Deus Ex Machina - Teil 2: Thriller
bis er ein endgültiges Urteil abgeben kann, und dass wir ihm einen Angehörigen zwecks Identifizierung des Leichnams schicken sollen. Ich werd mich drum kümmern.“
„Mach das. Dann lass mal hören.“
Hagner ging zurück an Rensings Schreibtisch, ließ sich auf einen Stuhl fallen und gähnte herzhaft. „Mit ziemlicher Sicherheit hat die Leiche mindestens zwölf Stunden im Wasser gelegen. Das würde bedeuten, man hat den Körper ungefähr morgens um vier ins Wasser geworfen.“
„Ist Marcks ertrunken, oder war er schon tot?“
„Wenn du dir die Leiche angesehen hättest, wüsstest du die Antwort. Ertrunken ist er mit Sicherheit nicht. Das hätte ich dir auch schon am Aasee sagen können. Nein, Martin, Marcks war schon tot. Kein Wasser in der Lunge. Und jetzt halt dich fest: Grothues geht davon aus, dass der Tod mindestens sechs Stunden, bevor man den Körper ins Wasser geworfen hat, eingetreten ist.“
„Also am späten Samstagabend“, überlegte Rensing. „Da war es noch hell. Der Mörder musste warten, bis sich am Aasee keine Menschenseele mehr herumtreibt. Stellt sich die Frage, was er in der Zwischenzeit mit der Leiche gemacht hat. Und warum musste er sie überhaupt im Aasee versenken? Wozu der Aufwand? Er hätte den leblosen Körper doch auch irgendwo anders verschwinden lassen können?“
„Gute Frage“, sagte Hagner.
„Wann sind ihm denn die Augäpfel ausgestochen worden?“
„Das macht die Sache noch mysteriöser. Laut Grothues erst unmittelbar bevor man ihn im See versenkt hat.“
„Also keine Affekthandlung. Was soll der Scheiß, Karl, kannst du mir das mal erklären? Wieso hat man einer weiteren Leiche die Augen ausgestochen?“
„Ein Trittbrettfahrer?“
„Warum dann nicht auch Beekmann und diesem Journalisten? Diesem Geerts?“
„Na ja“, druckste Hagner. „Schon mal daran gedacht, dass die Taten vielleicht in keinerlei Verbindung zueinander stehen? Was Philip Kramer für den Beekmann-Mord durchaus zu einem Verdächtigen -“
„Kramer hat nichts damit zu tun.“
„Wenn du meinst.“
„Hat Grothues die Todesursache feststellen können?“
„Da haben wir mal was ganz Neues“, berichtete Hagner. „Zunächst hat man das Opfer betäubt. Wahrscheinlich mit Chloroform. Grothues hat auch Spuren gefunden, die auf Paketklebeband hindeuten. Im Mundbereich und an den Handgelenken. Später hat man Marcks dann irgendeine Überdosis verpasst. Grothues ist noch dabei, die Wirkstoffe zu bestimmen, geht aber davon aus, dass es sich dabei um einen Cocktail aus Aufputschmitteln und Antidepressiva handelte.“
„Willkommen in Papes Hexenküche.“
Hagner nickte. „Sieht so aus. Der Dosierung nach zu urteilen, hat der Mörder gründlich gearbeitet. Eine versehentliche Vergiftung können wir ausschließen.“
„Hat die Hausdurchsuchung bei Marcks was ergeben?“
„Drogen in rauen Mengen. Schätze, Kramer hat Recht gehabt mit der Vermutung, Marcks könnte ein Kurier gewesen sein. Als Eigenbedarf geht das jedenfalls nicht durch.“
„Hat man ihn in seiner Wohnung ermordet?“
„Sieht nicht danach aus, Martin. Keine Kampfspuren.“
Rensing überlegte.
Philip Kramer hatte erklärt, Marcks habe gegen halb sieben einen Anruf bekommen. Kramers Worten zufolge, hatte Marcks im Anschluss an das Telefonat noch etwas zu erledigen gehabt.
„Er muss nach dem Spaziergang mit Kramer jemanden getroffen haben“, spekulierte Hagner, dessen Gedanken offenbar denen Rensings glichen. „Ist irgendwo hingefahren. Und da hat man ihn umgebracht. Der Mörder wartet ab, bis es schwärzeste Nacht ist, verstaut die Leiche im Kofferraum eines Autos und fährt zum Aasee.“
Rensing sah aus dem Fenster. Der graue, wolkenverhangene Himmel heute Morgen passte zu seiner Gemütsverfassung. „An dem Mord an Marcks ist irgendwas faul.“
„Inwiefern?“
„Warum hat sich der Mörder die Mühe gemacht, die Leiche im Aasee zu versenken? Er hätte doch wissen müssen, dass wir die Lage des Toten durch Handyortung bestimmen können.“
„Quatsch. Woher hätte der Mörder wissen sollen, dass Marcks´ Handy wasserdicht war?“
„Genau das ist der Punkt, Karl. Ich hab mich inzwischen beim Hersteller schlau gemacht. Dieser Handytyp ist zwar mit Gummidichtungen und Goretex-Membranen ausgestattet - das sind diese atmungsaktiven Poren, die man auch bei guten Regenjacken verwendet –, aber wasserdicht ist das Ding höchstens bis zu einer Tiefe von zwei Metern. Und das auch nur für die Dauer von ein paar
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