit hohen, spitzen Absätzen. Sie wirkte auf mich wie eine Frau, die später mal ihre gesamte Rente in Schönheitsfarmen verprassen würde.
»Robert Ackerman hat mich beauftragt, seine Frau zu suchen«, begann ich.
»Der arme Mann. Ich hab’s schon gehört«, erklärte sie mit dem Mund, während ihre Augen deutlich sagten, daß sie mir bei meinem Vorhaben kaum eine Chance gab.
»Haben Sie eine Vermutung, wo sie sein könnte ?«
»Da unterhalten Sie sich am besten mit Mr. Sotherland .« Die propere Mrs. Merriman wandte sich geschäftsmäßig ab, doch ich spürte, daß sie etwas wußte und darauf brannte, weiter befragt zu werden. Ich nahm mir vor, ihr den Gefallen zu tun, sobald ich mit dem Herrn gesprochen hatte. Gerade in Kleinbetrieben herrscht meiner Erfahrung nach ein eisernes Protokoll.
Gavin Sotherland erhob sich aus seinem Drehsessel und streckte mir seine Pranke entgegen. Eine weitere Angestellte, Barbara Hemdahl , die Buchhalterin, stand gleichzeitig von ihrem Stuhl auf und entschuldigte sich. Mr. Sotherland wartete, bis sie gegangen war, dann bedeutete er mir, auf dem frei gewordenen Stuhl Platz zu nehmen. Ich sank auf das von Barbara Hemdahls Hinterteil noch warme Lederpolster; eine seltsam intime Empfindung. Insgeheim nahm ich mir vor, herauszufinden, was diese Dame wußte, und betrachtete dann interessiert den Vizepräsidenten der Firma. Die Namen und Berufsbezeichnungen der Firmenmitglieder waren kein Geheimnis, bei Sotherland konnte ich sie von einem Messingschild auf seinem Schreibtisch ablesen, die beiden Frauen trugen entsprechende Plastikschildchen wie Krankenschwestern am Revers. Soviel ich bis zu diesem Zeitpunkt mitbekommen hatte, bestand die Belegschaft der Firma einschließlich Lucy Ackerman aus vier Personen, und es war unwahrscheinlich, daß sie die Namensschildchen brauchten, um sich gegenseitig richtig anzureden. Vielleicht waren sie für Kunden gedacht, denen man nicht zutraute, ohne diese Identifikationshilfen einen vom anderen zu unterscheiden.
Gavin Sotherland war groß, von athletischer Statur, etwa fünfundvierzig, mit einer blonden Haarmähne, die am Scheitel bereits schütter wurde, und einem feuchten Händedruck. Er hatte sein Jackett abgelegt, sein vormals gestärktes Oberhemd war lasch und zerknittert, und die beige Gabardinehose wies tiefe Sitzfalten auf. Alles in allem wirkte er wie jemand, der gerade einen Kontinent per Bahn durchquert hatte. Trotzdem konnte ich ihm eine gewisse Attraktivität nicht absprechen, auch wenn er sich ganz offenbar gehenließ.
»Nett, Sie kennenzulernen, Miss Millhone. Gut, daß Sie da sind.« Seine Stimme war tief und heiser mit einem vertrauenerweckenden Timbre. Wenn ich vorgehabt hätte, ein Grundstück zu erwerben, ich hätte ihm ohne Zögern mein Geld überlassen. Seine dunklen Augen blickten ernst und sorgenvoll drein. »Soweit ich informiert bin, ist Mrs. Ackerman Freitag abend nicht nach Hause gekommen .«
»Das hat man mir berichtet«, erklärte ich. »Können Sie mir sagen, wie der Tag hier im Büro verlaufen ist ?«
Er warf mir einen prüfenden Blick zu. »Nun, ich muß Ihnen gegenüber wohl ehrlich sein. Unsere Buchhalterin ist auf Unregelmäßigkeiten bei den Kundenkonten gestoßen. Sieht so aus, als habe sich Mrs. Ackerman mit einer halben Million Dollar, die uns anvertraut war, aus dem Staub gemacht .«
»Wie hat sie das denn angestellt ?«
Ich sah Lucy Ackerman bereits vor mir, wie sie sich frei von den nervenden Bälgern am Strand von Rio aalte und einen Rumdrink aus einer Kokosnußschale schlürfte.
Mr. Sotherland sah gequält aus. »Offen gestanden ziemlich schlau sogar«, antwortete er. »Sie hat ein neues Bankkonto bei einer Filiale in Montebello eröffnet und dort zehn Schecks eingezahlt, die eigentlich auf andere Konten hatten gehen sollen. Vergangenen Freitag hat sie dann über fünfhunderttausend Dollar in bar abgehoben. Und zwar unter dem Vorwand, wir bräuchten die Summe für eine größere Immobilientransaktion. Das Kontobuch haben wir in der untersten Schublade ihres Schreibtischs entdeckt .« Er warf das Heft über den Schreibtisch. Ich fing es auf. Es war mit einer Lochzange ungültig gemacht. Ein Blick genügte, um zu sehen, daß in den vergangenen drei Monaten in Abständen zehn Einzahlungen vermerkt waren und am letzten Freitag die gesamte Summe abgehoben worden war.
»Hat denn niemand diesen Vorgang gegengeprüft ?«
»Im Juni hatten wir
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