Deutsche Geschichte Von 1815-1870
Cavour, der nach dem Friedensschluß von Villafranca seinen Rücktritt nahm. – Was Oestreich's rasche Bereitwilligkeit zum Frieden betrifft, so wurde dieselbe hauptsächlich durch die Furcht veranlaßt, seinen Einfluß und seine Machtstellung in Deutschland einzubüßen. An dem Kriege in Italien Theil zu nehmen, dessen hatte Preußen sich mit Recht geweigert, aber es machte sich bereit, Deutschland am Rhein zu vertheidigen, wenn die Franzosen von dieser Seite her einen Angriff wagen sollten. Das Uebergewicht, welches ihm daraus erwuchs und noch mehr erwachsen konnte, reizte Oestreich's Eifersucht auf's Aeußerste und so gab es lieber einen Theil seines italienischen Besitzes auf.
Auf der Halbinsel aber beruhigte man sich trotz des Züricher Friedens so schnell nicht; Toscana, Modena, Parma, die Romagna setzten ihren Widerstand gegen eine Rückkehr ihrer alten Regierungen, oder gegen eine Dictatur des Papstes energisch fort, und als zu Anfang des Jahres 1860 Cavour wieder an die Spitze des sardinischen Ministeriums trat, gelang es seiner großen, staatsmännischen Kraft, auch den Wünschen dieser Landschaften ihr Recht angedeihen zu lassen, und, durch England unterstützt, trotz der Klagen und Protestationen des Papstes, die Vereinigung von Mittelitalien mit Piemont, einen kleinen Theil des Kirchenstaates abgerechnet, durchzuführen. In einer Circularnote an die europäischen Höfe, vom 27. Januar 1860 erklärte er, daß, nachdem die Völker Mittelitalien's mit bewunderungswürdiger Geduld auf eine Ordnung ihrer Angelegenheiten durch einen Congreß gewartet, dieselben nun sich ihre Regierung selbst gewählt und sich freiwillig an Sardinien angeschlossen hätten. Da England, wie Frankreich nichts dabei zu erinnern fanden, wurde die definitive
Einverleibung
dieser Länder zu Anfang März 1860 durch eine Volksabstimmung, die sich für den Anschluß an Sardinien erklärte, durchgeführt.
Eine zweite, wohlvorbereitete Volksabstimmung in
Savoyen
und
Nizza
erklärte sich sodann für den Anschluß dieser Länder an Frankreich, nachdem durch ein diplomatisches Spiel in den sardinischen Kammern, wie im französischen Senate, diese, zwischen Cavour, Victor Emmanuel und Louis Napoleon längst verabredete Transaction an die Offentlichkeit war gebracht worden.
So wurde die Welt, bezüglich der italienischen Verhältnisse mit zwei Thatsachen überrascht, die Niemand mehr konnte ungeschehen machen, trotz der Unzufriedenheit der italienischen Demokraten, mit
Garibaldi
an der Spitze, sowie auch der des Papstes, welcher, voll Verdruß über den Verlust eines großen Theiles seines weltlichen Besitzes, die sardinische Regierung excommunicirte. Cavour aber hatte für den Augenblick geleistet, was möglich war und Schritt für Schritt ging von da an Italien seiner vollständigen Einigung entgegen. Was der Minister nicht wagen durfte, das suchte der Mann der offenen That, der General Garibaldi, zu vollbringen. Er setzte die Revolutionirung des unzufriedenen Landes auf eigene Hand fort, denn auch der Süden drängte jetzt zum Anschluß an das Ganze. Zuerst eroberte Garibaldi die Insel Sicilien, die sich, um die Vereinigung mit Italien zu erzwingen, bereits im hellen Aufstand befand, und wo man den tapferen Helden als Befreier begrüßte. Bald tobte auch der Aufruhr in Neapel; das Volk verlangte eine Constitution, die der bedrängte König auch endlich bewilligte, aber ohne Nutzen für sich, denn nicht sobald war Sicilien vollständig in Garibaldi's Händen, als er eine Landung in Süditalien bewerkstelligte. Niemand leistete ihm Widerstand, die neapolitanischen Truppen lösten sich auf oder gingen zu ihm über und am 6. September 1860 verließ Franz II. seine Hauptstadt, um sich nach der Festung
Gaëta
zurückzuziehen. Schon am folgenden Tage zog der siegreiche Garibaldi unter dem größten Jubel der Bevölkerung ein, die er mit feurigen Worten begrüßte: »Jetzt gehört ihr Italien an. Eure Freiheit erfüllt die Italiener mit Jubel und tröstet die Menschheit!« So war es in der That; die verhaßte Bourbonenherrschaft ging in diesen blühenden Gefilden jetzt für immer zu Ende, Garibaldi übernahm die Dictatur des Königreichs im Namen Victor Emmanuel's, und schon wenige Tage später zogen sardinische Truppen in Neapel ein. Von da an betheiligte sich Sardinien offen an einem Kampfe, den es bis dahin heimlich unterstützt hatte; auch die römischen Marken und Umbrien erhoben sich auf's Neue und verlangten Schutz und Hilfe von Victor
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