Deutsche Geschichte Von 1815-1870
Emmanuel, die er ihnen gern gewährte und in den Kirchenstaate einrückte, die päpstlichen Truppen zu verschiedenen Malen schlagend.
Durch ein Manifest vom 9. October erklärte dann Victor Emanuel sein Vorgehen für eine Nothwendigkeit im Interesse der Ordnung, denn indem er selbst die Leitung der nationalen Angelegenheit in die Hände nehme, schließe er die Aera der Revolutionen in Italien. Volksabstimmungen in Neapel, Sicilien und dem Kirchenstaate sprachen sich sodann mit solch' ungeheurer Majorität für den König
Galant'uomo
, wie man ihn nannte, aus, daß er am 7. November einen großartigen Einzug in Neapel halten konnte, wo ihm Garibaldi die Herrschaft feierlich übergab. Für sich selbst verlangte der tapfere General das General-Gouvernement über beide Sicilien auf ein Jahr, doch man mochte dem heißblütigen und republikanisch gesinnten Truppenführer nicht genugsam trauen, ihm eine so einflußreiche Stellung zu überlassen. Der König schlug ihm seine Bitte ab und überhäufte ihn dagegen mit Ehren und königlichen Geschenken aller Art. Garibaldi aber lehnte verstimmt Alles ab, selbst den Oberbefehl über die gesammte sardinische Armee, und zog sich auf eine kleine Insel im mittelländischen Meere, nach
Caprera
zurück, um dort nach Art der alten Römer seinen Kohl zu bauen und seine Zeit abzuwarten.
Nun fehlte an dem geeinigten Italien nur noch Venetien und ein Stück des Kirchenstaates, was nicht verhinderte, daß man ein allgemeines Parlament, das erste italienische, nach Turin einberief, welches Victor Emmanuel am 18. Februar 1861 eröffnete. Dieses Parlament ernannte ihn zum:
König von Italien
, »durch die Gnade Gottes und den Willen der Nation.« Er verlegte von da an den Sitz seiner Regierung nach Florenz, bis sich ihm die eigentliche Hauptstadt seines Landes,
Rom
, welches im Augenblick durch französische Waffen geschützt wurde, öffnen würde. Sein edler Minister, Graf Cavour, sollte sich leider nicht lange des endlich errungenen Sieges erfreuen, mitten hinweg aus seiner glänzenden Laufbahn, zum bittersten Schaden Italien's, raffte ihn der Tod. Am 6. Juni 1861 hauchte dieser große Patriot sein Leben aus, nachdem er mit seinem Wirken ein Beispiel gegeben, welches zumeist auf Deutschland zurückwirken sollte. –
Alle diese, hier in Kürze geschilderten Ereignisse, mußten naturgemäß von dem bedeutendsten Einfluß auf Deutschland sein, sie mußten die Nation, wie die Fürsten, in gleicher Weise in Bewegung setzen, und namentlich war es Oestreich, daß durch den italienischen Krieg wieder in neue Bahnen gedrängt wurde. Das Februarpatent von 1861 gab dem Kaiserstaate ein konstitutionelles Leben zurück und lockerte in etwas die starren Bande der Centralisation; neben den Provinziallandtagen sollte ein Reichsrath gebildet werden, mit einem Herrenhaus, das aus erblichen und lebenslänglichen Mitgliedern bestand, nebst einem Abgeordnetenhaus von 343 Mitgliedern, die aus jenen einzelnen Landesvertretungen auszuwählen waren. Am Heftigsten protestirte Ungarn, mit dem man sich durch eine Art von
Verwirkungstheorie
, der zu Folge es durch seine Revolution frühere Rechte verloren haben sollte, abzufinden suchte, gegen diese Pläne. Es verlangte seine alten, unvergessnen Vorrechte, seine volle Selbstständigkeit, die nur eine Personalunion mit Oestreich dulden wollte, zurück. Der Führer der gemäßigten und zahlreichsten Parthei in Ungarn war jetzt
Franz Deak
, der mit unerschütterlicher Energie sein Ziel, auf dem Wege der Unterhandlung die Errungenschaften des Jahres 48 wieder zu erlangen, bis zum endlichen Siege verfolgte.
Was nun Oestreich's Stellung zu Preußen anbetrifft, so war dieselbe durch die italienischen Ereignisse zwar klarer, aber auch bedeutend feindseliger geworden und das Bedürfniß einer endlichen nationalen Einigung kaum länger noch abzuweisen. In Berlin hatte sich die Situation gleichfalls mehr geklärt, seitdem der Prinz-Regent, nach dem am 2. Januar 1861 erfolgten Tode seines Bruders, König geworden war. Seine Krönung fand am 18. October 1861 in Königsberg statt, wo er den Vertretern der Kammern, welche der Handlung beiwohnten, die bekannten und so oft wiederholten Worte, die seinen Standpunct kennzeichneten, sagte: »Die Herrscher Preußen's empfangen ihre Krone von Gott. Ich werde deshalb morgen die Krone vom Tisch des Herrn nehmen und auf mein Haupt setzen! Sie sind berufen der Krone zu rathen, Sie werden mir rathen und ich werde auf Ihren Rath hören!« –
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