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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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ausgegangen war, in
Sachsen
. Im Sommer 1845 erging dort ein Verbot, welches alle Versammlungen der »protestantischen Freunde« betraf und dazu gesellten sich Verfolgungen der deutsch-katholischen Gemeinden, die man bis dahin ruhig hatte gewähren lassen; gleichzeitig fanden solche Verfolgungen auch in andern Ländern statt. Man leitete im Publikum diese Maßregeln auf Verabredungen zurück, die von dem Johannisberge sollten ausgegangen sein. In Sachsen hieß es bald allgemein: »Die Jesuiten sind im Lande!« und der Unwille richtete sich vornehmlich gegen den Prinzen Johann, einen Bruder des Königs, den jüngst verstorbenen
König Johann
. Am 12. August kam der Prinz nach Leipzig, um die dortige Bürgerwehr zu inspiciren, wurde aber eiskalt empfangen. In Leipzig war eine große deutsch-katholische Gemeinde, die unter der Leitung des so sehr beliebten Robert Blum stand, und statt der Hochrufe auf den Prinzen, ertönten bei der Revue solche zu Ehren Johannes Ronge's! Abends, als dem Prinzen ein feierlicher Zapfenstreich gebracht wurde, erhob sich plötzlich aus der Menge der laute Gesang des Lutherliedes: »Eine feste Burg ist unser Gott!« Der alte Reformationschoral war in jenen religiös aufgeregten Zeiten, und wurde es bald noch mehr, eine Art von deutscher Marseillaise, die tausendfach an allen Orten und bei allen passenden Gelegenheiten erscholl. In Leipzig nun gab dieses Lied das Signal zu einem höchst übereilten und brutalen Angriff des Militär's auf die versammelte Menge, wobei es bis zum Blutvergießen kam, und man behauptete mit großer Bestimmtheit, das Militär sei schon vorher auf alle Fälle bereit gehalten worden. Während des Singens und dem Hin- und Herwogen in den Straßen waren nämlich einige Fenster eingeworfen worden, und die Bürgerwehr begann die Ordnung eben wieder herzustellen, als das Militär dazwischen kam; schon war der ganze große Platz vor dem Hotel des Prinzen von Menschen gesäubert, als plötzlich ohne eine vorherige Warnung von den Truppen zwei scharfe Salven gegeben wurden. Elf Todte blieben augenblicklich auf dem Platze und eine Menge von Menschen wurden mehr oder weniger verwundet; ganz harmlose Spaziergänger, die gar nichts mit der Sache zu thun hatten, wurden getroffen. Furchtbar war die Wuth und Entrüstung, die nun hervorbrach. Der Prinz Johann mußte noch in der Nacht schleunigst von Leipzig entfliehen; Niemand zweifelte daran, daß man durch dieses Verfahren das Volk von vornherein schrecken wollte, vielleicht auch erproben, in wie weit man sich auf die Treue der Truppen verlassen könne.
    Es war nur ein Mann in Leipzig, der den nun drohenden Aufstand zu bändigen vermochte, das war
Robert Blum
. Die Behörden waren in diesem Augenblicke völlig machtlos und obgleich sie innerlich darüber schäumten, mußten sie doch Alles der Leitung dieses Mannes überlassen, der es denn auch glücklich verhütete, daß man bis zu dem Aeußersten kam. Ein großartiges Leichenbegängniß, an dem die ganze Stadt Theil nahm, wurde den Gefallenen bereitet und an ihren Gräbern sprachen begeisterte Redner es ungescheut aus, daß die Zeit der Tyrannei ihre Endschaft erreicht habe und daß ein besserer Tag im Anbrechen sei. Zwar wurde darauf in Leipzig das Militär verstärkt, alle Schriftsteller, die nicht Leipziger waren, ausgewiesen, die Bürgerversammlungen verboten und Blum, als die Aufregung sich gelegt und nichts mehr zu fürchten war, vor ein Kriminalgericht gestellt – vergebens! Das Schiff der offenen Revolution war in Sachsen zuerst unter Segel gegangen und ließ sich nicht wieder einhalten; seine Wimpel wurden geschwellt durch die große Noth und Theuerung, wie auch durch die Handelskrisen der folgenden Jahre von 1846 und 1847.
    Ein Vorbild für alle übrigen deutschen Kammern, kämpften zur selben bewegten Zeit die
badischen
Volksvertreter mit neu erwachtem Muthe gegen ihren
kleinen Metternich
, wie man dort den damaligen Reactionsminister, den Freiherrn v. Blittersdorf, nannte. Es war die Blüthezeit der badischen Volksmänner, der
Itzstein, Sander, Welcker, Hecker, Bassermann
und Anderer, und ganz Deutschland blickte mit Bewunderung auf diese unerschrockenen Vorkämpfer. Dem Minister, der ein Mißtrauensvotum nach dem andern erhielt und doch Minister blieb, rief man es laut zu: »Ein
deutscher Minister
kann
Alles
unterschreiben, nur seine eigene Entlassung nicht!« – Auch die deutsche Einheitsfrage wurde in Baden zuerst wieder laut berührt; Welcker beantragte: »Der

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