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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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von der mittelalterlichen Romantik und der religiösen Schwärmerei in ihm, die jenen so unklar machte. Die Thatsache, daß sich Preußen in seiner äußeren Machtstellung so tief gesunken zeigte, schnitt ihm in die Seele, und nach seinem Sinne folgerichtig, sah er in der Armee das Mittel, nicht allein Preußens, sondern auch Deutschlands Lage zu verbessern. Daß er damals nicht bloß specifisch preußisch, daß er auch deutsch gesinnt war, ging aus der ersten Ansprache hervor, welche er an sein neu gebildetes Ministerium hielt, dem er unter Anderm sagte: »Preußens Heer muß mächtig und angesehen sein, um, wenn es gilt ein schwer wiegendes Gewicht in die Wagschaale legen zu können« – – – – – »es wäre ein schwer zu bestrafender Fehler, wollte man mit einer wohlfeilen Heeresverfassung prangen, die deshalb im Momente der Entscheidung den Erwartungen nicht entspräche«, und dann weiter, »in Deutschland muß Preußen moralische Eroberungen machen, durch eine weise Gesetzgebung bei sich, durch Hebung aller sittlichen Elemente, und durch Ergreifung von Einigungselementen, wie der
Zollverein
«. –
    Jedenfalls besaß der Prinz-Regent, darüber hat die spätere Zeit uns belehrt, eine, wenn auch feste, doch nicht geradezu starre Natur, denn er verstand es mit seinen höheren Zwecken zu wachsen, und dies wollte, in dem Lebensalter in dem er sich befand, bei den Anschauungen, die ihn von Jugend auf beseelten, sehr viel heißen. Das neue Ministerium, mit welchem er sich nun unter dem Vorsitze des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen umgab, während der verhaßte Manteuffel zurücktrat, erweckte wieder das Vertrauen des preußischen Volkes auf ein Einlenken in liberalere Bahnen, und bald sollte dem Prinzen auch Gelegenheit geboten werden, in der äußeren Politik seine Stellung zu nehmen. –
    Am 14. Januar 1858 hatte in Paris, als Kaiser Napoleon mit seiner Gemahlin nach der großen Oper fuhr, und sein Wagen gerade vor derselben anhielt, ein Attentat auf denselben stattgefunden. Drei Hohlkugeln mit tödtlichen Geschossen angefüllt, waren unter den Wagen geworfen worden und explodirten im Augenblick des Anfahrens. Der Wagen wurde zertrümmert und 156 Personen, die in der Nähe umherstanden mehr oder minder schwer verwundet; den Kaiser aber und die Kaiserin bewahrte sein Stern in wunderbarer Weise, sie blieben Beide unverletzt. Die Urheber des Attentats, die man bald ergriff, waren Italiener, welche sich verschworen hatten, den Kaiser zu tödten, und zu diesem Zwecke jenes schauerliche Mittel ersonnen hatten. Der vornehmste unter den Gefangenen, zugleich ihr Haupt, war ein Graf
Orsini
, der seit Jahren als Flüchtling in England gelebt hatte. Frei und mit kühnem Muthe erklärte er im Verhöre, daß sein einziger Gedanke von Jugend auf die Befreiung und Einheit seines Vaterlandes sei, daß aber nur ein Mann lebe, der die Macht habe, dies zur Ausführung zu bringen. Dieser Einzige sei Napoleon III, aber er weigere sich dieser Mission, und so beruhe noch die einzige, letzte Hoffnung Italien's auf dessen Tode, welcher ohne Zweifel eine neue allgemeine Revolution herbeiführen werde. – Orsini wurde trotz dieser merkwürdigen Geständnisse zum Tode verurtheilt, aber aus seinem Gefängnisse richtete er zuvor einen Brief an den Kaiser, der zum Erstaunen aller Welt im Moniteur abgedruckt wurde und folgendermaßen lautete: »Die Unabhängigkeit Italien's ist mein letzter Gedanke, der Inhalt der letzten Worte, die ich an Ew. Majestät richte! Italien wird gegen Oestreich kämpfen. Dulden Sie nicht, daß Deutschland, Oestreich helfe, das können Sie, wenn Sie wollen, und von diesem Wollen hängt das Wohl und Wehe Italien's ab. Erinnern Sie sich, daß die Italiener ihr Blut für Napoleon den Großen vergossen haben, befreien Sie mein Vaterland und der Segen von fünfundzwanzig Millionen Bürgern wird Sie bis auf die Nachwelt begleiten!« In einem zweiten Briefe, den Orsini noch unmittelbar vor seinem Tode an Napoleon richtete, und welcher in einer italienischen Zeitung erschien, dankte er dem Kaiser für die Veröffentlichung seines ersten Schreibens und sagte dann am Schlusse: »Ich gehe jetzt dem Tode mit dem Troste entgegen, daß Ew. Majestät von wahrhaft italienischen Gesinnungen beseelt sind!« – Am 13. März 1858 wurde Orsini nebst seinen Hauptschuldigen guillotinirt und er starb mit dem ruhigen Muthe eines Märtyrers. –
    Man will wissen, daß Napoleon noch aus seiner Jugendzeit her den Carbonari durch

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