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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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erwartete, und aufstrebende junge Dichter griffen in die Saiten und priesen voll Feuer das Erwachen einer neue Zeit. –
    Preußen
war in der That bis jetzt in seiner politischen Entwicklung vollständig hinter den übrigen rein deutschen Staaten zurückgeblieben; Friedrich Wilhelm III., dem Pietismus mehr und mehr verfallen, starb nach einer 43jährigen wechselvollen Regierung,
ohne
dem Volke, das ihm so treu zur Seite gestanden, sein ihm feierlich in der Stunde der Gefahr verheißenes Wort eingelöst zu haben. Sein Sohn hatte in zarter Jugend die Wechselfälle und Gefahren, die Preußens Mißgeschick hervorriefen, mit dem Vater und dem Lande getheilt; er hatte als angehender Jüngling den gewaltigen Aufschwung der Nation mit erlebt, aber seinem Bewußtsein lag dies jetzt Alles in weiter Ferne. Trotzdem war in Preußen selbst der Geringste fest davon überzeugt, Friedrich Wilhelm IV. halte in seiner Hand ein kostbares Vermächtniß des Vaters für seine Preußen –
die endliche Gewährung einer Verfassung
! – Der neue König selber, von dem man ein ganz neues Heil erwartete, war persönlich wenig bekannt, denn gar scharf schied die Etikette des Berliner Hofes den Fürsten von der übrigen Welt ab, aber man erzählte sich, er sei witzig, geistreich, Schöngeist, ein Freund der Künste, aber auch der tollen Ausgelassenheit beim Champagner-Glase. Dazu gesellte sich dann noch eine Art von religiöser Schwärmerei sowie eine romantische Zuneigung zum Mittelalter, die sich eben durch den Ausbau des Kölner Domes und verschiedener Burgen an den Ufern des Rheines auch äußerlich kundgab. Nach und nach stellte es sich dann immer deutlicher heraus, wie Friedrich Wilhelm IV., bei allen seinen glänzenden Gaben leider ein durchaus unklarer Kopf war, der heute dies und morgen Jenes wollte, und bei dem nur dies Eine ganz fest stand: die höchste Vorstellung von dem
absoluten Rechte eines Königs
. –
    Man vermuthete dies um so weniger, als er in seinem Auftreten einfach und leutselig erschien, und ein Meister in schönen Redensarten genannt werden konnte, die er wohl auch im Augenblick, da er sie aussprach, ernstlich meinte.
    Daß ein solcher Charakter unendlich mehr schaden mußte als eine schroffe, wenn auch viel mittelmäßigere Natur, bedarf kaum der Erörterung. –
    Seine ersten Regierungshandlungen schienen mildere Gesinnungen als die seines Vorgängers waren, zu bethätigen;
Arndt
, der noch von den 20ger Jahren her suspendirt war, wurde wieder in Bonn angestellt, die Brüder
Grimm
nach
Berlin
berufen, eine
Amnestie
für die unglücklichen politischen Gefangenen erlassen, und die Leute erzählten einander voll Freude, der König habe, gegenüber einer Aeußerung von A.
von Humboldt
, man fürchte, er werde den Adel zu sehr stützen, ausgerufen: »Als Kronprinz war ich der erste Adelige meines Landes, als König bin ich nur noch der erste Bürger!« –
    Im Herbste begab sich Friedrich Wilhelm nach Königsberg, um dort in dem alten Herzogthum Preußen, von wo die Markgrafen von Brandenburg ihre Krone, die Friedrich I. in eine königliche umgewandelt hatte, empfingen, die Huldigung der Stände entgegenzunehmen. Wir haben schon öfter dieser preußischen Stände gedacht, deren Rechte die neuen Fürsten so rücksichtslos bei Seite geschoben hatten, an die jedoch 1813 die Patrioten appellirten, als sie auf eigne Hand, ohne Zustimmung ihres Königs, den Krieg gegen Napoleon eröffneten.
    Nun wurden diese Stände wieder einmal nach langer Frist zusammen berufen, um einen Huldigungslandtag für den neuen Fürsten abzuhalten, wie es gesetzlich, aber seit 150 Jahren nicht mehr geschehen war. Die ganze Provinz befand sich in der freudigsten Aufregung über dieses Ereigniß, doch wollten die einberufenen Männer nicht blos als Staffage eines Festes zusammen gekommen sein, sie verlangten bei dieser Gelegenheit eine
neue Urkunde
, die ihnen ihre ständischen Rechte neu gewährleiste, was der König ihnen auch zusagte. Darauf erinnerten Jene jetzt an das Versprechen des Jahres 1815 und sprachen die Hoffnung aus, daß der Ausbau ihrer eignen Rechte auch den andern Provinzen zu Gute kommen, und eine endliche Verfassung für das ganze Königreich Preußen herbeiführen werde. Damit war denn wieder auf völlig gesetzlichem Wege die Agitation für ein constitutionelles Leben angeregt worden, und die ältesten und nächsten Freunde des Königs stimmten freudig in diese Wünsche ein, vor Allem hoffte man auf den Einfluß des Herrn
von

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