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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Louis Napoleon zur Gewalt. Seine persönliche Lage lud ihn allerdings dazu ein, va banque zu spielen, denn er war derart von Schulden bedrängt, daß er vom Präsidentenstuhl geradezu in das Schuldgefängniß hätte wandern müssen. Sein letztes Auskunftsmittel war der berüchtigte Staatsstreich vom 2. Dec. 1852, wozu sein Halbbruder, der Graf
Morny
, der seine Unsitten und sein weites Gewissen mit ihm theilte, der General Saint-Arnaud und der Polizeiminister Maupas, als Haupthelfershelfer sich gebrauchen ließen. Mit kaltblütiger Grausamkeit wurden die Pläne, welche diese Männer gefaßt und entworfen, ausgeführt. In der Nacht vom 1. bis 2. December drangen Wachen in die Häuser derer ein, die sich Louis Napoleon feindlich gezeigt, um sie zu verhaften und, noch ehe der Morgen graute, nach verschiedenen Gefängnissen zu bringen. So wurden Cavaignac, Changarnier, Lamoricière und andere Generale aus den Betten gerissen und weggebracht; Thiers, Victor Hugo sowie ihre Freunde und Gesinnungsgenossen traf ein ähnliches Loos.
    Als Paris erwachte, sah es sich durch eine Proclamation begrüßt, die ihm sagte, daß die Nationalversammlung aufgelöst sei und die Verfassung geändert werden würde; gleichzeitig damit erschien eine schmeichlerische Ansprache an die Armee, in welcher sie die Ersten der Nation, deren Name mit dem der Napoleoniden stets ruhmreich verflochten sei, genannt wurden. Jeder Widerstand, gesetzlich oder bewaffnet, war vergebens; Kartätschen bestrichen die Boulevards und tödteten eine Menge von Unschuldigen, Frauen, junge Mädchen und Kinder. Wer mit Waffen in der Hand ergriffen wurde, den ließen die Machthaber gleich erschießen oder ohne Weiteres nach Cayenne transportiren. – Von der gesprengten Nationalversammlung wurden 89 Mitglieder theils zu lebenslänglicher, theils zu zeitweiser Verbannung verurtheilt; unter den Letzteren befand sich auch Thiers, unter den Ersteren Victor Hugo.
    Ein neues Plebiscit sicherte dann dem Prinzen die Präsidentschaft auf 10 Jahre, Zeit genug, um innerhalb derselben ein neues Kaiserreich aufzurichten, dessen äußeren Pomp man jetzt schon, namentlich bei der Armee, einführte. Sich seiner schlimmsten Feinde, die damals den größten Anhang hatten, zu entledigen, confiscirte nun der Prinz-Präsident das ungeheure Vermögen, welches die Orleans an liegenden Gütern in Frankreich besaßen, ein Raub, den die Kirche billigte, und der den Besitzern erst nach dem Sturze des Kaisers wieder erstattet wurde.
    Nun trat Louis Napoleon im Herbste von 1852 eine Rundreise durch das süd-westliche Frankreich an, um die Stimmung der Provinzen zu prüfen. Ueberall empfingen ihn zum Theil bestellte Rufer mit dem Gruße, der seinem Ohre so wohl lautete: Vive l'empereur, und in Bordeaux war es, wo er dann bei einem Festbankett jenen berühmten Ausspruch that, der die auswärtigen Mächte über seine Kaiseraussichten im Voraus beruhigen sollte: l'Empire, c'est la paix.
    Bei der Rückkehr nach Paris, das sich festlich geschmückt hatte, mit lautem Zurufen empfangen, stieg er gleich in den Tuilerien ab, und am 22. November 1852 wurde er durch eine abermalige Volksabstimmung, mit beinahe 8 Millionen Stimmen zum
erblichen Kaiser
der Franzosen gewählt, wobei der Klerus die Bauern schaarenweise an die Wahlurnen führte, und dafür von dem neuen Kaiser das Gegengeschenk der »
Lehrfreiheit
« erhielt. Bald entstanden jetzt wieder neben den Staats-Lyceen die colléges libres der Jesuiten, und wurde die Volksschule durch diese beherrscht. Wie sehr sich auch in späteren Jahren der Kaiser und sein Minister Duruy bemühen mochten, den allgemeinen Unterricht in Frankreich zu heben, so konnten sie doch gegen jene Mächte nicht wohl damit aufkommen, und die Nemesis dafür erreichte das unglückliche Frankreich in den Jahren 1870 und 1871.
    Der Kaiser Napoleon III. sah sich nicht sobald im Besitze der Gewalt, als er mit allen constitutionellen Freiheiten der Franzosen reinen Tisch machte; er regierte als Selbstherrscher und wie sehr er auch dadurch die Gebildeten erbitterte und von sich entfernte, verstand er es doch vortrefflich, sich die große Masse und namentlich die arbeitenden Klassen durch materielle Vortheile, in welcher Beziehung er ohne Zweifel viel für Frankreich und namentlich für Paris gethan hat, günstig zu erhalten.
    Sein oberster Regierungsgesichtspunkt war sein
Ich
! und jedes Mittel und jeder Weg war ihm recht, wenn er nur dadurch sich und seine Dynastie am Ruder erhalten

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