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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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berufen, wo er auch wirklich am 22. November eröffnet wurde. An der Spitze des östreichischen Ministeriums stand jetzt der Wiedererwecker des Kaiserstaates,
Fürst Felix Schwarzenberg
; in demselben waren von den vorigen Ministern nur
Alexander Bach
, der Abtrünnling, für die Justiz, und
Kraus
für die Finanzen verblieben. Sie waren dazu berufen, das neue Programm Oestreichs, die
Centralisation
und
Gleichberechtigung aller Nationalitäten
, die dessen Staatskörper umschloß, auszuführen.
    Die furchtbare Erschütterung aber, welche die Wiener Revolution als ihre nächste Folge in den Gemüthern zurückließ, konnte so schnell nicht beseitigt werden, und mit richtigem Takt erkannte man es daher in den maßgebenden Kreisen als eine Unmöglichkeit an, daß Ferdinand der Gütige, an dessen Regierungszeit sich so viele traurige und blutige Ereignisse knüpften, als Kaiser in die Wiener Hofburg zurückkehre. Man hatte ja auch zur Genüge erkannt, wie die Schwäche und Entschlußlosigkeit des Oberhauptes zum großen Theil jene Perfidie und Doppelzüngigkeit hervorgerufen hatte, welche die Hauptschuld an den schrecklichen Verwicklungen des Sommers von 1848 trugen. Wollte man Oestreich neu aufbauen, so war es gerathen, für die Spitze eine junge, unverbrauchte Kraft in der Nähe des Kaiserthrones aufzusuchen und man fand sie in der Person des 18jährigen
Franz Joseph
, eines Neffen des Kaisers, dessen Vater kein Gelüste darnach trug, den erschütterten Thron selbst zu besteigen. Am 3. December entsagte Kaiser Ferdinand seiner Krone, »weil es«, wie es in seinem Erlasse hieß, »jüngerer Kräfte bedürfe, um das große Werk zu vollenden und zu einem gedeihlichen Ende zu führen!« Zugleich sprach sein Abschiedswort die Hoffnung aus, daß es
gelingen möge
, »alle Lande und Stämme der Monarchie zu einem
großen Staatskörper
zu vereinigen.«
    Es war dies eine Hoffnung, die sich so, wie man es plante, nimmermehr für die Dauer erfüllen konnte und sollte, und auch der junge
Franz Joseph
war der unermeßlichen Aufgabe, die damit vor ihm lag, ebensowenig gewachsen wie sein Oheim. Dieser zog sich jetzt ganz von der Welt zurück, um nur seinen Lieblingsbeschäftigungen, der Botanik und Heraldik zu leben. – An die Spitze der Herrschaft trat die ehrgeizige Mutter des jungen Kaisers, die Erzherzogin
Sophie
, der es mit Hülfe der Kamarilla auch gelang, dieselbe fast ganz an sich zu reißen, um dem Klerus eine Macht in die Hände zu spielen, wie er sie bis dahin selbst in Oestreich nicht besessen. Der ungarische Reichstag erkannte die Thronveränderung nicht an und fuhr fort, den Kaiser Ferdinand als Ungarns König zu betrachten. Unbekümmert um das Geschehene und geleitet durch den Landesausschuß, an dessen Spitze
Kossuth
als Präsident stand, kämpfte Ungarn auf seinem gesetzlichen Boden weiter, für sein Recht und im Namen seines gesetzmäßigen Gebieters, des Kaisers Ferdinand. So sah das neue Oestreich, wenn es anders sich das Land unterwerfen und die Magyaren in sein
Centralisationssystem
hineinzwängen wollte, genöthigt, einen förmlichen Krieg gegen Ungarn zu beginnen. Der neue Feldmarschall, Fürst Windischgrätz, rückte denn auch schon am 5. Januar 1849, ohne großen Widerstand zu finden, in Pest ein, was aber die Sache noch lange nicht entschied. Im Rücken ließ er sich die uneinnehmbare Festung Komorn, die ein östreichischer Truppentheil belagerte, und Kossuth hatte bereits, weil ihm Pest nicht sicher genug war, den Reichstag ins Innere des Landes, nach
Debrezcin
, verlegt. Er nöthigte dergestalt die östreichische Armee ihm dahin nachzurücken, und zugleich rechnete er auf die Theilnahme der Polen, die er unvorsichtiger Weise aufrief, mit Ungarn gemeine Sache zu machen. Sie zu gewinnen, gab er wichtige Befehlshaberstellen an polnische Generale und so befehligte
Bem
, der von Wien entkommen war, in Siebenbürgen, nebst
Dembinsky
. Dadurch aber beleidigte Kossuth die ungarischen Generale
Klapka
und
Görgey
im hohen Grade, was ihm schlechte Früchte bringen sollte. Windischgrätz, verschiedentlich geschlagen, mußte sich wieder aus dem Innern des Landes nach Pest zurückziehen und im Frühjahr stand die Sache so ungünstig für Oestreich, daß Italien sich zu einem neuen Angriff ermuthigt fühlte. Karl Albert von Sardinien beschloß, es noch einmal gegen Radetzky zu versuchen, und so wurde am 23. März jene denkwürdige Schlacht von
Novara
geschlagen, deren Niederlage Karl Albert nicht zu verwinden vermochte.

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