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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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in einem Gärtnerhause. Der aufgeregte Trupp folgte ihnen, durchsuchte das Haus und fand zuerst Auerswald, den die Leute gar nicht kannten, aber als Begleiter Lichnowsky's zuerst mißhandelten, und dann erschossen. Jetzt zog man auch den Fürsten aus seinem Versteck und bereitete sich vor, Standrecht über ihn zu halten, als die Dazwischenkunft des Doctor
Hodes
ihn beinahe rettete. Dieser rieth dem halbtollen Haufen, den Fürsten lieber als Geißel aufzubewahren und gegen Gefangene von ihrer Seite umzutauschen. Darauf wollten Einige ihn freigeben, Andere ihn nach Hanau bringen, mit Stößen führten sie ihn vor sich her, als es Einem einfiel, ein Stück von seinem Rock haben zu wollen. Man riß und zerrte an ihm, da drehte der Fürst sich um und griff nach einem Gewehr. Mit dem Besitzer desselben darum ringend, ging der Schuß los, traf den Fürsten in die Hand und nun stürzten die Unmenschen, gleich dem Tiger, der Blut geleckt, wieder über den Unglücklichen her und senkten ihre Kugeln in seine Brust. Sterbend wurde der Fürst in das Bethmann'sche Landhaus und dann, weil man ihn dort nicht sicher genug glaubte, in das Heilig-Geistspital gebracht, wo er während der Nacht verschied.
    Dieser grausame Vorgang trug nicht wenig dazu bei, den Septemberaufstand in einem Lichte erscheinen zu lassen, das jetzt alle Maßregeln der Reaction rechtfertigte.
    Was die
Centralgewalt
anbetraf, so hatte sie, durch Niederschlagung des Aufstandes ihr Möglichstes geleistet, und den besten Willen gezeigt, die Revolution niederzuhalten. Von nun an stellte man ihr gerne Truppen und Waffen zur Verfügung und die kleineren Regierungen flüchteten bereitwillig unter ihren Schutz, denn gleichzeitig mit den Frankfurter Ereignissen hatte
Struve
im badischen Oberland eine neue Schilderhebung versucht, die aber schon in wenigen Tagen wieder besiegt war.
    Ohne Zweifel hat wohl hier ein gewisser Zusammenhang stattgefunden, der aber nie zum Ausbruch gekommen wäre, wenn sich das Parlament nicht so ohnmächtig erwiesen hätte.
    Der Sieg den die Majorität in dem Parlamente davon getragen, wurde, wie die Linke richtig vorausgesagt, ihre schlimmste Niederlage, und englische Staatsmänner sprachen diese Ansicht auch unverhohlen aus, indem sie denen zustimmten, welche zu handeln verlangt hatten. »Jetzt ist es mit der Wiedergeburt der deutschen Nation vorbei; das deutsche Parlament versteht nichts mit der Revolution anzufangen!« so lautete das Urtheil von gewiegten Politikern.
    Ja, es war vorbei mit der frohen Hoffnung, mit den heißen Wünschen für das Vaterland, die Maienblüthe der deutschen Freiheit und Einheit war geknickt; auf's Neue hieß es, sich auf bessere Zeiten vertrösten und ausharren. Diese Septembertage wurden der Wendepunkt für die ganze deutsche Erhebung und wer sie miterlebt, der wird sich noch besinnen, auf den heißen Schmerz, auf die Hoffnungslosigkeit in der man Wochenlang dahin träumte, ehe man sich wieder zurecht fand. –
     

Siebenzehnte Vorlesung
     
    Vorgänge in Preußen und Oestreich. Wiener Mairevolution. Der Wiener Reichstag. Ablösung der Robot. Slawen-Congreß in Prag. Radetzky in Italien. Die östreichische Armee. Ungarn. Kroatien. Jellachich. Oestreichische Denkschrift. Auflehnung der Ungarn. Wiener October-Revolution. Deren Besiegung durch Windischgrätz. Blum's Erschießung. Das Programm von Kremsier. Abdankung Ferdinand's I. Thronbesteigung von Franz Joseph. Ungarn's Abfall. Besiegung durch Rußland und Oestreich
     
    Nachdem wir nun das Auftreten des ersten deutschen Parlamentes, die kurze Zeit seiner Größe und seines Glanzes, und dann jene Katastrophe verfolgt haben, welche ihm wieder einen eben so raschen Niedergang bereiten sollte, richten wir jetzt, während man in Frankfurt nach den verhängnißvollen Septembertagen fortfährt, zu berathen und zu debattiren, freilich nur noch mit der halben Lust und Freudigkeit, die sich vorher kundgegeben, richten wir einen Augenblick unsere Blicke auf die Vorgänge in Preußen und in Oestreich, im Verlaufe des Sommers von 1848.
    In Berlin war am 29. März ein liberales Ministerium, das von
Camphausen und Hansemann
an die Spitze der Geschäfte getreten; dies stellte sich zunächst die Aufgabe, die Verhältnisse und die Autorität des preußischen Staates, welche in so hohem Grade erschüttert waren, in dessen eignem Interesse sowohl, wie in dem Deutschlands, neu zu befestigen. Hatte man doch in Preußen so lange und so sehnsüchtig auf eine Konstitution warten

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