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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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auf der herrlichen Königswiese an den Ufern der Schlei, wurde beschlossen, jeden Widerstand, der irgend möglich sei, zu leisten. Auch ertönte hier zum ersten Male, allen erregten Gefühlen Ausdruck verleihend, das später millionenfach gegesungene:
     
    »Schleswig-Holstein meerumschlungen!«
     
    Dies Lied wurde die erste deutsche Volkshymne, die in den folgenden Revolutionsjahren electrisirend auf die Menge wirkte, und nur durch die strengsten Verbote wieder unterdrückt werden konnte.
    Die Sachlage in den Herzogthümern war indessen verwickelter, als sie sich obenhin ansah; schon im Mittelalter war leider die Ohnmacht des deutschen Reiches zeitweise so groß, daß man unter Kaiser Konrad III. die äußerste Grenzmark des Nordens, das Herzogthum Schleswig, dem König von Dänemark als Reichslehen ließ, um dadurch den räuberischen Einfällen der Jüten und Dänen ein Ziel zu setzen. Solche Reichslehen gab es ja nun schon seit lange nicht mehr, und wer hätte am Ende in der folgenden Zeit den Dänen hindern sollen, Schleswig ganz an sich zu reißen, wenn nicht ein Pact bestanden hätte, der die beiden Herzogthümer Schleswig und Holstein »op eewig ongedeelt«, wie es darin heißt, miteinander verbunden hätte. Es war ein Verhältniß, welches nicht einmal, sondern immer wieder, feierlich verbrieft, besiegelt und von der dänischen Krone anerkannt wurde. – In dieser Weise war Schleswig bis auf wenige Distrikte im Norden ganz deutsch geblieben; die Herzogthümer hatten immer ihre besondere Verwaltung, Rechtspflege, Gesetzgebung und Landesvertheidigung gehabt und nur als ihren
Herzog
erkannten sie den Fürsten an, der zugleich König der Dänen war. Diese Zusammengehörigkeit nahm eine andere Gestalt an, als es sich in Dänemark um eine neue Thronfolge handelte; dort war wie in England die
weibliche
Thronfolge zulässig, und eine Nichte des Königs, die Prinzessin Luise, die nächste Thronerbin. In den deutschen Herzogthümern dagegen galt das
salische Gesetz
, einer Frau konnten sie sich mithin nicht unterwerfen und das Band mit Dänemark mußte sich lösen, sobald dieser Fall eintrat. Aus diesem Grunde suchte man jetzt in Dänemark der Sache voraus zu kommen, und die tiefe Ohnmacht des damaligen Deutschland zu benutzen, um die
stammverwandten Herzogthümer
ganz an sich zu reißen, ehe noch der entscheidende Moment eintrat. Aber der mannhafte und energische Widerstand des kleinen charakterfesten Volkes vereiteltete dieses Thun; es konnte ja mit viel größerem Rechte verlangen, im Falle der Thronerledigung ein für sich bestehender deutscher Staat zu werden, unter der Herrschaft eines seiner Stammesfürsten, der Herzoge von
Augustenburg
. – Wie wichtig nun diese ganze Angelegenheit für Deutschland war, wie die verschiedenartigsten Interessen des Handels, der Politik, des nationalen Lebens zum Beistande der Herzogthümer hindrängten, dies konnte ein Kind begreifen. Dem Liberalismus wie den Einheitsbestrebungen war damit ein neuer und vollkommen gesetzlicher Hebel gegeben, den man denn auch nach Kräften benutzte. –
    Aber auch ohne besondere Anstrengungen, war es mehr und mehr ersichtlich, wie die Frucht der deutschen Erkenntniß ihrer Reife entgegenging; an allen Orten bereitete sich ein ernster Widerstand vor, aber wie und in welcher Weise er sich nun in den sechs und dreißig verschiedenen deutschen Ländern, oft in Folge der geringsten Anlässe, organisirte und steigerte, wie ihm die Regierungen bald mehr, bald weniger gewaltsam entgegentraten, über diese Details möchte ich rasch hinausgehen, und nur das wichtigste davon hervorheben. Die Beschwerden und die Zustände waren ja überall die gleichen, – überall drängte die allgemeine Unzufriedenheit zu einem offenen Conflict, und ein Funke genügte, die Flamme hervorzurufen.
    In der vordersten Reihe der Unnachgiebigen und tyrannisch Gesinnten unter den Regenten standen, wie uns schon bekannt, die von
Hannover
und
Kurhessen
, und dort zeigte sich denn auch die Erbitterung naturgemäß am größten. Im Jahre 1847 starb der alte Kurfürst und sein Sohn der seitherige Mitregent, blieb genau derselbe der er vorher gewesen, und bald standen ihm nicht allein die Beamten, sondern auch das Officiercorps ganz ebenso feindlich gegenüber, wie dem Vater. Die schlimmsten Zeiten des kurhessischen Landes knüpften sich ja an die Namen
Hassenpflug
und
Scheffer
, sowie an die Berufung der pietistischen Professoren
Vilmar
und
Ilse
nach Marburg, nicht minder an die

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