Deutsche Geschichte Von 1815-1870
verabredeten, in welcher Weise man nach einem gleichen Prinzip in den verschiedenen Kammern vorangehen wollte. Eine erste Begegnung fand statt, um 1840 in Hattersheim bei Frankfurt a. M., wozu aus Baden
Itzstein, Mathy
und
Welcker
, aus Sachsen
Todt, Dieskau
und
Robert Blum
gekommen waren. Dieser Letztere, ein armer Küferssohn aus Köln, hatte sich vom wandernden Spenglergesellen mühsam in die Höhe gearbeitet, wurde später Kassirer und Secretär des Leipziger Stadttheaters und studirte nun unermüdlich für sich selbst, die ihm fehlende Bildung zu erringen. Durch seine Thätigkeit für die
Polen
im Jahre 1830, war er in enge Beziehungen zu den Führern der liberalen Parthei in Sachsen gekommen und er leitete jetzt mit seinem Schwager Günther die Redaction der »
Sächsischen Vaterlandsblätter
«, die eine entschieden freisinnige Richtung vertraten. Blum hatte noch außerdem einen Club gestiftet, der sich nach und nach über die bedeutendsten Städte Deutschland's ausbreitete und den Zweck hatte, mit Hülfe der erwähnten Vaterlandsblätter das Volk politisch heran zu bilden. Die große Rolle, die er später noch in Deutschland spielen sollte, begann bei dieser Zusammenkunft in Hattersheim, und hatten die dort versammelten Männer durchaus keine Revolution, sie hatten nur Reformen im Sinne, aber ihr mit größter Vorsicht bewerkstelligtes erstes Zusammentreffen war die kleine Flocke, die acht Jahre später als furchtbare Lawine mit strafendem Donnerruf herniederstürzen sollte. Oefter und öfter wiederholten sich von nun an solche Zusammenkünfte und Verabredungen, sie nahmen immer größere Dimensionen an, und sahen sich äußerlich unterstützt und ermöglicht durch häufige Anregungen zu patriotischen Festen, wie auch durch die jetzt immer mehr in Aufnahme kommenden Wanderversammlungen der Vertreter der verschiedenen Wissenschaften, zu wissenschaftlichen Zwecken. –
Ein wahres und ächtes Volksfest der ersteren Art, war die 400jährige Jubelfeier der Buchdruckerkunst, nachdem schon drei Jahre vorher Guttenberg's Statue in Mainz festlich enthüllt worden war. Das jetzt zu begehende Guttenbergsfest jedoch vereinigte die ganze Nation zu gleicher Feier und bewegte sie um so mehr, als ja ein solches Fest sich seiner ganzen Natur nach, als eine Verherrlichung des Lichtes, des freien Denkergeistes, im Gegensatze zu der Verdummung und Verdunkelung darstellen mußte; gerade darum war es aber auch den politischen und religiösen Rückschrittsmännern ganz besonders verhaßt. In Berlin wurde das Fest schon lange vorher verboten, dann endlich unter solch einschränkenden Bestimmungen erlaubt, daß man es in Preußen lieber nirgends begehen mochte. Um so mehr drängte sich Alles aus dem Norden nach Leipzig, wo der Guttenbergs-Tag in der großartigsten Weise gefeiert und namentlich durch den Druck von Prachtbibeln verherrlicht wurde, die Jedermann besitzen wollte. Im Südwesten versammelte das »alte goldne Mainz«, die Süddeutschen zu einer gleich großartigen und erhebenden Feier. Mit vieler Mühe war es gelungen, die hessische Regierung zur Erlaubniß derselben zu bewegen, für Darmstadt jedoch, wo auf Anregung des Oberforstrathes von Wedekind, gleichfalls ein Fest sollte begangen werden, wurde sie hartnäckig verweigert. Unter den Festlichkeiten in noch vielen anderen Städten erregte die Feier in
Straßburg
ganz besonderes Interesse und erinnerte an die alte Zusammengehörigkeit; es wurde Guttenberg dort gleichzeitig eine Denksäule errichtet und in
deutscher
Sprache pries und besang man den Mann, der dem Elsaß ebenso sehr angehörte als uns. – In den nächsten Jahren gaben dann die Enthüllung der
Schillerstatue
in Stuttgart, der
Goethestatue
in Frankfurt, Anlaß zu ähnlichen begeistrungsvollen Festen durch die das geistige Einheitsband unseres Volkes enger und enger geknüpft wurde, und einem gleichen Antrieb entsprang auch die allgemeine Theilnahme für den Ausbau des
Kölner Domes
, der im Jahre 1842 von dem König von Preußen, als eine gemeinsame That der Nation, angeregt wurde. Von allen Seiten strömten die Geldbeiträge herzu, man veranstaltete Lotterien, gab Concerte zum Besten des Domes, und mochten auch von vornherein denkende Männer das Ganze als eine Spielerei ansehen, um die Leute von ernsteren Gedanken abzuziehen, und ihnen ein Schattenbild statt einer Wirklichkeit zu geben, so sah doch die gläubige Menge darin ein Symbol, eine Verheißung dessen, was man von dem neuen Preußenkönig
Weitere Kostenlose Bücher