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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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und ihrem unentwickelten politischen Verstande schmeichelte; so schwärmte man in Wien für die Losreißung
Ungarns
und
Italiens
von Oestreich, ohne das mindeste Verständniß dafür, wie ein unvermitteltes, revolutionäres Trennen des so lange Verbundenen, ohne Entschädigung und Ausgleich, den östreichischen Staat selber in die äußerste Gefahr und Finanznoth bringen mußte. Aber ganz ebenso blindlings ging die Regierung auf derartige Forderungen ein, und schon am 15. März bewilligte der schwache Ferdinand den Ungarn eine nationale Regierung unter der Oberherrschaft des Erzherzogs Stephan, Neffen des Kaisers, den er zum Palatinus von Ungarn und seinem alter ego ernannte.
Graf Bathyani
, einer der ersten Magnaten, trat jetzt an die Spitze eines national-ungarischen Ministeriums, in welchem
Kossuth
das Finanz-Departement erhielt und sich bald als die eigentlich dominirende Gewalt der ganzen Regierungsbehörde entwickelte. Damit noch nicht zufrieden, verlangten die Ungarn auch die vollständige Einverleibung
Siebenbürgens
, einer zum Theil deutschen Provinz, eine ungarische Nationalbank und die Zusicherung, daß die ungarischen Soldaten zu keinem Kriege Oestreichs außerhalb dessen Landes-Gebietes gebraucht werden sollten. Auch alle diese weiteren Wünsche wurden ihnen zugesagt, so daß damit allein schon ihre Losreißung
factisch
ausgesprochen und bestätigt war. Solche Erfolge feuerten den Muth der
Slavenparthei
an; von langer Hand her war bereits eine Verbindung der südslavischen Stämme mit den Böhmen oder Czechen vorbereitet, die ihre Sympathieen nicht Deutschland, sonder der östreichischen Monarchie zuwendeten, deren Unterthanen numerisch in überwiegender Zahl aus
Slaven
, im Verhältniß zu den
Deutschen
bestanden. Das Ziel dieser Slavenparthei ging dahin, aus Oestreich einen
Slavenstaat
zu machen, das deutsche Element in demselben vielmöglichst zu unterdrücken, und dergestalt einen Schutz, ein Bollwerk gegen ein weiteres Vordringen Rußlands, welches man als den Hauptförderer des Absolutismus betrachtete, zu gewinnen. Böhmens Eingehen auf diese Pläne war für Deutschland nicht ohne Gefahr; bestand seine Bevölkerung auch zu zwei Dritteln aus Czechen, so war es doch auch von einem Drittel Deutscher bewohnt, war seit uralten Zeiten ein deutsches Reichsland, und schiebt sich wie ein Keil tief in das Herz Deutschlands herein. Dabei ist es deutscher, nicht slavischer Geist, der dort die Vorherrschaft führt; aber seit den Tagen der Hussiten hatte sich ja leider der Haß und Groll gegen das deutsche Element von Seiten der Böhmen nie mehr ganz beruhigt, und dieser schlug jetzt, als die deutsche Revolution ausbrach, in hellen Flammen empor. Man verhielt sich gegen dieselbe vollständig feindselig, streng conservativ, und der politische Führer der Böhmen, der bekannte Geschichtschreiber,
Franz Palacky
, untersagte seinen Landsleuten nicht allein die Wahlen zum Vor-, sondern auch später zum Hauptparlament, so daß nur die Deutsch-Böhmen darin vertreten waren. –
    Wie die Böhmen, so pochten nun auch die südslavischen Provinzen,
Kroatien, Dalmatien
und
Slavonien
, auf ihre Nationalität, verlangten unter sich einen engeren Zusammenschluß, ein besonderes Ministerium, vor Allem aber forderten die
Kroaten
ihre Befreiung von der Oberhoheit Ungarns, weil sie die Magyaren, von denen sie stets geringschätzig waren behandelt worden, bis auf das Blut haßten. Ich muß hier die Bemerkung einschalten, daß die Magyaren, deren eigentlicher Ursprung und Racenzusammenhang bis heute noch unaufgehellt ist, mit den Slaven nichts gemein haben, und oft in dem feindlichsten Gegensatz zu denselben stehen. Namentlich gab sich dies jetzt von Seiten der Kroaten zu erkennen, die nur eines gewandten Führers bedurften, um ihrem Haß und Groll freien Lauf zu lassen. Sie verlangten also jetzt ihren besonderen
Banus
, oder Obergeneral und erhielten ihn auch in der Person des Freiherrn von
Jellachich
, eines Mannes, der nicht weniger enthusiastisch für einen unabhängigen Slavenstaat schwärmte, als der ungarische Agitator Kossuth für ein unabhängiges Ungarn. Als nun beide Partheien,
Czechen
wie
Slaven
, ihre Wünsche und Pläne in Wien vorbrachten, wobei die Gesandten der Ersteren in theatralischem Aufzuge, im alten Hussitenkleide erschienen, erhörte man zwar in der Wiener Hofburg ihre Forderungen nicht allsogleich, aber man schlug sie auch nicht direct ab. Es bot sich hier eine Konstellation dar, welche die bedrängte

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