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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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willkürlichen Handeln wurde nachträglich am 16. Oktober die Sanction des Kaisers durch ein Manifest zu Theil, welches den Fürsten zum Feldmarschall und Oberbefehlshaber aller österreichischen Truppen, ausgenommen der Radetzky'schen Armee, ernannte.
    So sah sich jetzt Wien ganz ebenso wie Ungarn zwischen Gesetzlichkeit und rohe Gewalt gestellt, theilweise durch eigene Schuld, noch mehr durch eine perfide Regierung, die hinterrücks wieder vernichten wollte, was sie in den Tagen der Gefahr versprochen hatte. Der erste Impuls der Ungarn war der, den Wienern, die sich in ihrem Interesse aufgelehnt hatten, zu Hülfe zu eilen, aber sie verletzten damit ein Gesetz, das ihnen untersagte, ihre Truppen auf österreichischen Boden zu schicken, es sei denn, daß ein gesetzliches Organ, wie der Wiener Reichstag, sie dazu berufe. Aber auch dieser scheute sich, einen äußersten Schritt zu thun, und während er, um ihm auszuweichen, mit Frankfurt und Olmütz verhandelte, und Windischgrätz, an den man sich auch gewendet, dem Reichstag erklärte, daß er nichts mit Rebellen zu thun habe, entschlüpfte dessen eigenen Händen die gesetzliche Gewalt und Macht. Wieder wurde die Aula der Mittelpunkt der Bewegung und die demokratischen Vereine setzten es durch, daß ein früherer Lieutenant,
Messenhauser
, der seinen Abschied genommen, um als Dichter eine literarische Laufbahn einzuschlagen, zum Obercommandanten der Nationalgarden berufen wurde, als welchen ihn die, noch bei dem Reichstag verbliebenen, Minister bestätigten. Eine Mobilgarde, unter dem Befehle des alten polnischen Generals
Bem
, bildete jedoch den eigentlichen Kern des Revolutionsheeres und jedenfalls hatte der Letztere mehr Geschick für die Vertheidigung der Stadt, als der jugendliche Messenhauser, eine zwar reine und edle, aber zugleich schwärmerische und unklare Natur. Die ganze Stadt wurde nun im Innern durch Barrikaden in eine Festung verwandelt und man erwartete von Seiten der Bevölkerung mit vollster Zuversicht den Zuzug und die Hülfe der Ungarn. Zweimal schon waren sie in der That bis zur Leitha gezogen, wagten dieselbe aber ungerufen nicht zu überschreiten, während der Banus und Windischgrätz mit weniger Rücksicht ihr Ziel verfolgten.
    Die Wiener Ereignisse hatten unterdessen das Frankfurter Parlament aufs Heftigste bewegt. Die Linke verlangte stürmisch die Unterstützung der Wiener und wollte, die österreichische Regierung solle durch die Centralgewalt gezwungen werden, die nichtdeutschen Truppen augenblicklich von den Thoren Wiens zu entfernen. Natürlich wurde dieser Antrag von der Majorität nicht angenommen, um jedoch die öffentliche Meinung einigermaßen zu befriedigen, beschloß man, Parlamentscommissäre in der Person der Herren
Welcker
und
Mosle
nach Wien zu schicken, um die Streitigkeiten beizulegen. Diese Mission aber fiel höchst kläglich aus, die Reichscommissäre wagten sich gar nicht nach Wien hinein, sondern begaben sich zu Fürst Windischgrätz ins Lager, dem man es nur schwer begreiflich machen konnte, daß sie nicht zu den verhaßten Demokraten gehörten. Noch unbegreiflicher fand es der Fürst, wieso er über östreichische Angelegenheiten mit diesen fremden Herrn verhandeln solle, und so blieb ihre Mühe ohne jeden Erfolg. Noch schlimmer erging es ihnen dann in Olmütz, wo sie der Kaiser gar nicht einmal vor sich ließ, und der Minister Wessenberg sie in höflichster Weise wieder hinauscomplimentirte und ihnen auf jede Weise den Rückweg nach Frankfurt erleichterte.
    Da inzwischen in und um Wien der Kampf tobte, begnügten sich die Commissäre, von Passau aus, eine doctrinäre Ansprache an die östreichischen Völker zu erlassen und dann nach Frankfurt unverrichteter Dinge zurückzukehren.
    Die Linke hatte inzwischen aus eigener Initiative gethan, was sie nicht durch die Majorität erreichen konnte, sie hatte die Anerkennung der Wiener Revolution ausgesprochen, indem sie aus ihrer Mitte eine Deputation nach Wien entsendete, bestehend aus
Robert
Blum, Julius Fröbel, Moritz Hartmann
und
Albert Trampusch
, welche ihre Sympathien für den dort ausgebrochenen Kampf bezeugen sollten.
    Fürst Windischgrätz hatte inzwischen auch nicht lange auf sich warten lassen; sobald er von seinem Kaiser unbedingte Vollmacht erhalten, schickte er sich an, dieselbe zu gebrauchen. Von seinem Hauptquartier Lundenburg aus, zeigte er den Wienern am 20. Oktober das Anrücken seiner Armee mit den bezeichnenden Worten an: »Ihr werdet in mir den Willen

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