Deutsche Geschichte Von 1815-1870
durch die Sympathieen, die es einflößt. Eine solche Lage ist nicht ohne Gefahr, denn wenn wir die Verträge achten, so sind wir doch auf der andern Seite nicht unempfindlich für den Schmerzensschrei, der sich von vielen Seiten Italien's zu uns erhebt!«
Nach diesen Einleitungen konnte sich Niemand mehr darüber täuschen, daß ein naher Krieg in Aussicht stehe; England beeilte sich, seine Sympathieen für Italien öffentlich an den Tag zu legen und machte Vermittlungsvorschläge, die Oestreich jedoch ablehnte, wie denn auch Rußlands Gedanke, die vorliegenden Zwistigkeiten durch einen Congreß zu schlichten, zu nichts führte, besonders darum nicht, weil Oestreich bei einem solchen Congreß Sardinien als mitberathende Macht nicht dulden zu wollen erklärte. Der Krieg wurde darauf, obgleich die Verhandlungen sich bis zum April hinzogen, unvermeidlich; Oestreich, einen letzten Vermittlungsvorschlag ignorirend, stellte an Sardinien die kategorische Forderung, abzurüsten und als dies ablehnend beschieden wurde, erfolgte am 28. April eine Kriesgserklärung, der die östreichischen Truppen auf dem Fuße nachfolgten, indem sie schon am folgenden Tage im Piemontesischen einrückten. Aber auch die Franzosen standen kampfbereit; der Kaiser stellte sich selbst an ihre Spitze und führte seine Truppen nach Italien, in einem gleichzeitig erscheinenden Manifest an sein Volk erklärend, der Zweck des Krieges sei, Italien sich selbst wieder zu geben und es nicht blos den Herren wechseln zu lassen! Der Kirchenstaat wurde im Voraus, um den Klerus nicht zu beleidigen, für neutrales Gebiet erklärt. –
Schon am 4. Juni 1859 wurde die Schlacht bei
Magenta
geschlagen, wo die Franzosen Sieger blieben, und am 8. Juni hielten Napoleon und Victor Emanuel ihren festlichen Einzug in das befreite Mailand, wo sie der unermeßlichste Jubel der Bevölkerung empfing.
Nun regte sich auch die revolutionäre Kraft in den italienischen Fürstenthümern, sowie im Kirchenstaate;
Toscana, Modena, Parma
und die
Romagna
erhoben sich mit dem einmüthigen Rufe: Italien frei bis zur Adria! und vor der allmächtigen Bewegung konnten die Regierungen nichts anderes thun, als ihre Staaten eiligst verlassen, während Garibaldi, der auf den ersten Ruf der Freiheit wieder nach Italien zurückgekehrt war, und neue Freicorps aus jugendlichen Kräften bildete, die ihm massenhaft zuströmten, sich anschickte mit seinen Freischaaren Tyrol anzugreifen. –
Schon am 24. Juni erfolgte der zweite Zusammenstoß zwischen Franzosen und Oestreichern in der blutigen Schlacht bei
Solferino
, welche die besiegten Oestreicher hinter den Mincio zurückwarf, hier aber hielt Napoleon inne, er glaubte genug gethan zu haben – die Lombardei war befreit wie er es zugesagt und es war ihm nicht darum zu thun, Oestreich vollständig aus Italien hinaus zu drängen. Er wollte die politischen Fäden der Zukunft in seiner Hand behalten, wollte namentlich den Klerus nicht allzu tief verletzen, und so bot er dem Kaiser Franz Joseph schon gleich nach Solferino eine persönliche Zusammenkunft an, die auch am 11. Juli in
Villafranca
zwischen Beiden stattfand. Bei dieser Unterredung wußte Louis Napoleon dem östreichischen Monarchen die Ungunst seiner Lage so überzeugend darzuthun, im Falle er nicht sogleich Frieden schließe, er gab ihm so klar zu verstehen, wie er, Napoleon, im andern Falle, die Revolution in den östreichischen Staaten wach rufen werde, und wie Preußen nur darauf warte, sich die Hegemonie in Deutschland anzueignen, daß die östreichischen Diplomaten nun in ihm ihren Herrn und Meister gefunden hatten. Er stellte dem Kaiser so lange vor, wie man jetzt nur ein mäßiges Opfer, die Abtretung der Lombardei, von ihm verlange, bis das hartbedrängte Oestreich nothgedrungen auf eine Bedingung einging, die es so oft unter günstigeren Verhältnissen von sich gewiesen hatte.
Der Friede von
Zürich
, abgeschlossen am 10. November 1859, besiegelte die Verträge von Villafranca, deren Bestimmungen zufolge Oestreich die Lombardei an Louis Napoleon abtrat der sie seinerseits der Krone Piemont überließ. Oestreich behielt auf italienischem Gebiete nur das venetianische Königreich,
Venetien
, dessen Gränze der Mincio bildete. Die mittelitalienischen Staaten nebst dem Kirchenstaat sollten einstweilen unter der Präsidentschaft des Papstes eine Conföderation bilden. So blieb Napoleon, der von allen Theilen der einzig Befriedigte war, auf halbem Wege stehen, zur Verzweiflung von
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