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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Herren der Stadt betrachten. Plündernd und mordend ergossen sich die Kroaten Jellachich's in die unglückliche Stadt und Windischgrätz soll den Truppen sogar die Plünderung auf eine Stunde erlaubt haben. Zu Hunderten und Tausenden wurden die Studenten und Mobilgarden gefangen genommen, als traurige Opfer eines Volkskampfes, der sich einer Militärmacht von 90,000 Mann gegenüberzustellen wagte. Vom 6–31. Oktober waren während dieser Revolution auf Seiten der Wiener 3027 Mann gefallen; 4000 wurden jetzt gefangen genommen und von diesen Letzteren wurden nur 622 wieder freigegeben. Die unverheiratheten Mobilgarden steckte man unter das Militär und dann – fort mit ihnen an weit entlegene Grenzen des seiner Wiederherstellung entgegengehenden Kaiserstaates!
    Unter den Gefangenen befanden sich auch
Robert Blum
und
Julius Fröbel, Bem
entkam nach Ungarn,
Messenhauser
, der Idealist, stellte sich freiwillig, denn er glaubte für das Gesetz gekämpft zu haben,
Moritz Hartmann
entkam glücklich unter den merkwürdigsten Umständen und mußte noch zuletzt in einem Postwagen mehrere Stunden lang Zuhörer von Gesprächen sein, die sich um seine Verhaftung und wahrscheinliche Verurtheilung drehten.
Fröbel
und
Blum
reichten am 8. November einen Protest ein, worin sie sich auf ihre Eigenschaft als Mitglieder des Frankfurter Parlaments, die sie unverletzlich mache, beriefen und um ihre Freilassung baten. Daraufhin wurde Blum noch am selben Abend verhört und nach zwei Stunden zum Tode durch den Strang verurtheilt, weil er aufrührerische Reden gehalten und am Barrikadenkampfe Theil genommen. Am nächsten Morgen sieben Uhr, als noch ein dichter Nebel Alles bedeckte, führte man Blum, der, weil sich kein Henker fand, zu Pulver und Blei war begnadigt worden, und nachdem man ihm noch vorher erlaubt, an seine Frau zu schreiben, nach der Brigittenau, um dort erschossen zu werden. Er öffnete selbst seinen Rock und schlang das Tuch um seine Augen, als man ihm sagte, daß dies eine Nothwendigkeit sei, dann sank, von neun Kugeln durchbohrt, der Mann todt zur Erde, der aus dem Volke hervorgegangen, stets treu zu der Sache des Volkes gehalten hatte. Sein Genosse Fröbel wurde am nächsten Tage begnadigt; man hatte die Frage an ihn gerichtet, ob er mildernde Umstände für sich anführen könne, worauf er antwortete, daß er eine Brochüre geschrieben, unter dem Titel: Wien, Deutschland, Europa, in der er gesagt, daß Oestreich ungetheilt bleiben müsse; daraufhin begnadigte ihn Windischgrätz am nächsten Tage, nachdem ihn das Kriegsgericht bereits zum Tode durch den Strang verurtheilt hatte. Unerwartet kehrte auch er nach Frankfurt zurück, wo eben die Nachricht von Blum's Erschießung die außerordentlichste Sensation und Entrüstung hervorgerufen hatte, ein Gefühl, welches sich bald ganz Deutschland mittheilte. So viel stand fest, nicht den Barrikadenkämpfer hatte man in Wien vernichten wollen, sondern den Demokraten und Abgeordneten des deutschen Volkes. Es war ein Schlag in das Gesicht der ganzen Nation, und so empfanden es auch alle Partheien der Paulskirche im ersten Augenblick. Noch einmal reichten sie sich über Blum's Leiche die Hand, um ihm eine gemeinsame, großartige Todtenfeier zu bereiten. Für seine mittellos hinterlassene Familie wurde eine Sammlung durch ganz Deutschland veranstaltet, die 44,000 Gulden ergab, womit sich seine Frau mit ihren Kindern in die Schweiz zurückzog. Das Parlament aber faßte am 16. November, mit Ausnahme einer einzigen Stimme, den Beschluß, daß das Reichsministerium mit allem Nachdruck Maßregeln zu ergreifen habe, um die Schuldigen an Blum's Tode zur Verantwortung zu ziehen! – Dieser Beschluß blieb damals unausgeführt, aber inzwischen hat ihn die Geschichte vollzogen. In Wien, wo Belagerungszustand und Standrecht aufräumten, gingen dann noch eine Weile die Erlasse fort, welche eine Reihe unglücklicher Opfer durch Pulver und Blei zum Tode brachten; selbst Journalisten, wie die Doctoren
Jellinek
und
Becher
befanden sich unter den Erschossenen.
Messenhauser
war einer der Ersten, die fielen; mit unverbundenen Augen, selbst die Distanz messend und bestimmend, trafen ihn die mörderischen Kugeln und so bewährte er, bei aller Ueberspanntheit seiner Handlungsweise, die Ehre eines edlen und kräftigen Charakters.
    Die neue Politik des Wiener Hofes trat nun auch offen an den Tag; noch ehe Wien eingenommen war, hatte ein kaiserlicher Erlaß den Reichstag von dort nach
Kremsier
in Mähren

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