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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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und Zerstörungswerkzeuge so unendlich vervollkommnet hatte. Dafür hielt denn aber auch die wachsende Humanität wenigstens einige ihre Gegenmittel bereit, und wie eine Schaar von Engeln stiegen jene opfermuthigen englischen Frauen an der fernen Küste an's Land, wo einst Iphigenie unter den Barbaren geweilt, um, angeleitet durch Florence Nightingale, die geschlagenen Wunden, so weit ihre Kraft reichte, zu heilen, die Elenden und Verschmachtenden durch zarte Frauenpflege zu trösten und zu erquicken. –
    Halb aufgerieben durch die Sorgen und Aufregungen dieses Krieges, starb Kaiser Nicolaus am 18. Februar 1855 an einer Lungenlähmung, während sein Nachfolger Alexander II. sich genöthigt sah denselben fortzusetzen, bis nach fast 2jähriger Belagerung der befestigten Stadt am 25. August die Einnahme von Sewastopol durch die Franzosen erfolgte, wobei der heutige Präsident Frankreichs, Marschall Mac Mahon, die fast uneinnehmbare Position des
Malakoff
erstürmte. Fürst Gortschakoff, der Sewastopol vertheidigte, hatte sich jedoch zuvor einen Abzug verschafft, und alle Schiffe, die im Hafen lagen versenkt oder gesprengt. Er nahm nun neue feste Stellungen auf der Halbinsel ein, und man mußte den Krieg in's Unendliche fortsetzen oder sich zum Frieden entschließen. Zu diesem Zwecke hatte im Februar 1856 in Paris die Eröffnung eines Friedens-Congresses statt, zu welchem auch das neutrale Oestreich einen Vertreter schickte. Sardiniens Gesandter auf diesem Congreß war der berühmte
Graf Cavour
. Man bemühte sich eifrigst,
Preußen
von diesen Friedensversammlungen auszuschließen, um ihm dadurch zu zeigen, daß es kaum noch als eine Großmacht betrachtet werde, doch gelang es später doch noch seinen Ministern, dessen Zulassung zu erreichen. Dieser Congreß brachte denn auch glücklich den
Frieden von Paris
zu Stande, der so ziemlich Alles beim Alten ließ; es erwuchs Niemanden ein Gewinn daraus, als Napoleon, der durch diese Vorgänge in seinem äußeren Ansehen ungeheuer gehoben wurde und dessen Stern zur selben Zeit, durch die endliche Geburt eines Sohnes, des Prinzen »Lulu«, der ihm Fortsetzung seiner Dynastie verhieß, seinen Höhepunkt erreichte. Preußen dagegen war auf's Neue tief gedemüthigt, und in die Reihe der Mächte zweiten Ranges verwiesen worden. –
    Rußlands Gewinn war moralischer Natur, denn Kaiser Alexander, milder gesinnt als sein Vater und weniger furchtsam vor Revolutionen als Jener, hob nun die engen Schranken auf, welche Rußland Jahre lang von dem übrigen Europa getrennt, und betrat mit ernster Entschiedenheit den Weg friedlicher und umfassender Reformen, namentlich durch Aufhebung der
Leibeigenschaft
, die er im Widerspruch mit einem großen Theile des russischen Adels, doch gesetzmäßig durchsetzte und ausführte.
    Im übrigen
Deutschland
hatte der Krieg nichts verändert, nur abermals dessen Ohnmacht und Mangel an Einfluß auf der großen Weltbühne schlagend dargethan, während im Schooße des Bundestags der Zwiespalt zwischen Oestreich und Preußen immer klarer zu Tage trat, denn dem östreichischen Gesandten,
Graf Rechberg
, stand jetzt von preußischer Seite eine Persönlichkeit gegenüber, die sich ihm vollständig gewachsen zeigte, dies war Herr v.
Bismarck-Schönhausen
, der jetzt in Frankfurt die deutschen Angelegenheiten in nächster Nähe kennen lernte, und der gleich Louis Napoleon seine Zeit abwartete. –
    Ein Ereigniß von großer Wichtigkeit war die definitive Aenderung der Regierung in Preußen; nachdem zeitweise, während öfterer Krankheitsanfälle des Königs, schon sein Bruder, der Prinz von Preußen, die Regentschaft geführt, sich aber niemals in die inneren Angelegenheiten eingemischt hatte, und von dem man wußte, daß sie ihm durchaus nicht zusagten, ward es unmöglich, noch länger das Geheimniß zu bewahren, daß der König an einer Hirnerweichung leide, die ihn nach und nach seiner Verstandeskräfte beraube. Es erfolgte daraufhin am 3. October 1858 die förmliche Uebertragung der Regentschaft an den Prinzen, der zu jener Zeit im übrigen Deutschland eine sehr geringe Popularität genoß und namentlich der demokratischen Parthei, wegen seiner Leitung des badischen Feldzuges, verhaßt war. Weniger geistreich als sein Bruder, Soldat durch und durch, besaß der Prinz ein gutes Theil von der strammen Energie seiner großen Vorfahren und fühlte er sich auch von dem »Gottesgnadenthum« ganz eben so tief durchdrungen wie Friedrich Wilhelm, so war doch keine Spur

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