Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
Vom Netzwerk:
an Jenen gerichtet hatte. König Ludwig aber war von seiner Leidenschaft zu sehr beherrscht, um noch vernünftigen Vorstellungen Gehör zu geben, und im Grunde genommen ward ihm eigentlich ganz wohl dabei, als er sich wieder einmal freier konnte gehen lassen, ohne das Gängelband seiner Beichtväter. Er ließ die Minister ihren Abschied nehmen, fand einen abtrünnigen Staatsrath, einen Herrn von Maurer, der nur fünf Tage brauchte, um seine vorherige Meinung zu ändern, und der jetzt nach seinem Wunsch das Indigenatsdecret gegenzeichnete. Ludwig hatte die Freude, bei seiner Freundin, ihr Adelspatent in der Hand, mit den Worten eintreten zu können: »Alle meine Minister habe ich fortgejagt, das Pfaffenregiment hat aufgehört in Baiern; ich habe es meinem Bruder, dem Prinzen Karl gesagt, – ich habe es meinem Sohne dem Kronprinzen geschrieben!« So hatte die Tänzerin gesiegt; die katholischen Studenten, aufgereizt durch ihre Professoren, warfen zwar der neuen Gräfin und auch im königlichen Schlosse die Fenster ein, wofür das neue Ministerium, welches Herr Maurer gebildet, neun ultramontane Professoren, unter ihnen die bekannten
Lassaulx, Sepp
und
Döllinger
, suspendirte.
    Im Lande äußerte sich überall helle Freude über den Sturz der Bigotterie; »Lola hat Loyola besiegt«, so äußerte sich der Volkswitz und man hoffte mit Zuversicht auf bessere Zeiten in Bayern. Hatten der Adel und die Kirche sich doch dann erst gegen den König gewendet, als ihnen persönlich zu nahe getreten wurde; man gönnte ihnen die Niederlage, trotzdem man sie der »maurischen Gräfin«, wie man sie jetzt nach Herrn v. Maurer nannte, verdankte. Doch war der Friede nicht von langer Dauer; die neugebackene Gräfin verlangte jetzt auch bei Hofe eingeführt zu werden, was die Minister gegenüber der Königin und der königlichen Familie durchzusetzen verweigerten, dagegen ließen sie es gehen, daß der König ohne ihre Zustimmung, nach Wunsch seiner schönen Freundin, Staatsämter vergab. Von Lola gehaßt und gleichzeitig durch eine liberale Kammer bedrängt, denn man hatte jetzt Muth und Enischluß auch in Bayern gewonnen, wurde das schwache Ministerium zu Ende des Jahres 1847 vom Könige wieder entlassen und das sogenannte »Lola-Ministerium« gebildet, an dessen Spitze Fürst
Ludwig von Wallerstein
stand. Als derselbe diese Rolle übernahm, geschah es mit der Absicht, die veränderten Verhältnisse zu benutzen, um einen Sieg der neuen Ideen, an deren baldiger Verwirklichung er nicht zweifelte, in Bayern herbeizuführen, nicht um sich zum Sklaven der Gräfin Landsfeld zu machen; dies that ein Anderer, ein Herr von
Berks
, der gleichfalls in das Ministerium eintrat. So, unter dem Deckmantel die Gräfin zu halten, verfolgten der Fürst und einige Gleichgesinnte ihre liberalen Pläne; wenn sie den König dafür gewannen, ihn vollständig den Händen der Ultramontanen entrissen, dann mochte man demselben auch seine Leidenschaft für Lola verzeihen. Sie war jetzt Herrin der Situation, aber nicht für lange, denn die Iden des Märzen von 1848 rückten heran.
     

Vierzehnte Vorlesung
     
    Allgemeine Bewegung in Europa vor 1848. Bildung einer republikanischen Parthei in Süd-West-Deutschland. Die Märzrevolution in Süd-Deutschland. Forderungen des Volkes. Die Ereignisse in Baden, den beiden Hessen, Würtemberg, Bayern u.s.f.
     
    Es gibt wenige Momente in der Geschichte unseres deutschen Vaterlandes von solch' hoher Bedeutung, so ungeheurer Tragweite, als jene März-Tage des Jahres
1848
, da die erste deutsche Revolution siegreich durch unsere Gauen schritt. Sie kam unaufhaltsam, unwiderstehlich, wie ein Naturereigniß. Von der ganzen Nation erwartet, aber nicht direkt vorbereitet, überraschte sie Niemanden als die Machthaber, die sich in ihrer unbegreiflichen Verblendung gerade damals sicherer wähnten als lange zuvor, und die glaubten, daß die wenigen Zugeständnisse, welche sie endlich zu machen sich bereit zeigten, hinreichen würden, das harmlose Volk wieder vollständig zu beruhigen. Aber die Lage war gar sehr verschieden von jener der zwanziger und dreißiger Jahre; unter schwerer Noth und Drangsal hatte sich endlich eine Art von politischer Bildung durchgerungen, die gerade hinreichte, die ganze Masse der Nation von Oben bis Unten in die Bewegung mit hineinzureißen, und einmal in die Fluth gestoßen, hat der noch unbeholfene Schwimmer zwar nachher viele Mißerfolge erlitten, viele vergebliche Anstrengungen zu machen gehabt,

Weitere Kostenlose Bücher