Deutsche Geschichte Von 1815-1870
die aufständischen Soldaten hielt, von den Preußen entsetzt, die
Hanauer Turner
aus Hirschhorn vertrieben, um sich dann noch einmal, am 21. Juni bei
Waghäusel
, vereint mit den Badensern unter Mieroslawsky, zu stellen, und wie die Löwen fechtend das Letzte zu wagen. Es war diesen jungen Leuten keine Phrase, als sie geschworen, Alles für Alles einzusetzen und mancher guten Mutter Sohn lag todt oder verwundet auf der Wahlstatt, als die Preußen dieselbe zuletzt behaupteten, nachdem sie ein erstes Mal waren zurückgeschlagen worden. Wie diese jungen Männer, so verblutete in denselben Tagen die letzte Kraft jener Versammlung, die mit so großen, glänzenden Hoffnungen begonnen hatte. Eine Note des jetzt an der Spitze des Reichsministeriums stehenden Fürsten
Wittgenstein
, des früheren darmstädtischen Generals, bedrängte das würtembergische Ministerium derart mit Drohungen, daß Römer sich entschloß, die Versammlung, welche jetzt mehr und mehr zu revolutionären Maßregeln überging, aufzulösen und ihr, wenn auch scheinbar ein gewaltsames, doch ein nicht ganz unwürdiges Ende zu bereiten, obgleich dasselbe unter dem frischen Eindruck des Verfahrens damals im höchsten Grade verletzte.
Am 14. Juni erklärte das würtembergische Ministerium der Reichsregentschaft: »Es ist ein Gebot der Selbsterhaltung, wenn wir die Regentschaft ernstlich auffordern, ihren Sitz ohne Verzug aus Würtemberg hinweg in ein anderes Land zu verlegen.«
Man antwortete darauf nicht sogleich, sondern faßte am 16. Juni den Beschluß, – es war der letzte der Versammlung – die Entsetzung des Erzherzogs Johann, als Antwort auf dessen Drohnote an Würtemberg, auszusprechen.
Am 18. Juni, nachdem in der würtembergischen Kammer der Abgeordnete
Schoder
, der auch Parlamentsmitglied war, den Ministern gesagt, daß sie sich, wegen Ausweisung der Versammlung aus Würtemberg, des Hochverraths schuldig gemacht, ließ Römer durch Kavallerie und Infanterie die Straßen zu dem
Fritz
'schen Reithaus, in welchem das Rumpfparlament seine Sitzungen abhielt, absperren und die Sitze im Saale wegräumen.
Als um drei Uhr die Abgeordneten erschienen, wußten sie natürlich schon zuvor, was geschehen war; sie kamen gemeinschaftlich in einem Zuge von dem Hotel Marquard aus, voran der Präsident
Löwe
, an seiner Seite der alte
Schott
und unser Dichter
Uhland
. Ein Civilkommissär trat ihnen entgegen und erklärte ihnen im Namen des Königs, daß keine Sitzung stattfinden werde; als Löwe sprechen wollte, übertönte ihn ein Trommelwirbel, die Kavallerie setzte sich in Bewegung und so wich man denn der Gewalt, wobei Uhland noch aus Unvorsichtigkeit eine leichte Verletzung erhielt. Das war das
Ende
des deutschen Parlaments!
Einer Einladung, nach Karlsruhe zu kommen, konnte nicht Folge geleistet werden, weil gleich darnach die Preußen dort einrückten und so fand sich nur noch eine kleine Anzahl von Abgeordneten in Baden-Baden zusammen. Es war geworden, wie Uhland in seiner Proclamation vorausgesagt: »Der gewaltige Strom der deutschen Volkserhebung war kläglich im Sande verronnen!« – Auch das blutige Nachspiel in Baden vollzog sich nun rasch; Peucker setzte endlich mit seiner Reichsarmee über den Neckar, und am 23. Juni zogen die Preußen in Heidelberg ein, worauf es in Mannheim zu einer Contrerevolution kam, wobei die reactionären Bürger der Stadt, gegen alles und jedes Recht, den Reichscommissär v.
Trützschler
, der ahnungslos ob solchen Verrathes, zu lange dort gezaudert hatte, gefangen nahmen. Als danach die Preußen einrückten, wurde Trützschler, der nur Civilcommissär gewesen und dabei unverletzlich als Abgeordneter der sächsischen Kammer war, in ungesetzlichster Weise vor ein Kriegsgericht gestellt, und trotz der Bitten und Thränen seiner jungen, schönen Gattin, die herbeigeeilt war, ihn zu retten, trotzdem er niemals die Waffen getragen hatte, standrechtlich erschossen. 5 Schnell mußte es Deutschland jetzt inne werden, welchem Geiste es aufs Neue verfallen war. Am 25. Juni besetzte der Prinz von Preußen Karlsruhe und quartierte sich im Schlosse ein, nachdem man die provisorische Regierung verjagt hatte. Noch einmal stellte sich das Revolutionsheer an der
Murg
, um zwei Tage lang – man kämpfte an dem Ersteren 12 volle Stunden – auf der Linie von Gernsbach bis Kuppenheim tapfern Widerstand zu leisten, bis es auch hier zuletzt der Uebermacht wohl disciplinirter Truppen weichen mußte. Bei
Muggensturm
, in der Nähe von
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