Deutsche Geschichte
stattfanden. Auch Werkstätten, Läden, Gasthäuser und öffentliche Bäder gehörten zum Stadtbild. Manche Gebäude und Wasserleitungen (Aquädukte) sind heute noch erhalten und zeugen von der hohen Baukunst jener Zeit. Allerdings sollte man bei der Bewunderung dieser Leistungen nicht vergessen, dass vieles nur durch die Ausbeutung der unterworfenen Völker, vor allem der unteren Schichten, möglich wurde. Die einfachen Menschen lebten mehr schlecht als recht und waren der Willkür der Reichen und Mächtigen oft schutzlos ausgeliefert.
Mit den germanischen Stämmen jenseits des Limes gab es regen Handel. Und viele junge Germanen dienten sogar als Soldaten in der römischen Armee. So lernten auch sie die römische Kultur und Lebensweise kennen.
Doch im dritten Jahrhundert zogen Alemannen, Sachsen, Franken, Sweben, Vandalen und Gepiden aus dem Norden Europas nach Süden und Westen. Niemand kann genau sagen, weshalb es zu dieser Völkerwanderung kam. Klimaveränderungen, zu wenig fruchtbares Land, Überfälle durch andere Stämme und die Hoffnung, anderswo bessere Lebensbedingungen zu finden, mögen wichtige Gründe gewesen sein. Eine Zeit lang konnten die römischen Truppen die »Barbaren«, wie sie alle nicht römischen Völker und also auch die Germanen nannten, abwehren. Aber letztlich waren die Germanen stärker und drangen in das Römische Reich ein. Sie wollten es jedoch nicht zerschlagen, sondern seine Errungenschaften für sich nutzen. So mischten sich römische Kultur und Lebensart langsam mit germanischen Sitten und Gewohnheiten.
Germanische Stämme beherrschten nun weite Teile Europas. Aber sie waren untereinander keineswegs einig. Vor allem der gerissene und skrupellose Frankenfürst Chlodwig gab keine Ruhe. Durch List, Verrat und Mord schaffte er nach und nach andere Stammesfürsten aus dem Weg. Auf diese Weise wurde er immer mächtiger, ließ sich zum König machen und eroberte mit seinen Soldaten die Gebiete der Alemannen, Burgunder, Westgoten und ganz Gallien. So entstand um 500 n. Chr. das große Frankenreich, aus dem später Frankreich und Deutschland hervorgingen.
Im Nachhinein scheint es, als wären die Menschen und Völker jener Zeit dauernd in Bewegung und auf der Suche nach Neuem gewesen. Auch in Glaubensfragen gab es große Veränderungen. Die Lehre von Jesus Christus verbreitete sich in Europa. Römer und Germanen glaubten zwar noch an ihre alten Götter, wollten von einem neuen Gott nichts wissen und verfolgten die ersten Christen. Doch die Botschaft des Mannes aus Nazareth übte bald eine große Anziehungskraft auf die Menschen aus. Und schon im 4. Jahrhundert wurde das Christentum zur offiziellen Religion im Römischen Reich.
So schnell ging es bei den germanischen Stämmen nicht; sie hielten noch lange an ihren Göttern fest. Selbst als Chlodwig sich taufen ließ und das auch vom ganzen Volk verlangte, konnte von einer Glaubenswende keine Rede sein. Die heidnischen Sitten, Bräuche und Vorstellungen lebten noch zweihundert Jahre neben christlichem Gedankengut fort.
Die endgültige Christianisierung des Frankenreichs gelang erst durch den Mönch und späteren Bischof Bonifatius. Der Angelsachse kam im Jahr 716 aus England, um die Friesen zu missionieren. Drei Jahre später beauftragte ihn der Papst mit der Germanenmission. Im Lauf der Zeit wurde aus dem Missionar ein kirchlicher Organisator, der Klöster gründete und die Bistümer neu ordnete. Im Alter von 80 Jahren kehrte Bonifatius noch einmal zur Friesenmission zurück. Am 5. Juni 754 wurde er von heidnischen Friesen erschlagen.
Machtwechsel
Im Geschlecht der Merowinger, aus dem Chlodwig stammte, kam es öfter zur Erbstreitigkeiten. Überhaupt waren die Merowinger wohl keine besonders guten Könige. Man sagte von ihnen, dass sie nicht viel mehr konnten als auf dem Thron sitzen und mit Mühe die Reden halten, die ihnen ihre Minister eingetrichtert hatten. Die letzten dieser Könige waren so schwach, dass an ihrer Stelle praktisch der höchste Beamte im Reich, der »Hausmeier«, regierte. Einer dieser Hausmeier hieß Karl und herrschte 25 Jahre lang mit starker Hand über das Frankenreich, weshalb er den Beinamen »Martell«, das heißt »Hammer«, erhielt.
Nachdem es einem großen arabischen Heer gelungen war, über die Pyrenäen in das Frankenreich einzudringen, marschierte ihm Karl Martell mit seiner Armee entgegen. Bei Tours und Poitiers siegte die fränkische Armee im Oktober 732 und drängte die Araber wieder über die
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